Wer auf dich wartet. Gytha Lodge

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Wer auf dich wartet - Gytha Lodge Detective Chief Inspector Sheens ermittelt

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er, dass er mit Zoes Freund sprechen müsse. Angelines Blick wurde klar, und sie sah ihn scharf an.

      »Sie hatte … Meinen Sie Aidan?«

      »Vielleicht müssen Sie uns das erklären«, sagte Jonah behutsam, während er den Namen notierte. »Zoes Freund hat uns alarmiert und gebeten, nach ihr zu sehen, aber wir wissen nicht, wie wir ihn erreichen können.«

      »Ich habe seine Nummer«, sagte Angeline, zog ihr Handy aus der Tasche und las sie vor. Jonah schrieb sie in sein Notizbuch. »Ich dachte mir schon, dass sie vielleicht wieder zusammen sind«, fügte sie hinzu, und es klang, als verletzte sie das persönlich.

      »Sie hatten sich getrennt?«

      »Ja, schon ein paarmal.«

      »Sie haben nicht zusammen gewohnt?«

      Angeline schüttelte den Kopf. »Nein, sie hat allein gelebt. Früher hat sie mit einer Freundin zusammengewohnt, aber dann ist sie hierhergezogen.«

      »Wann war das?«

      »Im Juni … glaube ich.«

      Jonah nickte langsam. »Es wäre großartig, wenn Sie in den nächsten Tagen aufs Kommissariat kommen könnten«, sagte er. »Aber fürs Erste gehen Sie am besten nach Hause und geben gut auf sich acht. Können Sie irgendjemanden anrufen …?«

      Angeline nickte und brach unvermittelt wieder in Tränen aus. »Ich muss wohl meine Mum anrufen. Normalerweise – normalerweise rufe ich immer Zoe an.«

      Zoes Wohnung wirkte genauso modern und unversöhnlich wie die Fassade des Gebäudes. Sie war karg möbliert, und in zwei Ecken des Wohnbereichs standen Umzugskartons. Die in Schwarz gehaltene Küche wies Spuren von Benutzung auf. Verschmierte Abdrücke auf dem Backofen. Krümel auf der Arbeitsplatte, mehrere Gläser mit Rotweinresten.

      »Vielleicht hatte sie gestern Abend Besuch«, sagte Jonah leise zu O’Malley.

      In der Ecke der Küche stand ein Napf mit Katzenfutter und eine Schale mit Wasser, die Katze selbst war nirgends zu sehen. Vielleicht hatte sie sich aus Angst vor der Polizei verkrochen.

      Rechts neben der Tür stand ein Schreibtisch, der von einem Desktop-Computer dominiert wurde. In der unteren Ecke des Bildschirms blinkte langsam ein orangefarbenes Licht: im Ruhezustand, aber nicht ausgeschaltet. Unter dem Bildschirm lag ein Handy. Es juckte Jonah in den Fingern, doch er ließ es für die Techniker liegen.

      Auf der anderen Seite des Raumes blickte ein Sofa ins Leere. Kein Fernseher. Keine Gemälde. Jenseits davon nur zwei Umzugskartons, auf einen war mit Edding »Skulpturen« geschrieben.

      Das Ganze kam ihm seelenlos vor. Kahl. Ganz anders, als er sich die Wohnung einer Künstlerin vorgestellt hätte. Sie hatte seit Juni hier gelebt, hatte Angeline gesagt. Aber in diesen fünf Monaten hatte sie nicht einmal die Kisten fertig ausgepackt, geschweige denn sich eingerichtet.

      Er ging zu der gegenüberliegenden Tür, die ins Schlafzimmer führte. Sie befand sich im Bad, hatten die uniformierten Kollegen berichtet. Die Tür zur Linken.

      Er zwängte sich durch die offene Tür, ohne sie zu berühren, und sah Zoe in der Wanne liegen. An einem Ende ragten nur Schultern, Kopf und Oberarme aus dem Wasser, in der Mitte bildeten ihre Knie zwei winzige Inseln. Wenn ihr Verletzungen zugefügt worden waren, wurden sie von dem tiefroten Wasser verdeckt.

      Eine nadeldünne Spur dunklen Bluts verlief von einem Messer mit rotem Griff auf dem Wannenrand bis ins Wasser. Ein Teppichmesser, dachte er, das Werkzeug eines Künstlers.

      Sein Blick wanderte flüchtig über ihr zu einem Dutt gebundenes Haar und ihr Gesicht. Die Züge waren schlaff, die Haut war bronzefarben mit einem lila Schimmer. Die Augen waren geschlossen, doch sie sah nicht aus, als würde sie schlafen. Ihr Antlitz hatte die unverkennbare Leere des Todes.

      Er spürte O’Malley hinter sich, der wartete, bis er an der Reihe war, Jonahs Platz einzunehmen.

      Jonah trat einen Schritt zurück und wollte, dass O’Malley seine Gedanken in Worte fasste und sagte, auf den ersten Blick sehe es aus wie ein Selbstmord. Absolut eindeutig. Der einzige Grund, etwas anderes zu vermuten, waren zwei Meldungen, bei denen er sich nicht sicher war, ob er ihnen traute.

      Sein Telefon klingelte, und er seufzte, als er die Nummer auf dem Display sah.

      »Zoes Vater«, sagte er zu O’Malley. »Sehen Sie sich um, während ich mit ihm spreche.«

      Er wurde nie leichter, dieses erste Gespräch mit der Familie. Zoes Vater hatte unter erstickten Tränen kaum ein Wort herausgebracht und das Telefon an seine Frau weitergereicht, die Jonah nur immer wieder gefragt hatte, warum es passiert war. Natürlich hatte er keine Antwort für sie. Das hatte er bei diesem ersten Anruf selten.

      Er hatte sein Möglichstes getan, sie zu beruhigen, und ihnen versichert, dass der Tod wahrscheinlich schnell und schmerzlos eingetreten sei. Er hatte überlegt, ihnen zu erklären, dass das warme Badewasser den Prozess des Verblutens beschleunigt hatte, doch das waren Details, mit denen er sie noch nicht belasten wollte. Im Moment hatten sie genug zu verkraften.

      »Bitte sagen Sie mir die Wahrheit«, hatte Zoes Mutter irgendwann verlangt. »Es ist doch kein … Sie hat sich das nicht selbst angetan, oder?«

      Jonah hatte vernehmlich ausgeatmet. »Das wissen wir leider erst, wenn wir den Tatort genauer untersucht und ihre letzten Tage rekonstruiert haben.«

      Er hatte sie gefragt, ob sie nach Southampton kommen wollten. Dabei hatte er an die formelle Identifizierung und all die Dinge gedacht, die er ihnen persönlich sagen musste.

      »Es ist nicht notwendig, sofort herzukommen«, fügte er hinzu. »Häufig wird die Identifikation auch per Video-Link vorgenommen.« Er sagte nicht, weil es nicht so qualvoll ist.

      »Nein«, hatte Zoes Mutter erklärt. »Wir wollen kommen. Sofort. So bald wie möglich.«

      Während er auf die Spurensicherung wartete, überlegte Jonah, um welche praktischen Fragen er sich kümmern musste. Heute würde wahrscheinlich ein sehr langer Tag werden. Er schlug im Geist seinen Kalender auf, dankbar dafür, dass er freitagsabends nur selten Termine hatte. An Samstagen versuchte er normalerweise, seine Mutter zu besuchen, aber die war zum ersten Mal seit acht Jahren nicht da.

      Es hatte ihn komplett überrascht, dass seine vom katholischen Glauben abgefallene Mutter von der örtlichen anglikanischen Gemeinde adoptiert worden war. Die Mitglieder hatten entschieden, dass sie Hilfe brauchte, was Jonah schlecht bestreiten konnte, und hatten einen Turnus von Aktivitäten und Besuchen organisiert, der die Zeit, die sie allein mit dem Alkohol verbrachte, drastisch reduziert hatte. Das Ganze war eine Riesenerleichterung für Jonah gewesen, ungeachtet der leicht vorwurfsvollen Blicke, die ihm die Kirchendamen zuzuwerfen pflegten, wenn sich ihre Wege kreuzten. Er wartete allerdings immer noch darauf, dass seine Mutter sie alle zu hassen begann. Oder dass sie sie so wüst beschimpfte, dass man ihr nicht verzeihen konnte. Sie hatte die Angewohnheit, alle Bemühungen, ihr zu helfen, zunichtezumachen. Samstag konnte er also problemlos den ganzen Tag arbeiten. Vielleicht würde er die Einladung zum Polterabend seines Radfahrerkumpels Roy am Samstagabend absagen müssen. Selbst wenn er sein Tagespensum rechtzeitig erledigte, wollte er danach vermutlich nicht mehr ausgehen. Mordermittlungen und trinkselige Abende passten in der Regel nicht gut zusammen.

      Seine Leute hatten wahrscheinlich eigene Pläne. Pläne, die sie weniger begeistert aufgeben

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