Der Sommer mit Josie. Sandy Lee

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Der Sommer mit Josie - Sandy Lee

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Richter hat mir angeboten, dass wir uns in Anbetracht längeren Kontaktes beim Vornamen nennen. Also, sie hat mir von einem Second-Hand-Kleidermarkt erzählt. Er ist in der Fischerstraße in der Stadt. Sie war wohl schon dort und sagte, es gäbe auch fast neuwertige Sachen. Rücksendungen und so. Wollen wir uns dort mal nach etwas Schönen für dich umsehen?«

      Josie überlegte noch.

      Ihre Mutter bettelte: »Bitte! Es wird sonst so teuer.«

      Josie musste bei dem Anblick lächeln.

      »Ist gut. Damit komm ich klar.«

      Barbara war heute die Zweite in der Familie, die tief durchatmete.

      In der Wohnung von Laras Eltern ging es jetzt bereits zu wie in einem Taubenschlag. Ständig kamen neue Geburtstagsgäste. Ilsa und Caro waren schon zwei Stunden hier. Da war der Trubel noch nicht abzusehen. Ilsa hatte Lara ein kleines, in buntes Geschenkpapier eingewickeltes Päckchen gegeben. Voll Spannung hatte das Mädchen das bunte Band abgezogen und ausgepackt. Es war ein Tagebuch.

      Ilsa sagte verschwörerisch: »Da kannst du all deine Geheimnisse reinschreiben, und keiner außer dir darf das lesen.«

      Das Tagebuch hatte an der Seite eine kleine Lasche mit Schloss.

      »Aber verlier den Schlüssel nicht!«, lachte Ilsa.

      »Oh danke, Ilsa. Das finde ich prima. – Mama!« Sie ging in die Küche, wo die Mutter gerade Gläser für die Getränke herausstellte. »Sieh mal! Ilsa hat mir ein Tagebuch geschenkt.«

      Svenja schaute ihre Tochter, die beinahe schon so groß wie sie war, an.

      »Das ist ein wirklich schönes und nützliches Geschenk.«

      Sie zwinkerte Lara zu. Dann rief sie ins Wohnzimmer: »Danke, Ilsa!«

      Jetzt, gegen zwölf, ging es auf Mittag zu, und die Kinder bekamen Hunger. Joschka hatte einfach für alle Pizza bestellt. Das machte bei der Menge den geringsten Aufwand, und die Kinder mochten so etwas.

      Es klingelte. Svenja öffnete die Tür. Draußen stand der Bote, in seinen Händen einen Stapel Kartons.

      »Sechs Pizzen für Sachanow«, fragte er.

      »Ja, das ist richtig hier. Hören Sie die Raubtiere?«

      Der Bote lachte, übergab den Stapel und nahm das Geld in Empfang. Dann stieg er, lustig pfeifend, die Treppe hinunter.

      Der Dachboden des alten Hauses war stickig in der Mittagshitze des Sommers. Solche Gebäude hatten noch kein ausgebautes Dachgeschoss. Schwere, von den Jahren gezeichnete Balken lagen offen unter der Dachhaut.

      Barbara suchte sich eine Ecke, in der sie den Karton abstellen konnte. Er war säuberlich mit Paketband verschlossen und mit der Aufschrift ›Alte Kleidung D.‹ versehen.

      Endlich fand sich ein Platz, der geeignet erschien. Barbara rückte den Karton noch ein Stück unter die Schräge. Hier lag auch eine alte Decke. Sie nahm das zusammengelegte Teil, faltete sie zweimal auseinander und schüttelte sie kurz aus.

      Puh, wie das staubte. Die Decke wurde auf dem Karton ausgebreitet, als Extra-Schutz vor ebendiesem Staub.

      Da fiel ihr Blick auf einen anderen, kleinen Karton. Sie ahnte, was sich in ihm befand. Sacht setzte Barbara die Schachtel auf die Decke, öffnete das Klebeband. Das ging ganz leicht. In dem Karton befanden sich einige von Barbaras schönsten Erinnerungen. Liebesbriefe von Hendrik, von einer Schleife zusammengehalten, und da …

      Sie hielt ein abgenutztes Buch in rotem Kunstledereinband in der Hand. Das war ihr Tagebuch! Ihre zu Papier gebrachte Teenagerzeit! Sanft strich Barbara über die alten Seiten, als sie es durchblätterte. Es gab einige, auf denen die Schrift verwischt war. – Tränen. Das wusste sie. Ein paar zeugten von glücklichen Momenten, andere von schmerzhaften.

      Plötzlich überkam Barbara eine Idee. Sie verschloss den Karton wieder, nahm das Buch und ging nach unten.

      »Josie, ich brauche einen PC!«

      Das Mädchen schaute verwundert aus seinem Zimmer.

      »Dann geh an meinen. Du weißt doch, dass ich kein Problem damit hab.«

      Barbara korrigierte sich.

      »Nein, ich meine, einen eigenen. Ein Notebook. Irgend was Mobiles.«

      Josie bekam große Augen.

      »Was hast du vor?«

      »Ich schreibe ein Buch!«

      Der Satz stand sekundenlang in der Luft.

      Ungläubig fragte Josie nach: »Ein … Buch?«

      Ihre Mutter starrte sie an.

      »Ja! Buch! Viereckig, Papier mit Buchstaben drauf – du erinnerst dich?«

      Der Unglaube verwandelte sich in maßloses Erstaunen.

      »Wie das jetzt?«

      Barbara schaltete einen Gang zurück.

      »Ich will meine Erinnerungen aufschreiben. Was du hier siehst, mein Mädchen, ist mein Leben in den Neunzigern. Das was mich berührte, als ich so alt war wie du heute.«

      »Und daraus möchtest du ein Buch machen?«

      »Genau! Und weißt du, wer mich auf die Idee gebracht hat?«

      Josie wusste es nicht, hatte aber eine ziemlich konkrete Vorstellung von der Antwort.

      »Du, meine Große. Du hast mir vor Augen geführt, wie aufregend diese Zeit doch sein kann. Ich hatte manches schon vergessen – verdrängt von anderen Ereignissen. Aber dann fiel mir ein, dass ich das nicht darf. Später einmal will ich dieses Buch zur Hand nehmen und sagen: ›Wie schön war das damals.‹ Als du mir sagtest, du willst so eine Art ›Tagebuch‹ führen, da dachte ich bei mir: ›Es ist gut, dass meine Tochter diese große Zeit festhalten will.‹ Denn diese Erlebnisse werden dich prägen, für dein ganzes Leben. Und was heute schwer sein wird, liest sich später leicht. Verstehst du das?«

      Josie hatte wirklich aufmerksam zugehört.

      »Ja – ich glaube, ich kann's verstehen. Mama, darf ich's auch mal lesen?«

      »Du bist so was von neugierig – wie deine Schwester. Okay, du darfst lesen, was ich auf dem Computer schreibe. Ich muss erst mal schauen, ob ich das«, sie zeigte das rote Büchlein, »auch alles verwenden kann.«

      »Dann schreib's so, dass du es verwenden kannst! Du hast gerade so schön von den Erinnerungen gesprochen. Da kannst du doch keine Lücken drin lassen.«

      Barbara gab sich geschlagen.

      »Du hast ja recht, du … Neunmalkluge!«

      Es war zwei Uhr. Barbaras Zug würde in zwei Stunden fahren. Sie jedoch dachte im Augenblick an etwas anderes. Sie war plötzlich so voll Elan, voll Energie, dass die Mühsal der letzten Tage wie ein dunkler Trauermantel von ihr abfiel. Nicht, dass sie Josie die Schuld daran gab. Aber es war so

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