Die Prometheus Initiative. T. K. Koeck
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Beide reisten mit mindestens dreißig Sicherheitsbeamten ihrer Securitate, dem gefürchtetsten Geheimdienst der Welt. Alle Einwohner Rumäniens mussten Elena »Liebende Mutter der Nation« nennen.
Die ehemalige Textilarbeiterin und Prostituierte hatte gleich mehrere gefälschte Doktortitel, in der Regel bevorzugte sie »Dr. Ingenieurin Elena Ceausescu«. Sie besaß 2.000 Paar Schuhe und am liebsten betrachtete sie, komplett high, im klimatisierten Kino ihrer Villa in Bukarest, Videoaufnahmen von rumänischen und ausländischen Prominenten: Beim Duschen, Ficken oder Onanieren. Es waren Filme, die ihr der Geheimdienst heimlich in den Hotels der Stadt angefertigt hatte.
Das letzte Mal als ich sie traf, trug sie mit Diamanten besetzte Schuhe und einen Leopardenpelzmantel. In Rumänien lebten derweil 300.000 Kinder auf der Straße, schnüffelten Lösungsmittel, nirgendwo in Europa war die Armut grösser. Killer bekam man ab zwölf Jahren für zwanzig Dollar. Und hier in Berlin ging Elena erst einmal rüber ins KDW einkaufen, wie jedes Mal, fast jeden Tag. Wir hatten Limousinen und Chauffeure zu stellen, das Hotel flippte angesichts der Unarten der Beiden aus. Natürlich sahen sich die Beiden nur unter Tags, nachts verbrachten sie getrennt. Ein Irrsinn.
Mittags hechtete ich schnell in die Kantine und stürzte mich über das Würzfleisch und die Soljanka her, beeilte mich, kippte die Suppe runter, denn schon gab es um dreiviertel Eins ein erneutes Treffen der HA XXII und dem AGMS. Danach Vorbereitung einer Pressekonferenz, Schabowsky und sein Gruppe, Hauptabteilungsleiter der Abteilung X für Internationale Verbindungen. Als ich zu meinem Tisch zurückkam, ein Anruf meines Chefs, wie der Stand mit der Kommunikation in Sachsen nun aussehe, man erwarte schwere Krawalle in Dresden und Leipzig und müsse die Kommunikation gewährleisten. Ich sagte, dass ich mich darum kümmern würde.
Doch in Gedanken schweifte ich schon wieder ab:
Es war schon Wahnsinn. Gerade weil es eine so schöne runde Zahl war, mochte man es so feiern, wie man sich das immer gewünscht hatte. Die große 40! Man war verblendet und hoffte auf eine Signalwirkung der Festivitäten. Als würde ein schönes Fest mit viel Größe die Verhältnisse verändern. Seit Monaten lief die Propaganda, seit Monaten demonstrieren die Menschen. In Ungarn und der Tschechoslowakei durften DDR-Bürger ausreisen. Daher hatten wir jetzt alles vollständig abgeriegelt. Ab jetzt wurden auch die Übergänge zwischen Ost- und Westberlin geschlossen. Gorbatschow brachte in der UDSSR und den Satellitenstaaten mehr Reformen als die DDR zuließ,… und wir feierten mit Staatsoberhäuptern, die sich aller Glasnost und Perestroika verwehrten. Es war nicht zu glauben! In all den Jahren hatte ich so viel gekämpft. Dafür, dass sie bei uns nicht dauernd auf die blödesten Ideen kamen und dass sie diese dann nicht auch noch verwirklichen konnten. Dass es eine Verbesserung der Situation gab und dass wir diese Mauer loswürden, aber geordnet, Schritt für Schritt, das war mein Ziel gewesen.
Und doch ging jetzt alles den Bach runter.
Gegen Nachmittag dann die offizielle Nachricht über den Ticker, die für lange Zeit alles veränderte: „Bewaffnete Terroristen haben die Anlagen der Russischen Föderation in Finsterwalde, Sachsen, eingenommen und die russischen Einheiten, die dorthin entsandt worden sind, angegriffen. Die GSSD in der DDR hat mobilgemacht und unternimmt alle erforderlichen Schritte zur Wiederherstellung der Sicherheit. Eine Einbindung von Truppen der sozialistischen Bruderländer ist derzeit unerwünscht“. Ich dachte nur: „Ha!“, also doch, denn insgeheim hatte ich auf so etwas gewartet, wenn auch anders…
Inge hatte davon gesprochen.
Im Eiltempo sprintete ich also zu Oberst Horst Franz, stürzte in sein Büro und fragte sogleich, welche Schritte nun unternommen würden. Doch der winkte nur ab: „Alles in Ordnung mein Lieber, das ist alles schon geklärt, mit Mielke, die Russen machen das allein. Die hauen voll drauf, wir brauchen nichts zu tun!“ Ich schüttelte mir den Kopf, stöhnte nur: „Wie bitte? Ist das jetzt ihr ernst?“ Daraufhin nur die Meldung: „Devaux, machen sie sich hier nicht wichtig, kümmern Sie sich um Ihren Kram. Die Arbeiten zur Sicherheit des großartigen Jubiläums sollten sie besser nicht vernachlässigen! Sie haben doch gehört, man kümmert sich schon um die Sache!“ Er war aufgestanden, mit genervtem Blick erwartete er ganz offen, dass ich wieder ging.
Ich fiel aus allen Wolken, Franz und ich kannten uns ja auch nicht erst seit gestern, daher blieb ich hartnäckig: „Und wenn der Ausfall unserer Kommunikation mit Finsterwalde zusammengehängt?“
Franz lachte mich aus, kichernd jaulte er laut: „Eine Invasion? Und ein Dutzend Stützpunkte eingenommen, halb Sachsen? Einfach nur lächerlich! Gehen Sie, gehen sie, guter Devaux. Wir wissen um Ihre Verdienste, aber jetzt gehen sie zu weit!“ Mir egal, es reichte mir nicht, ich fragte: „Kann ich wenigstens die beiden Einheiten des OTS und WSE bei ihrem Einsatz vor Ort begleiten? Mir selbst ein Bild machen?“ Oberst Franz winkte ab: „Das ist unmöglich, sie wissen das, wir können derzeit nicht auf sie verzichten! Daher befehle ich ihnen, hier zu bleiben! Ist das klar?“ Ich wurde richtig laut, ich glaubte es das erste Mal ihm gegenüber: „Was, wenn ich Recht habe, hä? Was, wenn da draußen Scheiße läuft? Haben Sie eigentlich eine Ahnung was alles in Finsterwalde deponiert ist? Wozu gibt es meine Abteilung, wenn wir nicht eingesetzt werden? Und wenn ich unabkömmlich bin, dann sind sie ja wohl auf mich angewiesen!“. Ich schnaufte, atmete tief durch. Dann, nach kurzem Überlegen, sagte ich ruhig: „Ich melde mich morgen Mittag telefonisch bei ihnen!“ und knallte die Tür hinter mir zu, während ich bereits davonstürmte. Von ihm kam kein Wort.
Ich stürzte zum Telefon, versuchte vergebens meine beste Agentin zu erreichen. Wir hatten uns länger nicht gehört, sie konnte sonst wo sein. Weder die offiziellen Angaben in der Personalakte waren da hilfreich, weil sie sie oft selbst fälschte, noch die aktuellen Einsatzberichte, weil sie keine ablieferte. Daher rief ich geschwind jemand anderen an. Nach kurzem Freizeichen hörte ich: „Müller am Apparat, Hallo“. Es war der Mann von Susanne Albrecht. Müller war seit der Hochzeit ihr neuer Familienname. Ich fragte, ob Ingrid da sei, nannte eine bestimmte Firma, von der ich sei. Doch er verneinte, Ingrid sei auf einer Firmentagung, für eine Woche. Frustriert verabschiedete ich mich, dann legte ich auf. Schnell versuchte ich es noch bei Silke Maier-Witt und Henning Behr, die ich auch nicht erreichte, auch auf Tagung.
Da schwante mir, dass nicht nur Inge Viett fehlte, sondern auch möglicherweise die ganze Gruppe der Zehn,
Inges eigene kleine Privatarmee.
Damit war eigentlich schon klar, dass es sich hier nicht nur Kommunikationsprobleme zwischen Stützpunkten handelte, sondern um viel, viel mehr. Ich saß wohl im Tal der Ahnungslosen,…
und mir waren die Hände gebunden!
Also rief ich ohne weiteres Zögern den Wichtigsten an, denjenigen, der mir unbedingt helfen musste, aber das würde mich was kosten!
Denn dazu musste ich über Vermittlungsstelle für internationale Verbindungen gehen, dort gab man an, wenn man erreichen wollte, erst dann wurde das Telefonat hergestellt. Als ich dort anrief war die Telefonistin hörbar verstimmt als ich kund tat, wen ich erreichen wollte.
Sie fragte drei Mal nach, ob sie mich richtig verstanden habe! Nochmal so oft musste ich meinen Namen und meinen Rang angeben. Der Ton in ihrer Stimme hatte etwas von: „Na dann, auf Nimmer-Wiedersehen!“.
Das konnte mich meinen verdammten Kopf kosten!
Sie verband mich, nach einer Weile dann das Freizeichen. Es dauerte einen unglaublich langen Moment, dann wurde abgehoben. Ich ließ mich erneut verbinden, dann hörte ich auf der anderen Seite: „Guten Tag, Uwe Dee, Leiter des Bundesgrenzschutzes, Gruppe 9, am Telefon.“
Dann