Philosophische und theologische Schriften. Nicolaus Cusanus
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Um meinem Zwecke näherzukommen, sage ich: Da ein Hinaufsteigen zum schlechthin Größten oder Hinabsteigen zum Kleinsten unmöglich ist, weil sonst ein unendliches Auf- oder Absteigen entstünde, so läßt sich bei jedem gegebenen endlichen Dinge immer ein größeres oder kleineres geben. Denn da jeder Teil des Unendlichen unendlich ist, so involviert es einen Widerspruch, daß ein Mehr oder Weniger sich da finden sollte, wo man zum Unendlichen gelangt, da ein Mehr oder Weniger dem Unendlichen nicht zukommen und auch kein Verhältnis zum Unendlichen haben kann, indem notwendig auch dieses unendlich ist. Denn in der unendlichen Zahl wäre zwei nicht weniger als hundert. Es gibt daher nichts, was die göttliche Macht begrenzte; bei jedem Gegebenen kann durch sie ein größeres oder Kleineres gegeben werden, es wäre denn das Gegebene zugleich das absolut Größte, wie im dritten Buche gezeigt werden soll. Es ist demnach nur das absolut Größte negativ unendlich, es ist allein das, was sein kann, in voller Allmacht. (Solum illud est id, quod esse potest, omni potentia.) Das Universum dagegen kann, da es alles umfaßt, was nicht Gott ist, nicht negativ unendlich sein, obwohl es ohne Grenze (sine termino) und so privativ unendlich ist. Nach dieser Betrachtung ist es daher weder endlich noch unendlich; denn es kann nicht größer sein, als es ist, und zwar dies infolge eines Mangels (hoc quidem ex defecta evenit), denn die Möglichkeit oder Materie hat kein Streben über sich hinaus (possibilitas enim sive materia ultra se non extendit.) Zu sagen, das Universum kann actu immer größer werden, ist soviel als zu sagen: Das Sein-Können geht über in das wirkliche (actu) unendliche Sein, was unmöglich ist, da die unendliche Wirklichkeit (actualitas), die die absolute Ewigkeit ist, aus dem Sein-Können nicht entstehen kann, sie, die in Wirklichkeit die ganze Möglichkeit des Seins ist. (Nam non est aliud dicere, universum posse semper actu esse maius, quam divere, posse esse transire in actu infinitum esse, quod est impossibilie, cum infinita actualitas, quae est absoluta aeternitas, ex posse oriri nequeat, quae est actu omnis essendi possibilitas.) Wiewohl daher das Universum in Rücksicht auf die unendliche Allmacht Gottes, die unbegrenzbar ist, größer sein könnte, so kann es doch nicht größer sein, da die Möglichkeit des Seins oder die Materie, welche nicht actu ins Unendliche ausdehnbar ist, widerstrebt. Es ist daher unbegrenzt (interminatum), da es ein wirklich Größeres nicht gibt, nach dem es begrenzt würde. In diesem Sinne ist es privativ unendlich. In Wirklichkeit (actu) ist es aber nur in konkret beschränkter Weise (contracte), so daß es in so guter Weise existiert, als es seine Natur zuläßt. Denn es ist Geschöpf, das notwendig aus dem absolut göttlichen Sein stammt (est enim creatura, quae necessario est ab esse divino simpliciter absoluto), wie ich nun im Folgenden aus der Wissenschaft des Nichtwissens so klar und einfach als möglich zeigen werde.
ZWEITES KAPITEL
Das Sein der Kreatur stammt auf eine uns unbegreifliche Weise aus dem Sein des ersten Größten
(Quod esse creaturae sit inintelligibiliter ab esse primi)39
Unser System hat uns gezeigt, daß nichts aus sich ist, als das schlechthin Größte, in dem aus sich, in sich, durch sich Sein identisch ist, nämlich das absolute Sein selbst, so wie daß alles, was ist, das was es ist und soweit es ist, aus jenem sei; denn wie könnte, was nicht aus sich ist, anders sein als aus dem ewigen Sein? Da nun aber das Größte fern von jeder Mißgunst (invidia) ist, so ist es ihm unmöglich, ein vermindertes Sein (als solches) mitzuteilen. Es hat somit die Kreatur, die aus dem Sein ist, alles das, was sie ist: Zerstörbarkeit, Teilbarkeit, Unvollkommenheit, Verschiedenheit, Vielheit etc., nicht von dem ewigen, unteilbaren, vollkommensten, ununterschiedenen einen Größten, überhaupt nicht von einer positiven Ursache; denn wie die unendliche Linie das unendlich Gerade ist und die Ursache alles Seins der Linien, die krumme Linie aber als Linie ihr Sein von der unendlichen hat, als krumme Linie aber nicht von dieser, da die Krümmung eine Folge der Endlichkeit ist, indem sie deshalb krumm ist, weil sie nicht die größte Linie ist, (wäre sie die größte, so wäre sie, wie oben gezeigt wurde, nicht krumm), so geht es auch mit den Dingen. Sofern sie vermindert, getrennt etc. sind, können sie nicht aus dem Größten sein40, weil diese Zustände keine positive Ursache haben. Von Gott also hat es das Geschöpfliche, einig, unterschieden und mit dem Universum verbunden zu sein, und zwar je mehr geeint, desto ähnlicher ist es Gott. Daß aber seine Einheit in Vielheit, sein Unterschiedenes in Verwirrung (discretio in confusione), seine Verbindung in Disharmonie sich befindet, das hat es nicht von Gott, noch von irgendeiner