Münchner Gsindl. Martin Arz
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Читать онлайн книгу Münchner Gsindl - Martin Arz страница 7
»Sind Sie sicher?«, fragte Pfeffer.
»Ziemlich. Wobei … ach, da weiß die Becky sicher besser Bescheid. Mädels und Schmuck und so. Eh klar. Doch, jetzt fällts mir wieder ein! Sie hatte eine goldene Kette von ihrer Oma. Die hat sie zu irgend so einem Kirchenfest bekommen. Kommunion oder was die Orthodoxen da so feiern.«
»Orthodoxe bekommen mit der Taufe die Erstkommunion«, sagte Bella Hemberger, und wegen der verwunderten Blicke der anderen fügte sie hinzu: »Weiß ich zufällig.«
»Dann hat sie die Kette eben zur Taufe bekommen. Eh wurscht, das ganze Kirchengedöns. Wer glaubt schon diese Kindermärchen. Die Polly hat mal gesagt, dass das das einzig Wertvolle ist, was sie hat, und dass sie das nie hergeben würde, selbst wenn sie verhungern müsste …«
»Ist das die Kette?« Pfeffer hielt eine Goldkette hoch, die er in der Schmuckschatulle ganz unten gefunden hatte. Sie passte nicht zu dem restlichen Tand.
»Ziemlich sicher«, nickte Lucky. »Die hat sie mal angehabt, als wir alle zusammen in die Oper, also ins Ballett gegangen sind. Da haben wir uns mords in Schale geschmissen, um den ganzen Kulturspießern mal zu zeigen, dass man sich auch schick machen kann, ohne dass es wie Primark aussieht …«
»Gut«, Pfeffer zog seine Gummihandschuhe aus. »Gehen wir dann in die Küche, und wir notieren, was Sie über Polina wissen. Und den Raum hier betreten Sie bitte nicht mehr. Wir versiegeln ihn nun.«
»Muss das sein?«, nölte Lucky.
»Ja. Eigentumssicherung.«
»Aber wenn ich was von Polly brauche …«
»Sie brauchen nichts von Polly.«
»Oder sie sich was von mir geliehen hat und …«
»Dann schauen Sie sich jetzt um. Jetzt bitte. Wir protokollieren das dann.«
»Nein.« Lucky winkte schwach ab. »Schon gut.«
»Was für ein Herzchen«, seufzte Pfeffer, als die beiden Kriminaler später auf dem Weg zum Auto waren.
»Der war dir ja völlig verfallen«, kicherte Bella. »Der hat dich von der ersten bis zur letzten Sekunde inhaliert.«
»Ach, ist dir das auch aufgefallen?«, knurrte Pfeffer sarkastisch. »Ich fühle mich benutzt und beschmutzt. Ich muss noch mal duschen.«
Bella Hemberger lachte.
»Man hat mich ja gewarnt«, sagte Pfeffer, »wenn man erst einmal über vierzig ist, dann stehen die ganzen kleinen Schnullis auf einen. Die Daddynummer.«
»Nicht mit dir!«, rief Bella.
»Definitiv nicht. Ich bin kein Daddy. Okay, ich bin zweifacher Daddy, aber kein Sugardaddy für postpubertierende Krischperl mit Verbaldurchfall.«
»Und winzig war der. Wahnsinn. Wie ein Kind. Der Arme!«
»Ja, eben. Noch ein Grund mehr, warum aus uns kein Traumpaar wird, so sehr du dir das auch wünschst.«
»Schade.« Sie erreichten den Wagen. »Becky, Polly und Lucky.«
»Klingt wie ’ne schlechte Band aus den Siebzigern«, sagte Pfeffer.
»Oder wie eine schlechte Kindersitcom auf Disney Channel«, ergänzte Bella. »Sag mal, was sollte denn die Frage nach der Goldkette?«
»Na, sie hatte eine Schmuckschatulle und nur billigen Plunder. Und ihre einzig wertvolle Kette hatte sie ebenfalls beim Plunder.« Pfeffer zog eine kleine durchsichtige Plastiktüte aus seiner Tasche. »Sie hat also das angeblich Wertvollste, das sie besitzt, nicht versteckt. Dann frage ich mich, warum sie das hier versteckt hat.« Er hielt seiner Kollegin den Beutel hin.
»Ein silberner Armreif?«, fragte Bella Hemberger stirnrunzelnd.
»Richtig. Ein silberner Armreif in einer Plastiktüte, fest mit Tesa verklebt und ziemlich gut versteckt in einer dieser zahlreichen Götterstatuen, die bei ihr rumstehen. Lauter Plastikramsch. Als ich vorhin zufällig einen von den Ganeshas zu hart angepackt habe, da ist mir aufgefallen, dass das Ding aus Plastik ist und innen hohl. Dass es sich verformt, wenn man drückt. Die Schweißnaht auf der einen Seite war aufgetrennt und man konnte die Figur ein wenig auseinanderdehnen. Da war der Armreif drin.«
»Komisch. Sieht aus wie Silber. Das ist längst nicht so viel wert wie eine Goldkette.« Die beiden Kriminaler setzten sich in den Wagen.
»Eben. Warum hat sie ihn versteckt? Und wer ist eigentlich diese Frau Förster, die du offenbar kennst?«
»Mann, Chef«, stöhnte Hauptkommissarin Hemberger. »Susa Förster, die deutsche Krimiqueen. Ein Bestseller nach dem anderen. Die ›Basti Daxlberger‹-Krimireihe! Echt, Chef, alle verfilmt worden, mit dem Dings … na, weißt schon. Da geht es um den Basti Daxlberger, das ist ein gemütlicher Privatdetektiv, der immer total grantig tut, aber das Herz am rechten Fleck hat. Kennst du nicht?«
»Habe ich jemals einen Krimi gelesen?«
»Solltest du mal. Es gibt echt gute … Und dann gibt es halt die von Susa Förster. Erfolg muss ja nicht unbedingt was mit Qualität zu tun haben.« Sie schnallte sich an. »Sind halt so Wohlfühlkrimis mit Schmunzelfaktor.«
»Wohlfühlkrimis? Was an Morden ist denn zum Wohlfühlen und Schmunzeln?«
»Ach, Chef.« Bella schnaufte genervt. »Jetzt tu nicht so. Und nun fahren wir zur Queen of Wohlfühlcrime! Auf nach Wohlfühlharlaching.«
4
Marlies platzierte das nagelneue Smartphone so auf dem Cafétisch, dass es wirklich jeder sehen musste, der es sehen sollte. Sie strich stolz mit den Fingerspitzen darüber, schob es ein wenig nach links, dann nach rechts. Das war es also. Die Anzahlung. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Sie hatte eine Anzahlung bekommen von dem, was ihr zustand. Karma ist ja so was von einer Bitch. Endlich würden die Jahre der Entbehrungen, der Demütigungen vorbei sein. Ihr stand etwas zu. Sie tuffte ihre zu stark blondierten, wie immer zu stark im Stil der frühen Siebziger toupierten Haare zurecht und prüfte, ob die rosa Margerite noch richtig in dem Tuch steckte, das sie sich nonchalant um die Stirn gebunden hatte. Die Blüte hatte sie in einem Vorgarten geklaut.
Die maulfaule Kellnerin brachte ihr den Cappuccino. Mit Sahne statt mit Milch. So etwas war in München gar nicht mehr leicht zu finden. Eigentlich gar nicht mehr. Früher war das normal. Aber dann kamen sie mit »original italienisch« und mit der geschäumten Milch. Überall. Auch hier beim Toni, ihrem kleinen Lieblingscafé in der Nordendstraße nahe dem Kurfürstenplatz. Dabei mochte Marlies das nicht. Schon früher nicht, als sie noch reisen konnte, weil sie da noch das Geld dazu hatte, und in Italien war. Da hatte sie nur Espresso getrunken, weil die Italiener keinen guten Cappu mit Sahne machen konnten oder wollten. Nur der Toni machte das noch für sie, und nur für sie.
»Servus, Marlies, mei, schaust du gut aus!«
Marlies blinzelte gegen die Sonne,