Wer auf dich wartet. Gytha Lodge

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Wer auf dich wartet - Gytha Lodge Detective Chief Inspector Sheens ermittelt

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aus, aber bei Victor war es schlimmer. Genau genommen hatte sein Gesicht den Ausdruck eines Mannes, dessen Welt gerade zusammengebrochen war.

      6. April – Neunzehn Monate vorher

      Seit Ginas Hochzeit wurde Zoe täglich in wahllosen Abständen von plötzlicher Erregung gepackt; beim Malen, beim Radfahren, in Vorlesungen oder im Gespräch mit Freunden. Sie konnte ihr Lächeln kaum unterdrücken, jedes Mal wenn ihr etwas einfiel, was Aidan ihr geschrieben hatte, oder sein Gesichtsausdruck in der Bar, als er sich schließlich von ihr verabschiedet hatte, in den langen Sekunden, bevor er sich vorgebeugt und sie geküsst hatte.

      Gott, was für ein Kuss. Elektrisierend. Muskelerweichend. Alles, was ein Kuss sein sollte.

      So hatte sie sich schon lange nicht mehr gefühlt. Alle ihre früheren Beziehungen hatten mit intensiven Gesprächen über die traurigsten Momente in ihren Leben begonnen. Keine mit der ständigen Lust zu lachen. Es war nur ganz miserables Timing, dass Aidan zehn Tage weg gewesen war. Bis gestern hatte sie sich mit Mails, Nachrichten und gelegentlichen Skype-Chats begnügen müssen. Aber nun war endlich Donnerstag, am Abend würde sie ihn treffen, und sie war aufgekratzt, als sollte sie einen Preis bekommen.

      Aidan hatte ein Hotelzimmer gebucht, damit er nicht nach Hause »in die Wildnis von Alton« fahren musste, und dieses Hotelzimmer hatte sich ein paarmal in ihre Gedanken geschlichen. So lief das normalerweise nicht bei ihr. In der Regel brauchte sie Zeit, um jemanden kennenzulernen und das Gefühl zu entwickeln, dass eine gemeinsam verbrachte Nacht der natürliche nächste Schritt war. Aber mit Aidan … mit Aidan fühlte sie sich wie ein vollkommen anderer Mensch. Wie eine Frau, die impulsiv war, bereit, aus einer Laune heraus alles zu wagen.

      Als sie die Haustür aufschloss, dachte sie gerade wieder an jenen Kuss und wurde deshalb völlig auf dem falschen Fuß erwischt, als sie in den Wohnbereich weiterging und Maeve in der Küche entdeckte, die offensichtlich geweint hatte, bleicher war, als Zoe sie jemals gesehen hatte, und mit ruckartigen Schritten in der Küche auf und ab ging.

      »Hey«, sagte Zoe und stellte ihre Tasche auf einem der Sessel ab. »Alles in Ordnung?«

      »Mir geht es … Die Schweine in der Kirche haben … sie haben Lügen über mich verbreitet«, sagte Maeve, bevor sie sich abwandte, um ihre Tränen zu verbergen.

      »Was?« Zoe ging zu ihr und blieb vor ihr stehen, unsicher, ob sie sie umarmen sollte. Sie wusste, dass Maeve es unter normalen Umständen nicht gefallen würde, womöglich gefiel es ihr sogar noch weniger, wenn sie wirklich aufgewühlt war. Zoe entschied sich für ein kurzes Schulterreiben. »Hey, wenn sie lügen, können wir etwas dagegen tun. Das können sie nicht einfach so machen.«

      »Sie haben es schon überall verbreitet!« Maeve drehte sich wieder um und blickte, um die Tränen zu zurückzuhalten, zur Decke. »Es … es war schrecklich, alle waren so seltsam, dass ich wusste, dass … dass irgendwas im Busch war. Und dann hat Alison … Alison hat mir erzählt, dass Isaacs Frau etwas gesagt hat …«

      Einen Moment lang war Zoe zu schockiert, um zu antworten. »Was …? Aber du bist ihr nie begegnet! Wie kann sie sich über dich beklagen?«

      Maeve schüttelte den Kopf und wischte sich mit dem Ärmel die Augenwinkel. »Ich weiß nicht.«

      »Hat sie deine Nachrichten gesehen?«, fragte Zoe, und ihr Magen zog sich zusammen. In ihren Textnachtrichten hatte Maeve ihr Herz ausgeschüttet. Sie hatte Zoe einige davon gezeigt. Wenn Isaacs Frau es herausbekommen hatte … Nun, dann würden beide nicht gut aussehen, aber am Ende war es nie der Ehebrecher, der in der Tinte saß. Es war immer die andere Frau, die von allen verurteilt wurde. Jedenfalls nach Zoes Erfahrung.

      Nicht dass es ein richtiger Ehebruch gewesen war, weil Maeve Sex vor der Ehe ablehnte. Die beiden hatten nie mehr getan, als sich zu küssen, und auch das nur zweimal, wonach Isaac erklärt hatte, er würde sich deswegen sehr schlecht fühlen.

      Zoe war sich nicht sicher, ob sie ihm glaubte, so fest Maeve es auch tat. Er war nicht nur verheiratet, sondern auch Pastor ihrer Kirche. Ein Glaubensführer. Er hätte sich nie mit einer Studentin einlassen dürfen. Und er hätte sie ganz bestimmt nicht hinhalten und ihr erklären dürfen, dass er seine Frau und seine Kinder verlassen würde, um mit ihr zusammen zu sein, ohne es je wirklich wahrzumachen.

      Die ganze Geschichte hatte Zoe maßlos frustriert. Nachdem sie eine Stunde lang zugehört hatte, wie Maeve den Mann verteidigte, war sie zu dem Schluss gekommen, dass Isaac ein Arschloch war. Und selbst wenn er ein geringfügig besserer Mensch sein sollte, als Zoe glaubte, und es tatsächlich ernst meinte, wenn er davon sprach, seine Frau zu verlassen, wünschte sie, dass Maeve willensstärker wäre. Immerhin ging es um eine Familie, die sie zerstören würde. Um Kinder. Es war so verkehrt.

      Und dann war alles besser geworden. Maeve hatte die Sollbruchstelle erreicht und Isaac erklärt, dass sie die Nase voll hatte. Sie hatte Zoe gegenüber beteuert, dass es vorbei war. Sie hatte sich mit anderen Männern verabredet und über andere Dinge geredet. Es schien ihr besser zu gehen. Warum passierte das jetzt? War es bloß ein dummer Zufall?

      »Was hat sie gesagt?«

      Maeve schüttelte erneut den Kopf, riss etwas von der Küchenrolle ab und schnäuzte sich die Nase. »Tut mir leid. Ich bin so … so erbärmlich …«

      »Sei nicht albern!«, sagte Zoe. »Manchmal muss man weinen. Man kann nicht optimistisch sein, wenn das Leben einen mit Scheiße bewirft.«

      »Aber ich bin immer optimistisch«, jammerte Maeve fast wie ein kleines Kind. »Selbst nachdem er mich auf einen blöden Kaffee eingeladen und mir dann erklärt hat, er könne nicht aufhören, an mich zu denken, bin ich stark geblieben. Und dann … dann erzählt sie überall herum, ich sei eine Verführerin.«

      »Oh, Maeve«, sagte Zoe. »Er hat nicht zugegeben, dass es seine Schuld war?« Eigentlich brauchte sie die Frage gar nicht zu stellen.

      »Ich weiß nicht«, sagte Maeve. »Er geht nicht ans Telefon.«

      Zoe verzog das Gesicht. Wenn Maeve ihn dauernd anrief, würde sie nur noch zwanghafter wirken. »Hör mal«, sagte sie. »Wenn er … wenn er ihr erzählt hat, alles wäre von dir ausgegangen, um sich so auf deine Kosten rauszureden, ist das beschissen von ihm. Es ist verständlich, aber trotzdem beschissen. Bitte gib nicht allen anderen außer ihm die Schuld.«

      »Das tue ich auch nicht«, sagte Maeve. »Wirklich nicht. Aber er hat es ihnen nicht erzählt. Sie war es …«

      Zoe spürte eine vertraute Mutlosigkeit, als Maeve wieder in das Muster glitt, Isaacs Frau für alles verantwortlich zu machen. Einer Frau, der genau wie ihr unrecht getan worden war.

      Sie blickte an Maeve vorbei und sah, dass es viel später war, als sie gedacht hatte. Sie hatte nur noch eine halbe Stunde, um sich fertig zu machen, bevor sie das Haus verlassen musste, wenn sie pünktlich zu ihrem Treffen mit Aidan kommen wollte. Da sie noch duschen und die Haare föhnen musste, wäre das auch ohne ein Gespräch mit Maeve knapp geworden. Und sie konnte sie jetzt nicht einfach stehenlassen.

      »Ich mach uns einen Tee«, erklärte sie entschieden, »und dann überlegen wir, was wir machen können, damit das Gerede aufhört.«

      Während sie den Kessel aufsetzte, schickte sie Aidan eine Nachricht.

      Kleine Krise hier. Können wir unser Treffen eine halbe Stunde nach hinten schieben? Tut mir wirklich leid. Erkläre später alles. xx

      Sie goss gerade Milch in den Tee, als Aidan

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