VIRUS KILLER. Werner Sonne
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Conrad antwortete nicht, aber er war beeindruckt, wie gut sich dieser Miller in seinem Leben auskannte.
„Herr Conrad, geben Sie sich Mühe, seien Sie kreativ. Hier ist meine Karte. Sie können mich jederzeit anrufen. Wir zählen auf Sie.“
Miller legte einen Zwanzig-Euro-Schein auf den Tisch und stand auf.
„Wir zählen auf Sie“, wiederholte er. Dann wandte er sich dem Ausgang zu.
Kapitel 4
London
Seinen Whiskey trank er ohne Eis. Zu oft war er draußen gewesen, in Gegenden, in denen es nicht einfach so Eis gab wie hier im Kühlschrank in seinem Apartment in London. Auf dem Papier sah seine Karriere beeindruckend aus. 26 Jahre bei der CIA; Afghanistan, Irak, Pakistan, Moskau, Venezuela und Berlin.
Und dabei benutzte er viele Namen: Joe Miller, wie im Augenblick. Oder Carlos Ramirez oder welcher Name gerade zu einer Operation passte. Sie standen in einem seiner vielen Pässe. In Wirklichkeit hieß er Matthew Snyder und stammte aus einem verdammten Kaff in Montana, dem großen, weiten, über weite Strecken fast menschenleeren Bundesstaat, hoch oben an der kanadischen Grenze. Dort war er auf einer Farm aufgewachsen. Und das war der eigentliche Grund, warum er sich von der CIA hatte anheuern lassen, nachdem er den Militärdienst abgeleistet hatte, damals im ersten Irakkrieg. Er wollte einfach nur raus. Raus aus diesem Kaff, raus aus den Kuhställen, raus in die Welt. Und obwohl er aus der Provinz kam, hatte der kleine Matthew ein Talent. Er konnte Sprachen lernen, scheinbar mühelos. Die seiner Mutter sowieso. Sie war als junge Frau aus Bayern seinem Vater, einem GI, nach Montana gefolgt. Von ihr hatte er wohl dieses Talent und eben auch seine guten Deutschkenntnisse. Aber er lernte sogar Spanisch, Russisch und natürlich Arabisch. Es lief gut, bis die Sache im Irak passierte, die drei seiner CIA-Kollegen das Leben kostete. Es war ein Hinterhalt, eine iranische Miliz hatte die Bombe gelegt. Die anschließende Untersuchung deckte einen Hinweis auf, dem man hätte nachgehen müssen. Er war der Vorgesetzte und man gab ihm die Schuld. Dann war es vorbei.
Es war die Zeit, als es ihm egal war, ob der Whiskey mit oder ohne Eis kam. Hauptsache es gab eine Flasche, die ziemlich schnell leer wurde. Bis zum schweren Alkoholiker schaffte er es nicht, das war sein Glück. Denn bald kam der Anruf von der Firma Security International. Anfangs zögerte er, denn natürlich kannte er das Geschäftsmodell: Die Aufträge kamen aus der ganzen Welt, grenzübergreifend, und sie wurden ausgeführt – solange der Preis stimmte. Doch er traf so viele, die er noch persönlich kannte. Alle aus dem Sicherheitsgewerbe: Ex-Geheimagenten, Kommandosoldaten, Drogenfahnder und jetzt, nach dem Ende im Dienst einer Regierung, waren sie alle auf der Suche nach einem Arbeitgeber, der wieder eine Perspektive bot. Also unterschrieb er und wurde einer von ihnen. Tauchte ein in eine Schattenwelt, eine internationale Mischung aus Söldnern und Glücksrittern, die, straff organisiert, ihre ganz eigenen Gesetze hatte und die übrigen Gesetze fast nach Belieben ignorierte.
Auch bei Security International machte er schnell Karriere. Und jetzt hatte er den Etat für eine der großen Operationen. 20 Millionen Dollar von einem Kunden aus Asien. Eine davon würde am Ende ihm gehören. Allerdings nur, wenn er lieferte. Mehr wusste er nicht, aber Miller hatte eigentlich keinen Zweifel, wer tatsächlich dahinterstand. Die Fingerabdrücke, die es überall gab, zeigten in die gleiche Richtung: Peking. Das Ziel war NEWTEC und er sollte es umsetzen, koste es, was es wolle. Es ging nicht um Millionen, es ging um Milliarden.
Als es an der Tür klingelte, zog er, wie aus alter Gewohnheit, seine Glock aus der Schublade der Kommode im Flur, steckte sie aber wieder ein, als er das Gesicht von Fred im Türspion erkannte. Fred war Engländer, lange beim SAS, der britischen Kommandoeinheit. Nordirland – ganz früher -, dann Irak, dann Afghanistan. Das Übliche. Mittlerweile war er zu alt. Er war der zweite Mann in der NEWTEC-Operation.
„Wie läuft´s?“, fragte Fred, nachdem Miller ihm ein Glas Whiskey hingestellt hatte.
„Naja, sind noch am Anfang. Hab mit diesem Conrad gesprochen. Im Augenblick sieht er noch mehr Probleme als Lösungen. Die Deutschen haben ziemlich strikte Gesetze, was Firmenübernahmen angeht. Der gleiche Trend wie in den USA. Alle sind jetzt aufgewacht, alle sehen den Feind im Osten, der alles aufkauft, sich alles besorgt: Knowhow, Rohstoffe, Firmen. Und seit dem Virus sind sie erst richtig paranoid“, setzte Miller zu einer Erklärung an. „Alle haben es jetzt begriffen: Gesundheit ist die neue Goldmine.“
„Können wir irgendwas tun, um ihm auf die Sprünge zu helfen?“, fragte Fred.
„Noch zu früh, er soll sich erstmal sammeln. Geben wir ihm ein paar Tage Zeit. Aber dran bleiben müssen wir schon. Es eilt - ziemlich. Wenn eine andere Firma schneller ist, dann ist die Show vorbei. Und was Conrad angeht, ist ziemlich klar: Er braucht die Kohle, und zwar ganz dringend. Er hat da was mit dieser Ukrainerin am Laufen, immer dieselbe. Eine Hure, aber anscheinend kann er nicht von der lassen. Teuer Spaß, denke ich. Aber vielleicht bringt die ihn auf Trab.“
Auch Miller nahm einen Schluck aus dem Whiskeyglas.
„Wir müssen ihn jedenfalls im Blick behalten, schon, damit er nicht auf dumme Gedanken kommt und eine eigene Show daraus macht. Hans soll sich weiter darum kümmern.“
„Wird gemacht“, sagte Fred. „Ich werde ihn weiter auf Conrad ansetzen. Er hat ja schon gute Vorarbeit geleistet.“
„Ja, hat er“, nickte Miller, „gutes Foto von Conrad und Friedrich auf dem Golfplatz. Conrad war ziemlich beeindruckt, als ich es ihm gezeigt habe. Wo hast du den aufgegabelt?“
„Hans kenne ich noch aus Afghanistan. Vom deutschen Kommando Spezialkräfte KSK, ist ein cleverer Bursche, hat aber gelegentlich mit den alten Schatten zu kämpfen. Einmal schwer verwundet bei Kunduz, sein Kumpel hat es nicht mehr geschafft.“
Fred machte eine Pause.
„Hans hatte noch die Kraft, auf den Taliban zu schießen und hat ihn voll erwischt, als er mit einem Auto abhauen wollte. Der war hin, aber leider auch seine Frau und zwei kleine Kinder, die mit in dem Auto saßen.“
Miller schaute skeptisch. Schon wieder einer, den es aus der Bahn geworfen hatte. Die Geschichte kam ihm allzu bekannt vor.
„Ist aber ein zuverlässiger Typ“, beruhigte Fred. „Und natürlich genau der Richtige für einen Einsatz in Deutschland.“
Kapitel 5
Frankfurt
Sie waren verabredet, aber bisher war sie nicht gekommen. Ihr zweites Treffen in dieser Woche. Jetzt war Ewa schon über eine Stunde überfällig. Er spürte dieses Gefühl, das ihn schon seit Wochen quälte. Wo war sie? Was machte sie? Warum ließ sie ihn warten?
War ein anderer gerade wichtiger als er? Sein Verstand meldete sich, machte ihm wieder einmal klar, welcher Beschäftigung sie nachging. Er schob seine Gedanken beiseite und doch war es offensichtlich, was er wirklich spürte und nicht länger verdrängen konnte: Er war eifersüchtig auf all die Unbekannten, die sie bediente. Und diese Eifersucht nahm zu, war kaum noch zu bändigen. Sie gehörte doch ihm, ihm, ihm. Es musste einen Weg geben, sie aus diesem Gewerbe zu erlösen, es ihr endlich zu ersparen, auf diese Weise Geld verdienen zu müssen. Conrad fühlte sich schuldig. Es lag doch an ihm, dass er ihr kein richtiges Zuhause bieten konnte, kein standesgemäßes Leben an seiner Seite, so wie er es mit Ingrid gelebt hatte.
Wie immer hatte er die 500 Euro in den Briefumschlag