Italiener-Wochenende. Kathi Albrecht

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Italiener-Wochenende - Kathi Albrecht

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sah ihn besorgt an. „Was ist los? Alles klar bei dir?“

      „Kopfschmerz. Von dem Lärm glaube ich …“

      Vero atmete auf. „Und ich dachte schon, dir hätte wieder einer was eingeschüttet!“

      „Naa“, antwortete Lorenzo „das Zeug ist wohl doch noch nicht ganz raus aus mir.“

      „Und es weiß immer noch keiner, was das war!“ trompetete Vero. „Der Arzt hat etwas erzählt, das nach magic mushroom klang. Wo kriegst du denn sowas her, Lorenzo?“

      Er hob die Schultern und sah sie fragend an. „Du kennst dich besser aus hier in der Stadt … Nein, Spaß! Ich weiß nicht, was es war, ich weiß nicht, wo das drin war, ich weiß nicht, woher es kam.“

      „Und die Polizei weiß es auch immer noch nicht?“, wollte Jule wissen.

      Lorenzo schüttelte den Kopf. „Zio Enzo haben sie dann auch noch befragt heut am Nachmittag. Wollten wissen, ob ich etwas gesagt habe oder versteckt oder gelagert oder wen ich so getroffen habe. Die glauben mir kein Wort und ich weiß nicht wieso! Dieser Kommissar, stupido presutuoso …“ Lorenzo redete sich jetzt so richtig in Rage, er war ernsthaft sauer. „Ich mein, ich bin ja drauf angewiesen, dass die mir glauben, ich hab ja nichts in der Hand, ich kann nichts beweisen!“

      Vero grinste. „Ja! Meine Mutter hat mir heute ja auch schon die tollsten Schauergeschichten erzählt!“

      Lorenzo schüttelte sich kurz, nahm eine Gabel und piekte ein Stück Hendl von Veronikas Teller auf, schob es sich in den Mund und verkündete: „Gutes Essen gehört zu den wichtigsten Dingen in meinem Leben.“

      Ihm ging es offenbar besser. Und es sah so aus, als ob er das Thema wechseln wollte. Warum eigentlich? War ihm das peinlich? Wusste er etwas, was er nicht sagen wollte?

      „Gutes Essen, ja?“, fragte Jule und sah ihm bei Kauen zu. „Und das, wo deine Schwester einen Imbiss im Bahnhof hat?“

      Lorenzo und Stefano sahen sich mit großen Augen an und prusteten los.

      „Was ist daran so komisch?“, wollte Vero wissen.

      Lorenzo grinste. „Meine Schwester hat eine Osteria…“

      „Ja, im Bahnhof, hat Enzo gestern schon erzählt …“, unterbrach Jule.

      Stefano konnte sich jetzt gar nicht mehr beruhigen und hatte schon vor Lachen Tränen in den Augen.

      „Was ist denn los? Vertragt ihr das bayrische Bier nicht?“

      „Also, noch mal.“ Lorenzo versuchte ernst zu bleiben. „Meine Schwester hat eine Osteria. Aber nicht im Bahnhof, Giulia, sondern nicht weit weg vom Bahnhof in der Altstadt von Bozen. Das ist ein Restaurant. Tischdecke, gutes Geschirr, Bio-Küche, verstehst du?“

      „Oh! Keine kalten, fettigen Pommes?“ Sie war plötzlich verlegen und kleinlaut.

      „Naa! Und koa Fleischkrapferl, die vierundzwanzig Stunden unter der Wärmelampe herumliegen“, ergänzte Lorenzo.

      „So wie bei Nicolas Onkel“, murmelte Stefano.

      Lorenzo starrte ihn giftig an. Er fragte noch einmal irgendetwas – und augenblicklich schien sich ein Streit zwischen den beiden zu entwickeln. Laut und italienisch redeten die beiden aufeinander ein. Mehrere Male fiel der Name Nicola, ansonsten verstand Jule kein Wort. Sie sah erstaunt von einem zum anderen, es war mehr ein Wortgefecht als eine Diskussion und auch Vero schüttelte nur noch den Kopf, versuchte aber zumindest zu verstehen, worum es ging. Wer immer Nicola war, die Dame sorgte für reichlich Zündstoff.

      Jule hoffte nur, dass keine Handgreiflichkeiten folgen würden. Allerdings, auch in dieser Lautstärke und sogar in dieser Heftigkeit war Italienisch eine sehr schöne Sprache. Damals in diesem Camping-Urlaub in der Toskana mit ihrer Schulfreundin Anna hatte sie beschlossen, sofort nach ihrer Rückkehr einen Sprachkurs zu belegen. Es war allerdings nie etwas daraus geworden, aus verschiedensten Gründen. Und irgendwann hatte sie es schlicht vergessen.

      Genauso abrupt wie sie angefangen hatte, endete die lautstarke Diskussion.

      „Äh“, fragte Vero und sah von einem zum anderen, „seid ihr noch Freunde?“

      Lorenzo holte tief Luft und antwortete zähneknirschend: „Unter gewissen Bedingungen, ja.“

      Stefano ignorierte diesen Kommentar komplett. Er sah zu Jule und fragte: „Darf ich von deinem Kaiserschmarrn probieren?“

      Er fragte wenigstens. Jule nickte ergeben und schob ihren Teller erst zu Stefano, dann zu Lorenzo rüber und musste zugeben: „Ist lecker, du hattest recht.“

      Er schien zufrieden. Mit seiner Wahl, nicht mit dem Essen. „Stefanos ist besser.“

      Jule verdrehte die Augen. „Mann, Lorenzo! Mag sein, dass es besseren gibt, aber rede mir das hier doch nicht schlecht! Das ist nämlich viel, viel besser als alles, was ich in den letzten Jahren gekriegt habe, wenn irgendwo zufällig mal ‚Bayrische Wochen’ waren.“ Sie lächelte Stefano an. „Und falls ich mal irgendwann über den Brenner komme, dann probiere ich deinen Kaiserschmarrn.“

      Sollte heißen: Dich, Stefano, dich besuche ich. Lorenzo kann essen, wo der Pfeffer wächst.

      „Jederzeit!“ Stefano strahlte. „Sag vorher Bescheid, dann setzen wir das auf die Karte.“

      „Was für eine Karte?“

      „Ich koche doch in der Osteria von Lorenzos Schwester.“

      „Ach, daher kennt ihr euch!“, folgerte Vero.

      Aber die beiden winkten ab. Stefano erklärte, das mit dem Koch-Job wäre nur eine Notlösung. Er hatte zu Hause am Gardasee erst als Surflehrer gearbeitet, dann Koch gelernt und in Mailand gearbeitet. Dort hatte er Lorenzo im Fußballverein kennengelernt. Seit ein paar Monaten lebte er ebenfalls in Bozen und arbeitete auch in derselben Firma wie Lorenzo, der irgendwelche Bio-Produkte vertrieb und noch irgendetwas anderes machte. Das Unternehmen wollte wohl nach Deutschland expandieren oder exportieren, was auch immer. So genau hatte Jule das in dem Gesinge und Geproste um sie herum nicht verstanden. Jedenfalls waren sie in München, um die Marktchancen zu sondieren.

      „Ja“, seufzte Lorenzo „eigentlich wollten wir Stefano gern ganz für die Produktion einstellen, aber das Unternehmen … also, da gibt es derzeit nur Jobs in Teilzeit und Stefano will ja Vollzeit arbeiten.“

      „Also mache ich zwei Jobs“, ergänzte Stefano fröhlich.

      „Klingt wie bei uns …“

      „Wo arbeitest du?“, fragte Lorenzo.

      „Ach so, nee. Ich meinte, klingt wie mein alter Job in Düsseldorf, das war eine ziemlich kleine Werbeagentur, nur ein paar Leute, auch viele in Teilzeit. Tolle Kunden und spannende Aufträge, aber es war nicht wirtschaftlich, da Vollzeit zu arbeiten. Weder für die Agentur noch für mich. Deswegen habe ich mich dann ja hier beworben.“

      „Werbung? Du?“ Lorenzo sah sie kritisch an. „Du wolltest Kunstgeschichte studieren! Ich dachte immer, du arbeitest in irgendeinem weltberühmten Museum und stellst tolle Ausstellungen zusammen

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