Zurück im Zorn. Christoph Heiden

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Zurück im Zorn - Christoph Heiden

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hatte Lennart ihn liebevoll Geierpelle genannt. Aber ein Danny Schmidt?

      »Tut mir leid«, meinte sie schließlich. »Der Name sagt mir nichts.«

      »No Problem.« Er winkte lässig ab. »Als ich dich das letzte Mal gesehn hab, warst du noch flach wie ’n Brett.«

      »Mannomann, und trotzdem hast du mich erkannt.«

      »Naja, deine Friese ist anders.« Er hatte den Rücken in Fahrtrichtung gedreht und sprach über die Lehne hinweg. »Und was treibt dich nach Gollwitz?«

      »Ich will meine Familie besuchen.«

      »Etwa den schönen David?«

      »Die anderen natürlich auch.«

      »Ich hab gehört, das Gutshaus ist gut besucht.«

      »Da weißt du mehr als ich.«

      »Seit dein Onkel ’nen Wintergarten hat, kann man direkt aufn See gucken. Die Lage ist einfach tipptopp.«

      Beim ersten Hören klang Dannys Stimme nicht wie die des Anrufers, der gestern ihre Familie bedroht hatte. Aber was hieß das schon; in den billigsten Krimis wurde gezeigt, wie man seine Stimme verstellen kann. Sie entgegnete:

      »Von einem Wintergarten weiß ich nichts.«

      »Verfluchter Mist. Der stiehlt allen die Show.«

      »Wer ist denn alle?«

      »Na, alle im Dorf.«

      »Du redest von der Konkurrenz?«

      »Wer will denn Plötzen, wenn’s Hechte gibt?«

      »Plötzen?« Sie grinste. »Die sind wohl nicht beliebt?«

      »Zu viele Gräten«, sagte er todernst. »Zu viele Gräten.«

      Unter Dannys Lippe spross ein winziger Bart in Form eines Dreiecks, und sobald er den Kopf abwärts bewegte, sträubten sich die Borsten gegen den Kragen seiner Daunenjacke. Sie fragte ihn, ob er selbst ein Zimmer vermiete oder überhaupt irgendwas in Sachen Tourismus mache.

      »Ich biete Nachtwanderungen an.«

      »Für Sternsucher?«

      »Für jeden, der’s dunkel mag.«

      »Braucht man dafür eine Lizenz oder so?«

      Jetzt grinste Danny. »Eigentlich muss man bloß wissen, dass die Sterne oben sind und im Dunklen leuchten. Ansonsten sollte man sich in der Gegend auskennen.«

      »Hört sich interessant an.«

      »Willste ’ne Tour buchen? Ich mach dir ’n Sonderpreis.«

      »Ich behalt’s aufm Schirm, okay?«

      »Hier, guck mal.« Er hob einen Beutel mit zwei Ferngläsern von seinem Sitz. »Hab ich gebraucht bei Dunkers gekauft.«

      »In Rathenow?«

      »Klaro.«

      In der Schule hatte sie ein Referat über den Aufstieg und Niedergang der Rathenower Optischen Werke halten müssen. Brillen, Ferngläser und Teleskope – dafür war die Stadt zu DDR-Zeiten bekannt gewesen. Von der Vorzeige-Industrie hatten sich lediglich zwei Familienbetriebe über die 90er retten können; zu spät war die Region zu einem der dunkelsten Orte Deutschlands ernannt worden. Auf Anna machte die Gegend allerdings kaum den Eindruck, als wären die Senioren fähig, die Entwicklung umzukehren. Oder die Danny Schmidts dieser Welt. Er rückte seine Basecap ein wenig nach rechts und sagte unüberhörbar:

      »Alle versuchen, mit diesen Nerds Schotter zu machen.« Anna taxierte die Fahrgäste, worauf er hinzufügte: »Keine Sorge, die nehmen nie den Bus. Die kommen lieber mit ihren schicken Karren.«

      »Dann klimpert’s ja ordentlich in der Kasse?«

      »Nicht, wenn’s mehr Zimmer als Besucher gibt. Im Winter kommt keine Sau.«

      »Und was treibst du sonst so? Ich mein, in deiner Freizeit.«

      »Dinge organisieren. Abhängen.«

      Er beugte sich über die Rückenlehne, und seine Pupillen glänzten wie matte Glasmurmeln. »Hat es ’nen Grund, dass du ausgerechnet heute hierher kommst?«

      »Nein«, antwortete sie und krallte ihre Finger in den Rucksack. »Warum fragst du?«

      »Also weißt du nichts davon?«

      »Wovon?«

      »Hat dir dein Onkel nichts erzählt?«

      Sie schüttelte den Kopf.

      »Du willst mich testen, nicht wahr?«

      »Warum sollte ich?«

      Er zog die Arme von der Lehne, neigte sich in Fahrtrichtung, ging auf Distanz. »Hat dich etwa dieses Bullenschwein angestachelt?«

      »Was meinst du?«

      »Deswegen bist du doch hier, oder?«

      Sie hatte keine Ahnung, von wem er sprach und was er zu sagen beabsichtigte; immerhin hielt er nun Abstand und kroch ihr nicht auf die Pelle.

      »Was damals passiert ist, ist echt traurig«, sagte er. »Aber wir leben jetzt in ’ner anderen Zeit.«

      Ihre Finger knautschten durch den Rucksack hindurch die Briefe – fünf Gründe, die Weisheiten von Danny Schmidt abzunicken, fünf Gründe für Geduld und Wachsamkeit.

      »Weißt du, in Berlin kann man sich ’ne Menge Blödsinn erlauben. Die Regierung pumpt eh das ganze Geld zu euch, selbst wenn ihr Paläste aus Hühnerkacke bauen wollt. So ’n Firlefanz kann sich hier keiner leisten.«

      Danny verfiel in ein lautstarkes Flüstern, und Anna sah über seine Schulter hinweg zwei Senioren, die ihre Gesichter umwandten und hinter vorgehaltener Hand zu tuscheln begannen.

      »Robert sagt immer: Die Vergangenheit ist tot.«

      Robert Beck alias Robert Speck, wollte Anna wissen, verkniff sich jedoch die Frage.

      »Was tot ist, buddelt man nicht wieder aus«, fuhr er fort. »Eigentlich kapieren das alle, bloß das Bullenschwein nicht.«

      »Das Bullenschwein, das mich angestachelt haben soll?«

      »Nimm dich vor ihm in Acht«, warnte Danny, ohne auf ihre Frage einzugehen. »Der Alte ist total crazy.«

      Er beugte sich erneut über die Lehne, worauf Anna zurückwich. Sie dachte an alkoholisierte Väter, die jedes Distanzgefühl vermissen ließen, die meinten, dass ein Klaps auf den Po noch niemandem geschadet habe, und diese Anschauung unterstrichen, indem sie einem ihre Nase buchstäblich ins Gesicht drückten, Männer, die »kapiert« und »basta« und »Ach, hör doch auf« sagten. Zwei Handbreit von ihr entfernt fragte Danny schließlich:

      »Und

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