entre dos tierras. Peter Geipel
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу entre dos tierras - Peter Geipel страница 20
Zufällig trugen an jenem Tag nach Brauch keusche Mädchen auf ihren Häuptern in bekränzten Körben reine Opfergaben zur festesfrohen Burg der Pallas. Auf ihrem Rückweg von dort erblickt sie der geflügelte Gott, und gleich lenkt er seinen Flug nicht mehr geradeaus, sondern bewegt sich im Kreise. So wie ein Raubvogel, ein Geier, beim Anblick von Eingeweiden, solange er noch etwas zu fürchten hat und die Helfer des Priesters in der Menge das Opfer umstehen, seine Kreise zieht und nicht weiter wegzufliegen wagt, sondern das Ziel seiner Wünsche voll Gier mit Flügelschlägen umrundet, so schlug der wendige Gott über der Burg von Athen einen Bogen und kreiste immer wieder im selben Luftraum.
Um wie viel heller als andere Gestirne der Morgenstern glänzt, und wie viel heller als du, Morgenstern, die goldene Göttin des Windes, umso viel herrlicher als alle anderen Mädchen ging Herse einher und war die Zierde des Festzugs und ihrer Begleitung. Starr vor Staunen über ihre Schönheit war Merkur, und bei seinem Flug durch die Luft erglühte er nicht anders als eine bleierne Kugel, entsandt von balearischer Schleuder. Sie fliegt, erhitzt sich im Fluge und, was sie nicht besaß, das findet sie unter den Wolken, das Feuer.
Merkur verlässt seine Bahn, kehrt um und senkt sich vom Himmel zur Erde hernieder. Doch seine göttliche Gestalt legt er nicht ab; so großes Vertrauen setzt er auf seine Schönheit. Indes, so berechtigt dieses Vertrauen auch ist, hilft es dennoch durch Putz etwas nach: Faltenwurf passt, das der Saum und der ganze Goldschmuck ins Auge fällt, achtet auch darauf, dass auf Hochglanz in seiner Rechten, der Stab poliert sei, mit dem er den Schlaf sendet und fernhält, dass an sauberen Sohlen die Flügelschuhe erstrahlen.
Im Innern des Königspalastes lagen, mit Elfenbein und Schildpatt geschmückt, drei Gemächer, wovon du, Pandrosos, das rechte bewohntest, Aglauros das linke und das mittlere Herse. Die, der das linke gehörte, bemerkte als erste die Ankunft Merkurs und wagte es, nach dem Namen des Gottes zu fragen sowie nach dem Grund seines Kommens. Ihr erwiderte so der Enkel des Atlas und der Pleione:
Merkur
Ich bin der, welcher des Vaters Gebote durch die Lüfte trägt. Ja, mein Vater ist Jupiter selber. Auch meine Absichten will ich nicht verhehlen. Sei du nur gewillt, deiner Schwester die Treue zu halten und meines Kindes Tante zu heißen! Deswegen wegen komme ich. Sei du, ich bitte darum, meiner Liebe gewogen!
Da blickt ihn Aglauros mit eben den Augen an, womit sie jüngst das verborgene Geheimnis der blonden Athene betrachtet hatte, und bedingt sich für ihre Gefälligkeit eine große Menge Gold aus. Vorläufig muss er auf ihr Drängen den Palast verlassen.
Auf sie richtet Athene, die Göttin des Kriegs, ihr dräuendes Augenrund und seufzt so tief und schwer, dass zugleich ihre Brust und über der tapferen Brust sich die deckende Ägis erbebt.
Die Göttin des Neids beim Mahl von Schlangenfleisch
Es kommt ihr in den Sinn, dass dieses Mädchen ihr Geheimnis mit gottloser Hand enthüllte, damals, als sie den ohne Mutter gezeugten Sohn des Vulcanus wider das gegebene Wort ansah, und dass sie nun den Dank eines Gottes erwarte, den Dank ihrer Schwester und Reichtum dazu, wenn sie bekäme, was sie gierig gefordert hatte, das Gold.
Sofort begibt sich Pallas zum Haus der Göttin des Neides, das von schwärzlicher Jauche trieft. Es liegt im tiefsten Grund eines Tals verborgen, unzugänglich jedem Sonnenstrahl, jedem Windhauch; düster, ganz erfüllt von starrendem Frost, ein Haus, das Feuer auf ewig entbehrt und in Nebel gehüllt ist auf ewig.
Hier angelangt, bleibt die im Kampf fürchterliche Heldenjungfrau draußen stehen – denn unter dieses Dach zu treten, verbietet ihr das göttliche Gesetz – und pocht mit der Spitze ihres Speers an die Pforte. Diese erbebt, die Türflügel öffnen sich.
Drinnen sieht sie beim Mahl von Schlangenfleisch, der rechten Nahrung für ihr Laster, die Göttin erblickt im Glanz ihrer Schönheit und ihrer Rüstung, stöhnt sie und verzieht das Gesicht unter heftigem Schnaufen. Leichenblass ist ihr Mund, ausgemergelt der ganze Leib, nie blickt sie geradeaus, schwarz von Fäulnis sind ihre Zähne, ihre Brust gelbgrün von Galle, und von Gift trieft ihre Zunge. Lachen ist ihr fremd, es sei denn beim Anblick von Leiden ein Kichern. Nie erquickt sie der Schlaf, wach halten die quälenden Sorgen, denn sie sieht Menschenglück mit Widerwillen und verzehrt sich beim Anblick; so zerfrisst sie und wird zugleich zerfressen und ist ihre eigene Strafe.
Wiewohl ihr jene verhasst war, sprach Athene sie mit knappen Worten so an:
Athene
Flöße einer der Töchter des Kekrops dein Gift ein!
Das muss sein, Aglauros ist’s!
Mehr spricht sie nicht; sie entschwindet und lässt mit einem Stoß ihrer Lanze die Erde unter sich. Jene sendet der scheidenden Göttin einen scheelen Blick nach und lässt ein leises Murren vernehmen. Es schmerzt sie, dass Athenes Vorhaben gelingen soll.
Der Mann auf den Steinen
Île d’Oléron, Frankreich
Die Wellen des Meeres verrauschen das Zappen und die Taten. Ein intensiver Blick auf das Meer genügt. Ich gehe am Strand entlang und gucke ab und zu auf die leicht gekrümmte Horizontale, durch nichts getrübt - kein Schiff, kein Boot, kein Nichts - blicke ich in die endlose Endlichkeit. Ich nehme ein paar tiefe Züge von der nach leichtem Salz riechenden frischen Luft. Der Geist beruhigt sich seiner. Comme une ocean, très bleue, très na na na. Ich betrachte das Ufer. Marée basse - merée haute. Es gleicht sich in seiner ständigen Wiederholung, wie sich die Geschichte gleicht in ihren ständigen Wiederholungen. Wie sich die Bilder gleichen, die wir in mehr oder weniger größeren Intervallen vorgespielt bekommen. Obwohl es niemals das Gleiche ist. Das Meer strömt immer dem gleichen Land entgegen und geht wieder ein wenig weg. Aber die Geschichte treibt einem völligen Neuland zu, etwas, was wir bisher noch nicht kannten. Was wir uns bisher noch nicht vorstellen konnten.
Da geht ein Mann auf den runden Steinen, steht auf runden Steinen an der Uferböschung und kann sich kaum halten, weil die Steine unter seinen Füßen dauernd wegrutschen. Er wedelt mit den Armen, fuchtelt in der Luft herum, um sein Gleichgewicht zu halten, erschwerend kommt hinzu, dass das dünne Schuhwerk einer Masse von etwa achtzig Kilogramm kaum gewachsen ist, es drücken die runden und die eckigen Steine ganz schön in die Fußsohle, ich beachte ihn nicht weiter und widme mich weitaus wichtigeren Dingen, die zwischen den runden und eckigen Steinen, den muscheldurchbohrten Löchersteinen liegen.
Kleine weiße, salz- und sonnengegerbte Hölzer, abgebrochene Äste von irgendwoher, von irgendeinem Baum oder Strauch, ausgewalzte und sonnengetrocknete Blätterstränge, von denen nur noch die Außenformen ihrer ehemaligen lebensspendenden Adern und die Stiele übrig geblieben sind, wie kleine hellbraune, fächerförmige Siebe mit inneren Verstrebungen sehen sie aus, es erinnert mich an filigranste gearbeitete Kunstgegenstände und Kunstformen wie sie in Indien und im Nahen Osten oder Nordafrika hergestellt werden. Angerostete Dosen, zerfetzte Plastiktüten, Steine, Glasscherben, die das ewige Gereibe rund und gleichmäßig gestaltet hat. Die geschälten Hölzchen mit ihren Verzweigungen lassen den Charakter der Bäume ahnen, an denen sie wuchsen. Ein alter Schuh, der sich schon fast aufgelöst hat. Er besteht nur noch aus der Kuppe des Schuhes mit zwei metallenen, gestanzten und gebördelten Löchern. Das Ende seiner Laufbahn ist nur ein ausgebleichtes Lederstück mit zwei metallenen Ösen und einem Stück Schuhsohle an einem steinigen Stück Strand, quelle blamage. Es glänzt matt, hellbraun vom Salz ausgeblichen, meliert sieht es aus, an manchen Stellen fast weiß. Aufgebrochen ist es an den vorderen Knickstellen, dort wo die Zehen aufhören, es sieht fast so aus wie ein sich verzweigender Flusslauf auf einer Landkarte.
Das Puppenbein