"ERKENNE DICH SELBST" - HEGELS THEORIE DER PERSÖNLICHKEIT. Peter Schöber
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41Nimmt man hierfür wieder als Beispiel die Entwicklung von Stadtgemeinde und Staat und sieht in ihr als vorantreibendes Prinzip den Begriff, das Prinzip der Freiheit am Werk, dann ist die rein begrifflich-theoretische Bearbeitung dieses Vorgangs dann vollendet, wenn sie die gewordene moderne Wirklichkeit, d. h. den modernen Staat und in ihm das durch die Staatsverfassung gewährleistete, teilweise autonome Gemeindewesen, erfasst hat. Die gewordene Wirklichkeit, z. B. eine solche der sittlichen Idee (für Hegel der moderne Staat), setzt also, ihm zufolge, dem Begreifen eine Schranke, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Wirklichkeit, so wie sie Hegel versteht, nicht neben ihrem Begriff, ihrer Theorie, steht, sondern in nichts anderem als in ihr zur Darstellung kommt.
42Zum Beispiel hat nach Hegel der moderne Geist, nämlich der Geist der Freiheit, dann sein Ziel erreicht, wenn er sich in allen Sphären eines Staates sowie im ganzen Staatensystem verwirklicht und sich am Ende selbst begriffen hat, etwa in Gestalt der Hegelschen Rechts- und Staatsphilosophie.
43 Nach Hegel ist also der Geist, der Wirklichkeiten hervorbringt, am Ende identisch mit dem Geist, der ihn erkennt.
44 Wie der Geist, ausgehend vom Einfachen der natürlichen Seele, sich fortschreitend differenziert, um sich schließlich zu einem Ganzen zusammenzufügen, das stellt Hegel in seiner Theorie des subjektiven Geistes (oder der Persönlichkeit) dar. Die Entwicklung des subjektiven Geistes des Einzelnen läuft also, mit anderen Worten, darauf hinaus, die Unterschiede, den Prozess der Differenzierung von Seele und Geist, zur Einheit des Begriffs (des Geistes) zurückzuführen, ein Vorgang, der durch Hegel mittels seiner Methode rein begrifflich gedacht wird und sich nur so manifestiert.
45Nach Franz Anton Mesmer (1734-1815) vom Menschen ausstrahlende Kräfte, die durch magnetische Striche Heilkraft erhalten. Der Neue Brockhaus, 3. Bd., a. a. O., S. 405. Dabei geht es offenbar um den Einsatz der Hypnose zu Heilzwecken.
46Hegel scheint den Zustand der Hypnose oder der Trance zu meinen.
47Hegel scheint dabei an das zu denken, was er die „natürliche Seele“ nennt.
48Zum Beispiel das Handeln, das sichtbar als Bewegung erscheint.
49Ders., Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften, 3. Teil, a. a. O., S. 16 ff.
50So spricht man von religiösen und sittlichen Empfindungen, und es liegt nahe zu glauben, dass das Religiöse oder das Sittliche, als die einer höheren Stufe angehörenden Inhalte, ihren Ursprung oder ihren Platz in der Empfindung haben. Dabei können solche Inhalte einer höheren Stufe nicht aus einer niedrigeren, wo die Empfindungen angesiedelt sind, erklärt werden, erstere werden lediglich aus methodischen Gründen bei der Analyse der Empfindungen vorweggenommen. Religion, Sitte und Recht verbinden sich zwar mit Empfindungen oder Gefühlen, haben aber als Momente des „absoluten“ (Hegel) und des „objektiven“ Geistes (ders.) eben nicht ihre Wurzel und ihre ursprüngliche Stelle in den Empfindungen der einzelnen „natürlichen Seele“ (ders.).
3. Der Begriff des Geistes
3.1 Geist und Natur
Der Geist hat für uns, so Hegel, die Natur zu seiner Voraussetzung, er sei aber ihre Wahrheit und damit ihr absolut Erstes.51 Für uns, jedenfalls für unser sinnliches Bewusstsein52, ist die Natur allerdings das Unmittelbare und Erste. Doch für das philosophische Bewusstsein ist der Geist die “Wahrheit“ der Natur und damit ihr “absolut Erstes“ (ders.).53 Es ist die Naturphilosophie, die die Natur als eine der Welt des Geistes völlig andere, extrem entgegen gesetzte Welt setzt, und zugleich ihre Aufgabe darin sieht, die beiden von ihr selbst als einander äußerst gegensätzlich gesetzten Sphären wieder zu einem Ganzen zusammenzuführen. Das geschieht, indem sie die Natur, so wie sie in den diversen modernen Naturwissenschaften gedacht wird und deren Ergebnisse sie aufnimmt und zugleich aufhebt, als eine auf den Geist hin angelegte Welt interpretiert. 54 Für Hegel hat die Welt des Geistes gegenüber der Welt der Natur allerdings von vornherein den Vorrang; habe doch in der Natur das Spiel der Formen nicht nur seine zügellose Zufälligkeit, sondern entbehre doch jede Gestalt des Begriffs ihrer selbst. Das Höchste, zu dem es die Natur bringe, sei das Leben, aber als nur natürliche Idee sei dieses der Unvernunft der Äußerlichkeit hingegeben. Die geistigen Formen enthielten demgegenüber eine höhere Lebendigkeit und seien damit des Geistes würdiger als die natürlichen Formen. Menschliche Taten und Begebenheiten seien gegenüber Sonne, Mond, Tieren, Pflanzen usw. den Vorzug zu geben, wenn auch die Idee an sich göttlich sei.55 Der Geist sei also, so Hegel, die Wahrheit der Natur, und in dieser Wahrheit sei die Natur verschwunden, und der Geist habe sich als die zu ihrem Fürsichsein gelangte Idee ergeben.56 Das Objekt wie auch das Subjekt der Idee sei der Begriff57. Nach Hegel sind also in der Idee des Geistes bis zu deren Schwelle die Naturphilosophie die Natur herangeführt hat, Subjekt und Objekt identisch, d. h. das Subjekt als erkennender Geist steht nicht mehr einem Anderen, einem ihm fremden, nicht-geistigen Objekt gegenüber, wie im Fall der Natur, sondern einzig und allein sich selbst. Jene Identität, in der Subjekt und Objekt gleichermaßen der Begriff ist, sei, wie Hegel fortfährt, eine “absolute Negativität“ (mit Bezug auf die Natur, d. V.), weil in der Natur der Begriff seine vollkommen äußerliche Objektivität habe.58 Anders als die Welt des Geistes, in der der Begriff im menschlichen Handeln wirksam ist, sich manifestiert und sich selbst erkennt, steht also die Welt der Natur dem begreifenden Subjekt zunächst als eine ihm vollkommen “begriffs-“ und “geistlose“, ja geradezu als eine “sinnwidrige“ Sphäre gegenüber. Diese muss aber nach Hegel nichtsdestoweniger als die Entäußerung des einen Geistes begriffen werden. Es ist eben der (moderne wissenschaftliche) Geist selbst, der die Natur als seine äußerste Entäußerung setzt, um sodann diese seine Setzung in der Form der (modernen) naturphilosophischen Theorie, aufbauend auf den Erkenntnissen der empirischen und theoretischen Naturwissenschaften, schrittweise wieder aufzuheben.59 Jene Identität, in der Subjekt und Objekt der Begriff ist, der Geist sich also als eine gegenüber der Natur eigenständige