Der Mann, der nicht verlieren kann. Rick Reilly
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Er treibt es so dreist, dass man es fast schon wieder bewundern muss. Als Trump und ich an dem Tag in Westchester für Who’s Your Caddy? zusammen spielten, leistete er sich reihenweise Wiederholungsschläge, und er zog einfach Schläge ab, wenn ich seinen Score eintragen sollte. »Von Zeit zu Zeit muss ich mir eine 4 genehmigen, für die Presse«, sagte er.
Ich habe auch schon folgende Ausreden für Mulligans gehört, die er sich nach Gusto erlaubt:
»Sie haben mich abgelenkt.«
»Der Vogel ist genau in dem Moment aufgeflogen, als ich ausholte.«
»Ich bin weggerutscht.«
Er erlaubte sich an dem Tag sogar einen geschenkten Chip-in. Ein geschenkter Schlag (ein »Gimme«) ist normalerweise ein Putt, bei dem der Gegner sicher davon ausgeht, dass man ihn einlocht. Er sagt: »Geschenkt«, will heißen: »Den Putt glaube ich dir auch so, den brauchst du nicht mehr zu spielen.« Nach den offiziellen Golfregeln sind Gimmes natürlich unzulässig, beim Spiel in der Freizeit sind sie das Normalste von der Welt. Doch auch dann sollte ein Gimme-Putt nicht länger sein als zwei, allerhöchstens drei Fuß.
Gimmes sind als Geschenke gedacht: Der Gegner kann sie dir geben, aber du kannst sie dir nicht einfach nehmen. Es sei denn, du heißt Trump. Wenn Sie mit Trump spielen, entscheidet ausschließlich er, was ein Gimme ist. Er erklärt jeden Putt unter fünf oder sechs oder auch mal acht Fuß schlicht zum »Gimme«, klaubt den Ball auf und stapft weiter. Aber wehe, Sie selbst haben vor, sich einen kürzeren Putt zu schenken. Dann schreitet er ein und befindet: »Den sollten Sie schon noch lochen.« Auf dem Trump-Express ist ausschließlich er der Lokführer, und du kannst froh sein, wenn du im Bremserhäuschen mitfahren darfst.
Der Eishockey-Olympiasieger Mike Eruzione spielte am Tag von Barbara Bushs Begräbnis mit Trump in Palm Beach – Trump war zur Trauerfeier nicht eingeladen worden. Eruzione sagt, Golf mit Trump mache teilweise deshalb »so viel Spaß«, weil man ihn so schön ärgern könne. »Wir waren mitten im Spiel«, erinnert sich Eruzione, »und irgendwann sagte ich zu ihm: ›Mister President, Sie reden ja eine ganze Menge, wenn der Tag lang ist, aber so etwas wie Der war gut, Mike habe ich noch kein einziges Mal gehört.‹«
Noch niemals in der Geschichte des Golfspiels hat sich jemand einen Chip-in als Gimme genehmigt – niemals bis zu jenem Tag, als ich mit Trump spielte. Ich hatte an dem Loch bereits eine 5 gespielt, und er lag außerhalb des Grüns für seinen sechsten Schlag, und er meinte beiläufig: »Gut, ich denke, damit wären wir quitt«, klaubte den Ball auf und steckte ihn in die Tasche.
Ich war geplättet. Wir spielten um zehn Dollar für die Runde, das heißt, jeder Schlag zählte. Selbst wenn er den Chip nahe an die Fahne gesetzt hätte – und das hätte er nicht –, wäre er bei einer 7 gelandet.
»Haben Sie sich gerade einen Chip-in als Gimme genehmigt?«, fragte ich ungläubig.
»Ja, sicher, Sie hatten doch Ihre 5 schon.«
Mir fiel die Kinnlade herunter, und ich schnappte noch nach Luft, als er schon in seinem Wägelchen saß und davonrumpelte. Ich habe die Szene in meinem Buch festgehalten. Während des Präsidentschaftswahlkampfs fragte ihn die Washington Post nach dem bewussten Chip-in. Trump kam mit einer äußerst merkwürdigen Antwort um die Ecke: »Ich mache keine Gimme-Chips. Erstens: Wenn ich ihn gefragt habe, ob es okay ist, dann ist es kein Betrug. Zweitens: Ich habe das nie gemacht.«
Na wenn das so ist …
Am Ende hatte er laut Scorekarte gewonnen. Die Regeln des Spiels hatten sich da schon längst in Wohlgefallen aufgelöst, also beglich ich meine Schulden in Höhe von zehn Dollar. Immerhin lud er mich zum Essen ein. Es geht ja nicht ums Geld. Es geht ums Gewinnen.
»Ich habe einmal mit ihm auf dem Trump L.A. gespielt«, sagt Ken Slutsky, ein Golffunktionär und Investor. »Am Ende meinte er: ›Sie schulden mir 27 Dollar.‹ Ich sagte: ›Donald, Sie haben an jedem einzelnen Loch geschummelt. Von mir kriegen Sie keinen Cent.‹ Er zuckte bloß mit den Achseln und trabte davon. Es war ihm offenbar vollkommen egal.«
Trumps Schummeleien während der Runde sind längst legendär, aber seine Schummeleien nach der Runde sind nicht minder krass. In seinen Score scheint immer eine Art Trump-Rabatt eingerechnet zu werden. Wenn er zur Mittagszeit mit einer höchst fragwürdigen 77 ins Clubhaus kommt, ist daraus auf der Rückfahrt schon eine 75 geworden – beim Abendessen dann eine 72.
Doch der Trump-Rabatt gilt nicht nur für seine eigenen Scores. Jeder, den er mag, hat ebenfalls Chancen auf den Trump-Rabatt. Der legendäre Golfer Lee Trevino erzählt von einem Fall, als er auf einem der Plätze Trumps eine 72 spielte. Danach traf er im Umkleideraum auf Trump.
»Und, wie ist es gelaufen?«, fragte Trump.
»Zweiundsiebzig«, antwortete Trevino.
Trump war begeistert und fing an, die Golflegende in seinem Clubhaus herumzureichen. »Das hier ist der große Lee Trevino. Er hat gerade eine 70 gespielt!« Beim nächsten Mitglied ging es weiter: »Wissen Sie, wer das ist? Lee Trevino! Er hat eben eine 68 gespielt!« Und kurz darauf: »Er hat eine 66 gespielt!«
Zum Schluss sagt Trevino: »Ich musste machen, dass ich wegkomme, sonst hätte ich noch den Platzrekord geknackt!«
Nicht nur bei Golfergebnissen dreht Trump gerne an den Zahlen. Ob Marktwert, Zuschauerzahlen, Körpergewicht – ganz gleich, ob er die Zahl nach oben oder unten korrigieren muss, es zählt am Ende nur das Ergebnis, das ihn als Gewinner dastehen lässt.
Nicht einmal seine Gebäude bleiben davon verschont. Sein 68 Stockwerke hoher Trump Tower in New York City hat zum Beispiel gar keine 68 Stockwerke, sondern nur 58. Da steckt natürlich eine Geschichte dahinter. Als der Bau fertig war, fehlten dem Trump Tower mit 202 Metern knapp 13 Meter bis zum knapp 215 Meter hohen General Motors Building ganz in der Nähe. Trump sagte sich, okay, die ersten 19 Stockwerke sind für Geschäfte reserviert, was sollte ihn also daran hindern, die erste Etage mit Wohnfläche als 30. Etage auszuweisen anstatt als 20.? Auf diese Weise hätte er zehn Etagen auf einen Schlag dazugewonnen, die oberste Etage wäre damit Nummer 68, das hört sich zumindest höher an als das GM Building mit seinen lediglich 50 Stockwerken. Genau das tat er dann auch. Und die Idee gefiel ihm so gut, dass er seinen Trump World Tower (der in Wirklichkeit 70 Stockwerke hat) kurzerhand auf 90 Etagen aufblies.
So harmlos diese Lüge daherkommt, sie wurde im April 2018 zum Problem für die New Yorker Feuerwehr, als in einem Apartment im Trump Tower ein Feuer ausbrach. Beim Notruf wurde ein Feuer im 50. Stock gemeldet, aber die Feuerwehrleute vor dem Gebäude zählten von außen hoch und sahen ein Feuer in Etage Nummer 40. Gab es vielleicht zwei Brände? Was zum Teufel ging hier vor?
Ich bin 1,85 Meter groß. Ich habe viele Male neben Trump gestanden, und zwar jedes Mal Auge in Auge. Auch mit Barack Obama bin ich übrigens auf Augenhöhe. Wenn Sie sich Fotos ansehen, auf denen Obama und Trump zusammen zu sehen sind, sind sie ziemlich genau gleich groß. Das tut natürlich weh. Als dann aber der Leibarzt des Weißen Hauses im Januar 2018 Körpergröße und Gewicht Trumps kundtat, hatte Trump plötzlich »1,90 Meter, 108 Kilogramm«. Praktischerweise blieb Trump damit um genau 0,1 BMI-Punkte unterhalb der Kategorie »fettleibig«. Mit seinen tatsächlichen 1,85 Meter müsste er gut fünf Kilo abspecken, um den Makel der Adipositas abzuwenden. Nun ist natürlich nicht auszuschließen, dass Trump seit unserer letzten direkten Begegnung um fünf Zentimeter gewachsen ist, aber bei einem Mann von über 70 Jahren ist das doch eher unwahrscheinlich.