Irren ist göttlich. Daniel Sand

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Irren ist göttlich - Daniel Sand

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die Geräusche, die man im Sumpf hörte. All die Vögel, Käfer, Frösche, Fische, Schlangen, Tauware und Wölfe, die zusammen rund um die Uhr dieses besondere Konzert gaben. Doch heute ärgerte er sich zu sehr, um sie wahrzunehmen. Er hörte nur Günter und sein Pfeifen.

      Wölfe heulten weit draußen in den Wäldern und Thariel stand in einem Käfig, der von allen Seiten von stabilem Wolkenholz verschlossen war. Sein Gefängnis schaukelte leicht hin und her, da es mit einem Seil an einem Ast befestigt worden war. Ein Lagerfeuer trotzte der Nacht ein wenig Helligkeit ab und ließ seine Funken durch die Dunkelheit tanzen. Am Himmel versteckte sich der Mond hinter den Baumwipfeln und Wolken, weswegen Thariel nicht einmal den beruhigenden Wasserfall sehen konnte, der sich aus dem Universum auf den Würfelplaneten ergoss. Er blickte sich um, das war sie nun also, seine Diagnose. Von allen Ritualen, die es gab, war dieses das Schlimmste. Er schaute in die Gesichter von Menschen, die ihn sein Leben lang kannten und jetzt misstrauisch betrachteten.

      Zwischendrin saß auch Günter der Golem. Er überragte alle, als würde er als einziger stehen. Die Bewohner hatten Angst, das spürte Thariel ganz deutlich. Was so eine persönliche Regenwolke doch alles verändern konnte, wunderte er sich. Lydia nahm nicht an der Diagnose teil, sie wollte sich das alles nicht anschauen.

      Da war es, das Wort, ausgesprochen, nackt und kalt: Fluch!

      Er hatte es nicht einmal umschrieben oder verschwiegen, wie es üblich war. Nein, Fluch, ganz laut und deutlich. Es hallte in Thariels Kopf nach und ohne, dass er es richtig merkte, drückte er seine Stirn gegen den Käfig. Dorfbewohner schüttelten fassungslos den Kopf, nachdem der Verdacht zur Gewissheit geworden war. Thromokosch verfluchte nie ohne Grund. Thariel musste etwas angestellt haben, etwas sehr Schlimmes.

      »Hast du noch etwas zu sagen, Thariel, bevor wir das Urteil sprechen?«

      Mit diesen kühlen Worten erhob sich der Bürgermeister, ein beleibter Herr, der es verstand, seinen weißen Bart kunstvoll zu zwirbeln und in dessem linken Auge ein Monokel steckte. Er stützte sich auf einen Spazierstock und fuhr fort.

      »Willst du vielleicht beichten, was du getan hast?«

      »Gar nichts habe ich getan«, rief Thariel mit zitternder Stimme und rüttelte am Käfig, »ich will aber eines wissen! Warum? Warum bin ich verflucht?«

      Alle Augen richteten sich auf den Zauberer (in Ausbildung).

      »Das ... darf ich dir nicht preisgeben. Die Reiter des letzten langen Wochenendes würden sonst Tod und Verderben über uns bringen«, rief er pathetisch und schlug die Hände vors Gesicht.

      Unbeeindruckt schrie eine alte Frau, »verrate schon, was du weißt!«

      Auch die anderen forderten Aufklärung. Die Situation fing an zu kippen, merkte der Zauberer (in Ausbildung).

      »Ruhe, Ruhe«, versuchte er die Gemüter zu beruhigen, wofür seine zu dünne Stimme aber kaum ausreichte, »ich werde euch den wahren Grund verkünden, warum ich es nicht preisgeben darf!«

      Stille senkte sich über das Dorf. Nur Thariels Haus war zu hören, als es wieder ein Stück mehr im Sumpf verschwand.

      »Ich«, der Zauberer (in Ausbildung) hob seinen Holzstab, denn einen echten Zauberstab durfte eine Gelbmütze nicht besitzen, »weiß es nicht!«

      Weiterhin Stille. Seine Schultern senkten sich herab.

      »So weit bin ich in meiner Ausbildung noch nicht. Ich kann erkennen, dass es ein Fluch ist, mehr nicht. Wenn ihr mich aber vielleicht in zwölf Monaten ... «

      »Lass gut sein«, unterbrach ihn der Bürgermeister, »es ist nicht deine Schuld, dass wir uns für dich entschieden haben und nicht für einen begabteren Zauberer-Aspiranten, du kannst jetzt gehen.«

      Tief gekränkt zog sich der Zauberer (in Ausbildung) in seine kleine Studierstube zurück. Wie sollte er den Unwissenden auch begreiflich machen, dass es kaum etwas Schwereres gab als den genauen Grund einer Verfluchung zu enträtseln? Auch, dass er der Jahrgangsbeste in seinem Fernstudiumskurs war, interessierte sie nicht. Wenn er davon erzählte, nickten sie nur gleichgültig und fragten ihn, ob er noch wüsste, dass ihm Thariel früher immer tote Frösche in die Stiefel gesteckt hatte.

      Nachdem der Zauberer (in Ausbildung) die Runde verlassen hatte, wandte sich der Bürgermeister an Thariel. »Du bist ein Sohn unseres Dorfes und der Sohn deines Vaters, der wiederum der Sohn seines Vaters ist, der der Sohn seines Vaters ist, der der Sohn seines Vaters ist. Wir sind enttäuscht und besorgt, weil du etwas Schlimmes getan hast, was du uns nicht verraten willst. Deswegen verbannen wir dich, wie es das Gesetz zwingend vorsieht, verzichten aber auf die Vierteilung, die ist zwar erlaubt, aber nicht zwingend vorgeschrieben!«

      »Ich bin unschuldig!«, rief Thariel dazwischen und Günter der Golem nickte als einziger, obwohl er das nicht glaubte, was Thariel ihm umso höher anrechnete.

      »Nun gut«, begann der Bürgermeister nach einer kurzen Denkpause, »aus Respekt vor deiner Familie lassen wir dir die Möglichkeit, zurückzukehren, sobald der Fluch gelöst ist! Nicht früher.«

      Dann öffnete er den Käfig. Aber frei war Thariel trotzdem nicht mehr.

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