Der Sommer mit Josie. Sandy Lee
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Читать онлайн книгу Der Sommer mit Josie - Sandy Lee страница 16
Als sie vorhin auf die Straße getreten war, hatte sie festgestellt, dass Veronikas Wein nicht ganz unschuldig an der entkrampften Stimmung gewesen sein dürfte. Doch auf dem Fußweg nach Hause pustete ein laues Lüftchen den Hauch von Schwips hinweg.
Das Erste, was Barbara bemerkte, als sie die Wohnung betrat, war, dass sich Stuhl und Kleid nicht mehr vor Josies Tür befanden. Sie schaute in die Küche, wo sich alle vier Stühle in Eintracht um den Tisch gruppierten. Leise öffnete sie die Schlafzimmertür. In diesem Augenblick konnte sie ihre Neugier nicht mehr bezähmen. Keine Spur von dem Kleid, weder draußen, noch im Schrank. Im Vorübergehen hatte sie einen Blick durch die offene Wohnzimmertür riskiert und dort auch alles beim alten gefunden. Hatte Josie den Wink verstanden?
»Josie?«
Ganz leise hatte es Barbara gesagt, fast so, als hätte sie in diesem Moment Angst davor.
Die Tür öffnete sich langsam. Und, etwas verschämt, schob sich Josie durch den Spalt. Sie sah genauso aus wie am Freitag, vielleicht sogar noch eine Spur zerbrechlicher, weil unsicher. Ihr Haar trug sie wieder offen, ihr Blick sagte alles. Es war das erste Mal, dass sie sich freiwillig so zeigte.
Barbara trat zu ihr, zupfte hier und da am Kleid, schob ihr eine herabhängende Strähne aus dem Gesicht.
»Das steht dir wunderbar, Josie. Es passt wirklich gut zu dir.«
Josie lächelte verlegen, dann deutete sie mit einem Blick auf ihre Füße. Sie war barfuß.
Ihre Mutter schmunzelte: »Das kriegen wir auch noch hin. Passende Schuhe habe ich leider nicht. Vielleicht ziehst du erst einmal die weißen Stoffturnschuhe an. Nicht ganz Haute Couture, aber damit kommst du über den Tag.«
Josie folgte ihrem Vorschlag. Ja, das ging schon. Sie würde heute ja nur in der Wohnung so auftreten, versuchen, Sicherheit zu gewinnen.
Barbara half nach.
»Wenn du soweit bist, dass du dich wie in deinen Jungssachen fühlst, dann kommt der nächste Schritt. Wir tasten uns langsam vor. Du denkst jetzt noch nicht an morgen oder übermorgen, sondern konzentrierst dich ganz auf heute!«
Noch in die Betrachtung ihrer Tochter vertieft, kam ihr plötzlich eine Idee.
»Josie, weißt du was?«
»Was denn, Mama?«
»Dir gefällt doch dieses Kleid. Du hast es dir ja selbst ausgesucht.«
»Ja, es ist schön.«
»Dann darfst du es behalten, als Grundstock für deine neue Garderobe.«
Josie war ergriffen.
»Du bist so lieb.«
Bei all der Liebe bemerkte Barbara die etwas unbeholfenen Bewegungen ihres Kindes.
»Ich werde dir in nächster Zeit eine Menge beibringen. Du musst ja auch lernen, dich wie eine junge Dame zu bewegen und zu verhalten.«
Josie umarmte ihre Mutter.
»Danke Mama. Schön, das du so für mich da bist. Aber geht das denn überhaupt?«
»Da mach dir mal keine Gedanken. Ich habe mir diese Woche frei genommen, um nur für dich da zu sein … na ja, fast. Deinem Vater muss ich ja die Situation auch noch beibringen.«
»Muss das sein?«
»Schatz, es geht nicht anders. Er hat ein Recht darauf, es zu wissen. Sieh mal, wir sind deine Eltern und müssen allem, was in Zukunft mit dir geschehen soll, zustimmen. Beide – weil du noch nicht volljährig bist. Schon deshalb muss er es wissen, bald wissen. Denn du willst doch bereit sein, wenn die Schule wieder beginnt.«
Josie wusste, dass ihre Mutter trotz deren Unerfahrenheit in der neuen Situation den richtigen Blick für das Wesentliche hatte. Und dafür achtete sie sie.
Ilsa hatte sich wieder mit Caro verabredet. Sie saßen beide auf dem Rand des alten Brunnens, der mitten auf dem Marktplatz stand. Mit der Hand fuhr sie durch das kühle Wasser, dessen Oberfläche in der Sonne so stark reflektierte, dass sie die Augen zusammenkneifen musste.
Caro schubste sie an.
»Nun erzähle mir mal, warum du gestern nicht kommen konntest!«
»Ach wir hatten was zu besprechen, wegen Papa.«
Caro kannte die Verhältnisse bei Wegeners.
»Will sich deine Mama etwa nun doch scheiden lassen?«
»Nee, es ging um den Urlaub.«
»Und? Dir muss man auch jedes Wort aus der Nase ziehen!«, grummelte Ilsas Freundin.
»Und du bist neugierig wie ein Waschweib.«
Caro stutzte bei diesem Satz.
»Was ist'n das?«, fragte sie unverständig.
Ilsa grinste sie an.
»Den Spruch hat Mama mal gebraucht, als ich sie mit Fragen gelöchert habe. Genau wie du jetzt.«
»Ach so. Und was wird nun mit dem Urlaub?«
»Wir fahren zusammen mit Mamas Freundin aufs Land. In ein Ferienhaus bei einem Reiterhof.«
Geschickt brachte Ilsa das zweite Gesprächsthema von gestern ins Spiel.
»Und das musstet ihr gestern Nachmittag besprechen?«
Caro ließ nicht locker. Manchmal war sie eine richtige Nervensäge.
»Mama hatte es verschwitzt, dass sie heute Bescheid geben musste. Und wir waren gerade alle da.«
Das Mädchen konnte lügen, ohne rot zu werden.
»Was ist'n nun mit deinem Bruder?«
»Ach der …« Ilsa zögerte, weil sie eine glaubhafte Erklärung brauchte. »der hat Probleme mit 'nem Mädchen.«
Die Antwort war genial. Denn sie stimmte. Nur wusste Caro nicht, dass das Mädchen er selbst war.
Die entgegnete prompt: »Hab ich dir doch gesagt. Meiner spielt sich auch so auf, wenn mit seiner Freundin was nicht stimmt!«
Barbara hatte sich an den Couchtisch gesetzt. Vor ihr lag ein Schreibblock. Sie grübelte.
Josie hatte nur ihr Taschengeld und einiges auf dem Sparbuch. Damit war sie nicht in der Lage, sich vollständig neu einzukleiden. Also musste sie ihrer großen Tochter unter die Arme greifen.
Als Frau hatte sie einen guten Überblick, was Josie alles benötigen würde. Sie wollte ihre Vorstellungen niederschreiben und dann mit ihr abstimmen. Also …
Die Seite füllte sich rasch mit verschiedenen Artikeln. Barbara hatte sie in Kategorien unterteilt: Sommerkleidung, die Josie sofort brauchte, Übergangs- und Winterkleidung, Unterwäsche, Accessoires, Kosmetik