Die Forsyte Saga. John Galsworthy

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Die Forsyte Saga - John Galsworthy Forsyte

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Tag«, sagte er, nachdenklich zu ihr hinunterblickend. »Du gehst also morgen nach Wales, um die Tanten deines jungen Mannes zu besuchen? Da werdet ihr viel Regen haben. Das ist kein echtes altes Worcester-Porzellan.« Er tippte auf die Schale. »Das Set, das ich deiner Mutter zur Hochzeit geschenkt habe, das war echt.«

      June schüttelte ihren drei Großonkeln der Reihe nach die Hand und drehte sich dann zu Tante Ann. Ein sehr sanfter Ausdruck hatte sich auf das Gesicht der alten Dame gelegt. Sie küsste das Mädchen zitternd vor Inbrunst auf die Wange.

      »Na, meine Liebe«, sagte sie, »da gehst du also für einen ganzen Monat weg?«

      Das Mädchen ging weiter und Tante Ann blickte ihrer schmalen, kleinen Gestalt nach. Die runden, stahlgrauen Augen der alten Dame, über die sich langsam ein Film wie bei einem Vogel zu legen begann, folgten ihr wehmütig durch die geschäftige Menge, denn man begann, sich zu verabschieden. Und ihre Fingerspitzen, die immerzu gegeneinanderpressten, waren wieder damit beschäftigt, ihre Willenskraft zu stärken gegen jenen unvermeidlichen letzten Abschied ihrer selbst.

      Ja, dachte sie, alle sind sehr freundlich gewesen. Eine ganze Menge Leute sind gekommen, um ihr zu gratulieren. Sie sollte sehr glücklich sein.

      Von der Gruppe von Menschen, die sich bei der Tür drängte, der gutgekleideten Gruppe, bestehend aus Anwalts- und Arztfamilien, Börsianern und all den anderen Berufsgruppen der gehobenen Mittelschicht, waren nur etwa zwanzig Prozent Forsytes. Doch für Tante Ann schienen sie alle Forsytes zu sein, sie sah nur ihr eigen Fleisch und Blut – und sicherlich bestand wirklich kein großer Unterschied. Das hier war ihre Welt, ihre Familie, für sie gab es nichts anderes, hatte es vielleicht nie etwas anderes gegeben. All ihre kleinen Geheimnisse, ihre Krankheiten, Verlobungen und Hochzeiten, wie sie vorankamen und ob sie Geld verdienten – all das war ihr Eigentum, das, was ihr Freude bereitete, ihr Leben. Ansonsten hatte sie nur eine sehr vage, nebulöse Vorstellung von den unbedeutenden Dingen und Menschen, die es außerhalb dieser Welt noch gab. Das alles würde sie aufgeben müssen, wenn ihre Zeit zu sterben gekommen war. Das, was ihr diese Bedeutung gab, dieses geheime Wertgefühl ihrer selbst, ohne das keiner von uns leben kann. Und daran klammerte sie sich voller Wehmut, mit einer Gier, die jeden Tag größer wurde! Wenn ihr auch das Leben entgleiten sollte, das würde sie sich bis zum Ende bewahren.

      Sie dachte an Junes Vater, den jungen Jolyon, der mit diesem ausländischen Mädchen durchgebrannt war. Was für ein schwerer Schlag für seinen Vater und alle anderen! So ein vielversprechender junger Mann! Ein schwerer Schlag, auch wenn es, glücklicherweise, keinen öffentlichen Skandal gegeben hatte, da Jos Frau auf eine Scheidung verzichtet hatte. War das lange her! Und nach dem Tod von Junes Mutter, vor sechs Jahren, hatte Jo diese Frau geheiratet, und jetzt, so hatte sie gehört, hatten sie zwei Kinder. Doch er hatte sein Recht verwirkt, dabei zu sein, hatte sie um die vollständige Erfüllung ihres Familienstolzes betrogen, sie ihrer rechtmäßigen Freude beraubt, ihn, auf den sie so stolz gewesen war, zu sehen und zu küssen. Er war doch so ein vielversprechender junger Mann gewesen! Der Gedanke tat ihr mit der Bitternis einer vor langer Zeit zugefügten Verletzung in ihrem zähen, alten Herzen weh. Die Tränen stiegen ihr in die Augen. Mit einem Taschentuch aus feinstem Batist trocknete sie sie verstohlen.

      »Na, Tante Ann?«, sagte eine Stimme hinter ihr.

      Soames Forsyte - schmale Schultern, glattrasiert, schmale Wangen, schmaler Oberkörper, und dennoch hatte sein gesamtes Erscheinungsbild etwas in sich Abgerundetes und Verschlossenes – sah schräg nach unten zu Tante Ann, als ob er versuchen würde, die Seite seiner eigenen Nase zu sehen.

      »Und, was hältst du von der Verlobung?«, fragte er.

      Tante Anns Blick ruhte stolz auf ihm. Seit der junge Jolyon das Nest der Familie verlassen hatte, war er ihr Lieblingsneffe, denn sie sah in ihm einen verlässlichen Vermögensverwalter der Seele der Familie, die ihrer Pflege so bald entgleiten würde.

      »Sehr erfreulich für den jungen Mann«, sagte sie. »Und er ist ein gutaussehender junger Mann. Aber ich bin mir nicht sicher, ob er wirklich der Richtige für die liebe June ist.« Soames berührte die Außenseite eines mit Gold überzogenen Kronleuchters.

      »Sie wird ihn zähmen«, sagte er, während er seinen Finger verstohlen befeuchtete und damit an den Knubbeln des Kronleuchters rieb. »Das ist echter alter Lack, den kriegt man heute nicht mehr. Das würde sich bei Jobson gut verkaufen.« Er genoss es, zu sprechen, als ob er fühlte, dass er seine alte Tante damit aufmunterte. Er war selten so selbstsicher. »Ich würde ihn selbst gerne haben«, fügte er hinzu. »Für alten Lack bekommt man immer einen guten Preis.«

      »Du kennst dich immer so gut aus mit all diesen Dingen«, sagte Tante Ann. »Und wie geht es der lieben Irene?«

      Soames’ Lächeln verschwand.

      »Ganz gut«, antwortete er. »Sie klagt, dass sie nicht schlafen kann, dabei schläft sie um einiges besser als ich«, und er schaute zu seiner Frau, die an der Tür mit Bosinney sprach.

      Tante Ann seufzte.

      »Vielleicht«, meinte sie, »wird es ihr ganz guttun, wenn sie June nicht mehr so oft sieht. Sie ist so energisch, die gute June!«

      Soames stieg die Röte ins Gesicht; sie wanderte schnell über seine Wangen, dann konzentrierte sie sich zwischen seinen Augen, wo sie verweilte - das Zeichen beunruhigender Gedanken.

      »Ich weiß nicht, was sie an diesem Luftikus findet«, platzte er heraus. Doch als er bemerkte, dass sie nicht mehr allein waren, wendete er sich ab und betrachtete wieder den Kronleuchter.

      »Es heißt, Jolyon hat noch ein Haus gekauft«, hörte man seinen Vater neben ihm sagen. »Er muss eine Menge Geld haben – so viel, dass er gar nicht weiß, wohin damit! Montpellier Square, heißt es, in der Nähe von Soames! Sie haben mir das nie gesagt, Irene sagt mir ja nie was!«

      »Großartige Lage, keine zwei Minuten von mir entfernt«, hörte man Swithin sagen. »Und von mir aus brauche ich nur acht Minuten zum Klub.«

      Die Lage ihrer Häuser war für die Forsytes lebenswichtig. Das war auch nicht verwunderlich, denn sie waren die Verkörperung des gesamten Wesens ihres Erfolgs.

      Ihr Vater, der aus einer Bauernfamilie stammte, war gegen Anfang des Jahrhunderts aus Dorsetshire gekommen.

      Meister Dosset Forsyte, wie er von seinen Freunden genannt wurde, war von Beruf Steinmetz gewesen und hatte sich zum Baumeister hochgearbeitet.

      Gegen Ende seines Lebens zog er nach London, wo er, nachdem er bis zu seinem Tod als Baumeister gearbeitet hatte, auf dem Highgate Cemetery begraben wurde. Er hinterließ seinen zehn Kindern mehr als dreißigtausend Pfund. Der alte Jolyon beschrieb ihn, wenn er überhaupt von ihm sprach, als »groben, robusten Mann, nicht wirklich gebildet«. Die zweite Generation der Forsytes hatte in der Tat nicht das Gefühl, er hätte ihnen viel Ehre gemacht. Die einzige vornehme Eigenschaft, die sie bei ihm ausmachen konnten, war, dass er immer Madeira getrunken hatte.

      Tante Hester, Expertin in Sachen Familiengeschichte, beschrieb ihn so: »Ich kann mich nicht erinnern, dass er jemals irgendetwas getan hätte, zumindest nicht zu meiner Zeit. Er war ein … ähm … ein Hausbesitzer, meine Liebe. Seine Haarfarbe war in etwa so wie die von Onkel Swithin. Er war ziemlich breit und kräftig. Groß? Nein, nicht sehr groß«, er war keine eins siebzig groß gewesen und hatte ein fleckiges Gesicht gehabt, »er hatte eine frische Gesichtsfarbe. Ich erinnere mich, dass er immer Madeira trank, aber frag deine Tante Ann. Was sein Vater war? Der … ähm … hatte mit dem Land unten in Dorsetshire zu tun, am Meer.«

      James war einmal dorthin gefahren, um selbst zu sehen, was das für ein

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