Der Sommer mit Josie. Sandy Lee

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Sommer mit Josie - Sandy Lee страница 22

Der Sommer mit Josie - Sandy Lee

Скачать книгу

erstarrte. Diese Reaktion war vorauszusehen. Barbara hatte sie vor wenigen Tagen erst selbst erlebt.

      »Transgender? Wie … Was … Wie kommt er dazu?«

      »Wie er dazu gekommen ist – da bin ich selbst noch am Suchen. Jedenfalls stand er am Freitag, als ich von der Arbeit kam, in einem meiner Kleider in der Wohnung.«

      Ihr Mann fühlte den Boden unter seinen Füßen schwanken. Es war gut, sich zu setzen.

      »Er denkt also, er wäre … ein … Mädchen?«

      Beim letzten Wort schnellte seine Stimme nach oben.

      »Hendrik, er denkt nicht, er fühlt sich als Mädchen, welches in einem falschen Körper steckt. Und das hat ihn schon jahrelang gequält.«

      Jetzt wurde er hellhörig.

      »Wieso jahrelang?«

      »Ich habe es geahnt. Und nun meine Bestätigung erhalten. Ich kann dir versichern, es hat auch mich getroffen.«

      »Du … hast es gewusst?!«

      Barbara schüttelte den Kopf.

      »Nicht gewusst, geahnt.«

      Hendrik knurrte: »Wo ist da der Unterschied?«

      »Wissen ist hundertprozentiges Ahnen.«

      Trotzig entgegnet er: »Ich habe jedenfalls nichts Auffälliges bemerkt.«

      »Weißt du, Hendrik, für manche Sachen haben Mütter eben eine Antenne.«

      »Ach, und die haben wir Väter also nicht?«

      »Doch, aber eure Antenne arbeitet manchmal auf Langwelle.«

      Barbara lachte.

      Hendrik fand das gar nicht komisch. Er wollte gerade etwas erwidern, da nahm ihm Barbara das Wort.

      »Das ist doch nicht weiter tragisch. Dafür seid ihr Männer in anderen Bereichen blitzgescheit.«

      Hendrik musste lächeln. Da hatte seine Frau wieder elegant die Kurve gekriegt.

      »Aber, seit wann …?«, fragte er.

      Barbara blickte an Hendrik vorbei, so, als ob sie sich die Vergangenheit vor Augen führte. Dann, nur zwei Sekunden später, sah sie ihn wieder an.

      »Wohl schon die letzten vier, fünf Jahre.«

      Auf Hendriks Gesicht malte sich Verblüffung.

      »Aber wie …?«

      Barbara nahm seine Hand in ihre, streichelte darüber und erwiderte mit warmer Stimme: »Auch Kinder haben ein Gefühl für sich und ihre Umwelt. Hast du nie beobachtet, wie er mit Charlie spielte, wenn sie bei uns war. Sie waren wie zwei Freundinnen. Richtige Jungs verhalten sich anders.«

      Bei diesen Worten musste Hendrik unwillkürlich an seine Kindheit denken. Sicher, sie hatten sich damals kaum mit Mädchen abgegeben. Bevor Jungen in die Pubertät kommen, leben Mädchen in einer anderen Welt – manchmal auch später noch.

      Barbara bemerkte die Abwesenheit ihres Mannes. Dieser träumerische Blick war es, der sie schon immer an ihm fasziniert hatte. Und in solchen Momenten stellte sie sich oft die Frage, warum sich beide getrennt hatten.

      »Oder überleg mal, wie er sich für meine Arbeit interessiert hat, als er Sandy mitbrachte«, holte sie ihn aus seinen Gedanken zurück. »Mehr als dir lieb war. Denn für deine Automodelle hatte er gar nichts übrig.«

      Wieder lachte sie.

      »Erinnerst du dich, wie er einmal sagte: ›Wenn ich groß bin, dann kauf ich mir ein Auto. Bauen ist öde!‹ – Du warst danach ziemlich vergnatzt.«

      Barbara stockte. Der Satz schien Hendrik auch jetzt noch weh zu tun. Das ging gegen sein Hobby, seine Leidenschaft.

      Sie nahm seine Hand, die sie immer noch hielt, und drückte sie an ihre Wange.

      »He, lass dich nicht so runterziehen! Kinder sagen nun mal, was sie denken. Ihre Welt ist viel ehrlicher als unsere.«

      Hendrik genoss den Augenblick. Es war lange her, dass sich beide so verbunden gefühlt hatten. Und dieses Gefühl heilte seinen gekränkten Stolz.

      »Ja, ist klar … Es war nur so eine Anwandlung.«

      Er streichelte mit dem Handrücken über ihre Wange. Wenn er an die Jahre mit seiner Frau dachte, fühlte er sich wohl.

      »Hendrik!«

      Barbara holte ihn in die Realität zurück.

      »Du solltest seine Entscheidung akzeptieren, so wie ich sie akzeptiert habe.«

      Langsam erkannte er die Tragweite des Ganzen. Er zog seine Hand weg, sein Blick wurde wieder abwehrend. Hendrik vergewisserte sich.

      »Also du kommst damit klar?«

      Barbara behielt ihren ruhigen Tonfall.

      »Nicht von Anfang an. Aber ich habe das wohl einzig Richtige in dieser Situation getan.«

      Er warf ein: »Und das wäre?«

      »Ich habe mich hingesetzt und zugehört. Hendrik, ein Kind von fünfzehn Jahren weiß auch nicht sofort, wie es mit der Tatsache umgehen soll, nicht wie andere Jungen zu sein. Er wusste immer nur, dass er es war.«

      »Dann soll er rausgehen und es von den anderen lernen«, reagierte ihr Mann harsch.

      Barbara warf ihm einen ernsten Blick zu.

      »Jetzt wirst du unsachlich – und das weißt du. Ich habe das ganze Wochenende versucht, in seine Seele reinzukommen und die Ursachen zu erforschen. Wenn du ihn gesehen hättest, würdest du nicht so reden.«

      »Sondern?«, reagierte er patzig.

      »Hendrik, er sitzt zu Hause und geht nicht mehr raus. Er versucht, seine Gefühle zu ordnen, und er ist zu einer Entscheidung gekommen.«

      »Und die lautet wie?«, knurrte Hendrik kurz angebunden.

      »Er möchte als Mädchen leben – für immer. Mehr noch, er möchte ein Mädchen sein, wie die anderen. Ich habe es von ihm gehört. Du wirst dich dran gewöhnen müssen.«

      Hendrik verteidigte seine Position.

      »Und wenn ich das nicht will?«

      »Dann hast du ein Problem, denn das spielt nun keine Rolle mehr.«

      »Wie meinst du das?«

      Barbara wusste, dass nun der schwierigere Teil kommen würde. Hendrik die unangenehme Nachricht zu bringen, war das Eine. Jetzt musste sie ihm zur Kooperation bewegen, denn seine Person war bei künftigen Entscheidungen auch gefragt.

      »Hendrik. Du

Скачать книгу