Die Prometheus Initiative. T. K. Koeck

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Die Prometheus Initiative - T. K. Koeck

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würde!

      Harald, der Freund von Ralf, der bisher wenig gesagt hatte, kam einen Schritt auf mich zu und meinte: „So, wie ich das mitbekommen habe, kennt Ralf dich kaum. Der Rudi und ich kennen dich noch weniger. Was gerade wirklich passiert ist, weiß ich nicht. Die Moral scheint auf deiner Seite zu stehen, aber nicht unbedingt das Recht!“ Was war das denn? Der sprach wie ein verdammter Beamter. Ralf aber sah mir in die Augen und nickte dabei. „Inge, das war eine sehr heftige Aktion, hast du sowas schon öfters gemacht? Sollten wir noch etwas wissen?“ Ich schüttele den Kopf. „Nein, ehrlich. Bis heute wusste ich gar nicht, was in mir steckt!“ grinste ich schelmisch, weil er es jetzt auch tat. Ralf konterte: „Ich glaube jetzt schon, Inge, dass du im falschen Deutschland lebst.“ witzelte er und schaute dabei seine Jungs schlitzäugig an.

      Harald stieg ein: „Ja, so eine Kämpfernatur brauchen wir bei uns im Osten, um den real existierenden Sozialismus zu stärken. Ich denke, wir werden dich gleich mal als Mitarbeiterin anlegen.“ Ralf lachte und offenbarte: „Das wäre ja dann wohl eher meine Aufgabe“ und Rudi brüllte: „IM Steinbraut, das wäre lustig!“ Ich grinste mit ihnen um die Wette, obwohl ich keine Ahnung hatte, was ein »IM« war, und schon gar nicht, was sie meinten.

      Heute weiß ich natürlich, dass Ralf genau das machte, nach seiner Rückkehr in die DDR: Mich als IM anzulegen, als inoffiziellen Mitarbeiter der Stasi, also als Spion der Staatssicherheit.

      Und das mit knapp fünfzehn Jahren!

      Ich blickte den Strand hinunter und erkannte, dass die anderen Drei, gründlich gewaschen, den Hang heraufkamen. Als sie einige Schritte weg waren, hoben sie die Hand zum Gruße und lächelten.

      Wir taten es ihnen gleich. Als wir uns schließlich begegneten, begrüßten wir uns sehr überschwänglich. Es hatte etwas von einer ehrlichen und aufrichtigen Brüderlichkeit nach einem schweren Gefecht. Jeder stellte sich mit Vornamen vor, jeder drückte dem anderen die Hand, dann übernahm dieser Matthias das Reden: „Inge, ich kann dir nicht genug danken. Dein beherztes Eingreifen hat mich und wahrscheinlich auch meine Freunde vor dem Schlimmsten bewahrt… selten habe ich jemanden gesehen, der so gut Steine werfen kann!“ Er blickte dabei grinsend in die Gruppe und alle lachten herzlich.

      „Gern geschehen“, erwiderte ich, „wir haben gerade gesagt, dass ich selbst nicht wusste, was in mir steckt.“ - „Dann sind wir sehr froh, dass du es heute hier herausgefunden hast“ fügte Uwe hinzu, „… und um ehrlich zu sein, wir hatten das gar nicht erwartet. Matthias wollte lediglich etwas sülzen und der Rest von denen, vor allem aber dieser kleine Zwerg Hans, die hatten da wohl etwas dagegen.“

      Ralf blickte etwas ernster drein: „Ihr hattet wirklich Glück, dass wir zufällig vorbei kamen. Ey sag mal, der wollte wirklich dein Hirn mit diesem riesigen Stein zertrümmern?“ Alle nickten, dann schüttelten die alle fassungslos den Kopf. Ein Wahnsinn!

      „Ein Irrer, echt der Hammer“, stöhnte Matthias, „aber zwischenzeitlich“, und dann blickte er mich an, „dachte ich, wir sind von lauter Irren umgegeben“ und schmunzelte. Der Rest lachte wieder.

      Matthias fuhr fort. „Echt stark auf jeden Fall, was? Wie wäre es, wenn wir euch auf ein Eis einladen? Ich denke das ist das Mindeste, was wir tun können. Habt ihr Lust mitzukommen?“ Er blickte in die Runde, Ralf ebenso, jeder starrte den anderen kurz an und alle nickten. „Na dann, auf geht’s!“ rief Matthias und die Gruppe setzte sich in Richtung Schönberger Strand in Bewegung.

      Kapitel 6

      Gleicher Tag, Schönberger Strand

      Aus den Erinnerungen von Giangiacomo Feltrinelli

      Wie immer hatte ich mich nach dem Strand hergerichtet, meinen makellosen Anzug gebürstet und die Lederschuhe poliert. Mit meiner Ray-Ban auf der Nase machte ich mich wie jeden Tag zu unserem Strandrestaurant auf. Ich war meiner Verlobten vorausgeeilt, die mich angefleht hatte, bereits vorzugehen, damit ich nicht auf sie warten müsse. Am Tisch angekommen hielt ich eine italienische Tageszeitung vor mir, leicht abgeknickt, auf dem weißen, viel zu oft lackierten Eisentisch des Cafés und rauchte eine filterlose Zigarette. Mein grauer Anzug und die dunkle Krawatte saßen perfekt und trotz herannahender Dunkelheit hätte ich meine äußerst dunkle Ray-Ban nicht abgelegt. Und während der Deutsche, wie jedes Jahr, damit anfing, Italien mit Wohnwagen, Rollern und Zelten zu belagern, zog es mich nach Deutschland. Ich hatte einige geschäftliche Verpflichtungen gehabt und da diese erledigt waren, nutzte ich ein paar freie Tage, um in dieser wunderschönen Gegend mit meiner Verlobten Inge Schönthal Urlaub zu machen.

      Während ich wartete und Zeitung las, setzte sich eine große Gruppe Jugendlicher an den Nachbartisch. Schon bald entgingen mir die Albernheiten und das heroische Wiedergeben ihres spektakulären Nachmittags nicht, erst recht nicht die militärisch anmutenden Kontrahenten, welche in den Schilderungen als arisch, kämpferisch und gut trainiert beschrieben wurden. Je länger ich zuhörte, umso mehr war ich interessiert. Längst war der Artikel über einen Sprengstoffanschlag in Nordtirol und einem möglichen bevorstehenden terroristischen Anschlag in Italien in Vergessenheit geraten, der mich eben noch so brennend interessiert hatte. Und dass, obwohl Beides laut Zeitung den italienischen Kommunisten angerechnet wurde, was, wie ich wusste, nicht stimmte, da ich der Anführer der italienischen Kommunisten und deren ersten paramilitärischen Einheiten in Norditalien war!

      Meine Verlobte und ich waren vor zwei Tagen von der großzügigen Villa meiner verstorbenen Eltern am Monte Argentario in Norditalien aufgebrochen, wo wir noch kurz zuvor mit meinen engen Freunden Fidel Castro und Ernesto „Che“ Guevara, den Helden von Kuba, eine tolle Woche an den ehrwürdigen Hängen des Monte verbracht hatten. Che war lange da gewesen, Fidel nur ein Wochenende, Anlass war die Zusammenkunft der gesamten Führungsriege der internationalen kommunistischen Bewegung in meiner weitläufigen Villa!

      Was für ein Wochenende! Und was für eine Party! Die Jungs hatten es echt drauf. Lebhaft hatte ich ihren Kampf der letzten beiden Jahre verfolgt, jetzt standen ihre Nummern in meinem Telefonbuch. Es waren die Privatnummern, sie waren Teil meines Netzwerkes, aber eben auch echte Freunde. Wir teilten einander die gleichen Vorsätze, Prinzipien und Ideen.

      Mittlerweile hatte ich allerdings reichlich italienische, russische und deutsche Telefonnummern in meinem Notizbuch, von denen die meisten offiziell nicht einmal existierten. Vor allem jene der Russen in Italien, jene, die Agenten und Diplomaten der UdSSR waren. Deswegen wusste ich um die Trainingslager hier in der Gegend und klebte deswegen so inbrünstig mit einem Ohr am Nachbartisch der Jugendlichen. Scheinbar hatte es eine Rauferei gegeben, beim näheren Betrachten erkannte ich, dass einige der Jungs Schürfwunden und blaue Augen hatten.

      Die Jugend von heute! Wieder wollten wir eine Generation für die Schlachtbank züchten. Meine Verlobte und ich, wir waren mit den großen kommunistischen Führern einer Meinung, was den Imperialismus und den Faschismus anging.

      Halb zuhörend, halb nachdenkend, wartete ich so weiter auf meine Verlobte. Sie war eine Halbjüdin und Fotografin aus einer bekannten deutschen Familie. Ich lernte sie ein Jahr zuvor, ganz in der Nähe, in einem Hamburger Verlagshaus kennen. Als Verlagsinhaber war ich dort zu geschäftlichen Gesprächen gewesen. Meine Inge war wirklich bildhübsch und so herrlich deutsch. Man musste sie lieben und das tat ich, leider musste man aber wirklich immer auf sie warten. Aber Madonna Mia! Immer, wirklich immer, lohnte sie dieses Warten.

      Als ich weiter am Nachbartisch lauschte, war es inzwischen eindeutig, dass die Gruppe Jugendlicher in die Fänge der Trainingseinheiten geraten war, die hier rund um Eckernförde ihre paramilitärische Ausbildung erhielten. Die armen Bambini! Da ich erstens gut informiert war und zweitens nicht dumm, wusste ich haargenau, wer hier trainierte. Und sie waren nicht nur gut ausgebildet, sie waren auch gut finanziert, bestens versorgt und europaweit vernetzt. Kämpfer, die bereits sechs, sieben Jahre nach

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