Mord bei den Festspielen. Sibylle Luise Binder

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Mord bei den Festspielen - Sibylle Luise Binder

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unbekannt ist er gar nicht – vor allem nicht bei dir! Du hattest ihn im letzten Jahr in einer Meisterklasse. Er heißt Renato Buscopi.«

      Lucas massierte seine Stirn. Sein Personengedächtnis ist nicht schlecht, aber er hat es nicht so sehr mit Namen. »Buscopi«, wiederholte er schließlich. »Hmm – umgehauen hat er mich wohl nicht, sonst hätte ich mir den Namen gemerkt.«

      »Er ist aber ein sehr hübscher Junge!«, warf der Agent ein. »Blond, blauäugig – er ist Norditaliener mit einer Mutter aus Südtirol, spricht also auch gut deutsch. Und blond – du hast Gutiérrez-Martin als Carlos, nicht? Zu seinen schwarzen Locken würde so ein Blonder doch gut aussehen!«

      »Wenn ich zu besetzen hätte, würden mich Stimmen immer noch mehr interessieren als Aussehen …«

      »Ach, Lucas, nun tu doch nicht so! Wenn du einen bestimmten Sänger willst, wird Haller-Rojas den engagieren!«

      Lucas schüttelte nur den Kopf und kraulte mit zwei Fingern meinen Nacken.

      Merlato zappelte vor Ungeduld. »Schön, schön, aber du könntest ihn doch anhören! Renato ist hier! Du kannst ihn jederzeit vorsingen lassen.«

      »Hat er den Posa drauf?«

      »Nein«, gab der Manager zu. »Aber er ist jung! In seinem Alter lernt man schnell. Gib ihm drei, vier Tage und dann kann er Posa.«

      Lucas schüttelte den Kopf. »Verzeih, wenn ich dir widerspreche, aber den Posa lernt man nicht in drei, vier Tagen. Und selbst wenn man das schaffen würde, so hat man ihn bestimmt nicht so verdaut, dass man ihn glaubwürdig interpretieren kann. Bei unserer kurzen Probenzeit brauche ich aber jemanden, der in der Partie sicher ist. Sorry für deinen Youngster! Ein anderes Mal höre ich ihn gerne an, aber momentan sind wir zu sehr unter Druck.

      Immerhin verstand Merlato, dass er verloren hatte, und beschloss, das Feld zu räumen. Er nahm kurz und desinteressiert Abschied von mir und ließ sich von Lucas zur Tür geleiten.

      Ich unterdessen streifte meine Schuhe ab, zog die Füße aufs Sofa, faltete die Arme um meine Knie und packte das Kinn darauf. Die Kaltschnäuzigkeit des Managers beeindruckte mich fast. Erst betonte er, mit Miercoledi befreundet gewesen zu sein, aber der war noch kaum ganz kalt, als sein Agent schon bemüht war, den Nachfolger an den Start zu bringen. Klar – Einspringer waren eine Chance für junge Sänger, an große Partien zu kommen, aber mir erschien es dennoch unverfroren, am Todestag des einen Sängers schon den nächsten für die Rolle anzubieten.

      *

      Am Abend hatten wir beide keine Lust, zum Essen auszugehen. Ich hatte mich an den Schreibtisch verzogen, um an meinem neuen Buch, dem Nachfolger meines erfolgreichen »Oper für Dummies«, zu basteln. »Konzerte für Anfänger« war der Arbeitstitel und ich versuchte, die Must-haves für Konzertgänger vorzustellen.

      Lucas unterdessen hatte noch einmal mit dem Intendanten telefoniert, der versprochen hatte, dass sein Büro am nächsten Morgen auf die Suche nach einem neuen Posa gehen würde. Er hoffe aber auch, dass Lucas was einfalle.

      Der hatte aber erst einmal sein weiteres Abendprogramm abgearbeitet, indem er den Rest des Ensembles – Tenor Cayetano Gutiérrez-Martin, der den Carlos sang; Bass Rocco Banhardt, unser von Weib und Kind ungeliebter König; die falsch liebende Königin Ileana Leodorescu – über Miercoledis Ableben informiert hatte. Anschließend war Mischa dran, den er im Auto erwischte – er war nach Stuttgart gefahren, um dort »eine Bekannte« zu besuchen, und kam jetzt nach Lindau zurück.

      Nach dem Gespräch mit ihm legte Lucas auf, lehnte sich zurück und schüttelte den Kopf. »Junge, Junge – ich hoffe bloß, dass die Nachrufe, die ich mal kriege, freundlicher ausfallen! Der Einzige, den zumindest leichtes Bedauern überkam, war Cayo.«

      Ich drehte mich zu Lucas um. »Na ja, den hat Miercoledi ja in den ersten Jahren seiner Karriere durchaus gefördert.«

      »Ja.« Lucas dehnte das »a« fast endlos.

      »War nicht einfach für Cayetano, hmm? Miercoledi hat einiges an Dankbarkeit und Loyalität dafür verlangt, dass er ihm ein paar Engagements vermittelt hat.«

      »Eben!«, brummte Lucas. »Mario hat immer so getan, als wenn er der Einzige gewesen sei, der Cayos außergewöhnliches Potenzial entdeckt hätte, und als ob er ihn – gegen den Widerstand der anderen Juroren – bei Operata auf den zweiten Platz gehievt hätte. Aber dem war nicht so. In der Jury saßen außerdem Dame Florence Gardiner, Katharina Orlowski, Marios Lieblingspinsler Adriano Valoso und ich. Und Florence und mir war auch schon nach fünf Takten klar, dass Cayetano etwas Besonderes ist. Und als er weitergemacht hat, wurde klar, dass er nicht nur eine wunderschöne Stimme hat, sondern durchaus musikalisch und ein begabter Schauspieler ist. Für mich wäre er der Sieger gewesen, denn genau solche Leute sucht man doch bei Operata.«

      »Er ist eigentlich der Einzige von den Operata-Platzierten, der wirklich ganz groß rausgekommen ist«, sagte ich nachdenklich. »Wobei böse Zungen behaupten, er hätte sich die Startlöcher schon gegraben, bevor er zu Operata kam.«

      »Um das festzustellen, braucht man nicht einmal eine böse Zunge«, befand Lucas. »Cayo war bereits in Zürich im Engagement, als er zu Operata kam, und er hatte auch schon die ersten Gastverpflichtungen. Er hätte es auch ohne Operata geschafft.« Er schaute auf sein Handy. »Jetzt müssten wir nur noch einen guten Partner für ihn finden.«

      »Wo ist das Problem? Es laufen doch genug gute Baritone rum und ihr habt hier doch einiges zu bieten – du als Regisseur, Cayo als Carlos, das garantiert doch dafür, dass die Kritik allerorten euch wahrnimmt.«

      »Das schon. Aber das ändert nichts daran, dass die Guten alle im Engagement sind. Früher gab’s eine Sommerpause, heute haben wir Salzburg und Bayreuth, Konstanz und Glyndebourne, und wem es dann immer noch nicht reicht, kann nach Verbier fahren oder nach Boston fliegen.«

      »Wie sieht es mit deinen ehemaligen Schülern aus?«

      Lucas grinste. »Die gehören zu den Guten, mein Schatz – und darum sind die, die ich gerne hätte, belegt.« Er stand auf und ging in die kleine Küche neben unserem Vorraum. Ich hörte das Wasser rauschen, dann fragte er: »Soll ich dir auch einen Kaffee durchlassen?«

      Ich schaute kurz auf die Uhr. »Danke, aber es ist schon nach zehn. Ich vermute, dass ich heute Nacht eh nicht gut schlafe, da sollte ich nicht auch noch Koffein auf die Schlaflosigkeit schütten.«

      Lucas lachte. »Macht mir nichts.«

      »Oh ja!« Ich lauschte auf das Sprudeln und Zischen der Kaffeemaschine. »Dein Blutdruck dankt es dir ja immer wieder.« Ich mochte es überhaupt nicht, wenn ich so nach Genörgel klang, aber Lucas’ Blutdruck machte mir tatsächlich Sorgen.

      »Hase!« Er kam mit seinem Becher aus der Küche. »Ich nehm ja gleich meine Tabletten.«

      »Und dann wachst du wieder gegen drei auf und geisterst durch die Nacht?«, fragte ich.

      Er beugte sich über mich und strubbelte mit der Nase in meinem Haar. »Heute Nacht war ich übrigens nicht der einzige nächtliche Wanderer. Als ich gegen drei in die Küche gegangen bin, um mir ein Mineralwasser zu holen, fiel mir auf, dass draußen auf dem Flur das Licht brannte – und du weißt, dass das nur angeht, wenn jemand durch die Lichtschranke des Bewegungsmelders läuft.«

      »Das kann aber auch ein Zimmerkellner gewesen sein«, fiel mir ein. Ich streckte die Hand aus und

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