VIRUS KILLER. Werner Sonne

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VIRUS KILLER - Werner Sonne

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      „Eine E-Mail vom Arbeitgeberverband. Sie wollen nächste Woche ihre verschobene Jahreshauptversammlung nachholen. Und sie würden sich sehr freuen, wenn Sie dort ein Grußwort sprechen würden.“

      Begierig griff Bergner nach der Einladung und studierte sie sorgfältig.

      „Selbstverständlich, Winter, das machen wir. Aber kein kurzes Grußwort. Ich halte den Hauptvortrag. Wenn nicht der Bundeswirtschaftsminister, wer denn sonst? Und der Titel ist doch klar: Unser Weg aus der Krise.“

      „Gute Idee“, stimmte ihm Winter eilfertig zu. „Aufschwung hat auch immer etwas mit Psychologie zu tun. Positiv denken und so. Das ist dann schon die halbe Miete.“

      „Richtig, Winter, völlig richtig. Setzen Sie für heute Nachmittag einen Termin mit Schneider und Kornelius an. Unsere ach so begnadeten Redenschreiber sind doch sozusagen der personifizierte Optimismus. Dann werden wir das Konzept besprechen. Sie sollen vor allem das Anspringen der Exporte herausstellen und wie unsere Maßnahmen zum Schutz der Arbeitsplätze beigetragen haben. Und natürlich zum Überleben der Wirtschaft überhaupt. Und unsere tiefe Dankbarkeit für die besonnene Haltung der Arbeitgeber und so weiter, und so weiter. Eben das ganze Programm, volle Breitseite. Ich will den ersten Entwurf morgen früh auf meinem Schreibtisch sehen.“

      „Wird gemacht Herr Minister, wird gemacht“, sagte Winter. „Ich werde es dem Arbeitgeberverband gleich mitteilen.“

      „Und noch eins, Winter“, fügte Bergner hinzu. „Sie sollen das mit der Pressestelle koordinieren. Die sollen vor allem das Fernsehen einladen. Und sorgen Sie dafür, dass die Nachrichtenagenturen den vollen Text der Rede vorab bekommen.“

      Als Winter gegangen war, lehnte sich Bergner in seinem Schreibtischsessel zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Das lief gut, verdammt gut. Viel, viel besser, als er sich das hätte vorstellen können.

      Dann griff er sich den Zeitungsstapel, den seine Sekretärin auf seinem Schreibtisch deponiert hatte. Schnell überflog er die Überschriften und suchte sich die Artikel heraus, die sich mittlerweile wieder mit der Frage beschäftigten, wer denn die Nachfolge im Kanzleramt antreten solle. In der Krise schien das untergegangen zu sein, doch jetzt heizte sich das Thema wieder auf.

      Hans-Peter Mertens hatte von der Krise profitiert. Der Gesundheitsminister lag nun gut im Rennen. Seine Umfragewerte zeigten eindeutig nach oben. Und er hatte ja schon vor der Krise seinen Anspruch auf das hohe Amt angemeldet. Immerhin hatte er einen unbestreitbaren Vorteil: Er war der Günstling der Kanzlerin, ihr Favorit. Und da war noch Edgar Reiter, der Ministerpräsident, der mit markigen Sprüchen auf sich aufmerksam gemacht hatte und nun plötzlich als potenter Mitbewerber galt. Bergner kannte ihn noch aus der gemeinsamen Arbeit in der Jugendorganisation der Partei. Das alte Schlitzohr, dachte er. Ein Profi durch und durch. Selbstverständlich würde er erst einmal kein Wort über eine Kandidatur verlieren. Erst das Land, erst das Ende der Krise, keine törichten Machtspiele, das war die Botschaft, die er regelmäßig aussendete. Aber Bergner kannte ihn. Ein untrügliches Zeichen war, dass er in den letzten Wochen immer häufiger in den Talkshows auftauchte. Etwaigen Fragen wich er geschickt aus, aber natürlich machte er niemals deutlich, dass er auf keinen Fall zur Verfügung stehen würde. Wenn es so weit war, dann würde Reiter zugreifen, da war sich Bergner sicher. Aber er kannte ja Reiters verwundbare Stelle, war einer der ganz wenigen, die das dunkle Geheimnis aufdecken konnten. Und wenn es nötig werden würde, dann würde er das tun.

      Nachdem er die deutschen Zeitungen überflogen hatte, griff er zur New York Times. Seine Sekretärin hatte einen Artikel mit dem Rotstift angestrichen. „Germany´s new Wirtschaftswunder“ lautete die Überschrift von Judith Johnson, der Berliner Korrespondentin. Er kannte sie. Sie hatte in Harvard Volkswirtschaft studiert und war dann im Journalismus gelandet. Ihr Wort hatte in der internationalen Wirtschafts- und Finanzwelt Gewicht. Aufmerksam las er den Artikel. Den vierten Absatz hatte seine Sekretärin rot umrandet. Dort stand zu lesen, der deutsche Wirtschaftsminister Julius Bergner habe einen wichtigen Anteil am deutschen Aufschwung. Er habe gewiss das Zeug, das Land auch an anderer Stelle zu führen.

      Bergner spürte, wie das Adrenalin in ihm anstieg, seinen Körper durchströmte. Konnte die Frau Gedanken lesen? Verdammt, das war es. Eine unabhängige, glaubwürdige Stimme von außen, die das aussprach, was er selber dachte. Das musste man nutzen.

      Er griff zu seinem Smartphone und öffnete die Twitter-App. Darin war er seit langer Zeit ein Meister, kein Tag ohne einen Eintrag von ihm. „Unser Land ist wieder auf dem Weg nach oben“, schrieb er. „Danke an alle! Und das sieht auch die New York Times so. Interessanter Artikel über unseren Aufschwung. Lesenswert!“ Er drückte auf Senden. Wenige Augenblicke später sah er die ersten Reaktionen, mehrere Likes tauchten auf.

      Bei den Arbeitgebern würde er die Bombe platzen lassen. Das war die richtige Gelegenheit. Er war fest entschlossen, jetzt war endlich der richtige Zeitpunkt gekommen.

      Er war wieder in den Wirtschaftsteil der New York Times vertieft, der sich vor allem mit der Lage Chinas beschäftigte, als Winter erneut auftauchte. Er legte einen Aktendeckel auf Bergners Tischplatte. Bergner schlug ihn auf und sah den Geheimstempel.

      „Die neueste BND-Meldung. Sie sehen weiter Bewegungen beim Thema feindliche Übernahme von NEWTEC. Irgendwer dreht da an dieser Schraube, aber sie wissen immer noch nicht, wer dahintersteckt“, sagte Winter.

      Verdammt, dachte Bergner, das würde er gerade jetzt nicht gebrauchen können. Oder vielleicht doch? Das war doch auch eine Chance, Tatkraft zu beweisen. Nur wie?

       Kapitel 7

       Frankfurt

      Er hatte schlecht geschlafen, sich dann einen starken Kaffee gemacht und saß, unrasiert und in einem verknitterten T-Shirt, am Tisch und versuchte, sich zu konzentrieren. An der Wand gegenüber hing ein großer, rechteckiger Spiegel, der den Raum größer erscheinen ließ, als er war. Peter Conrad betrachtete sich selbst, einen 57-jährigen Mann mit einem starken Bauchansatz, einer Haarlinie, die schon deutlich zurückging und in der die Farbe Grau obendrein dominierte. Dazu trug er eine mittelstarke Brille. Das, so musste er sich eingestehen, war hier und heute die Realität. Das war der Mann, der mit Ewa sein Leben verbringen wollte. 25 Jahre Altersunterschied. Ingrid hatte es ihm bei einer ihrer immer häufiger auftretenden Auseinandersetzungen einmal ins Gesicht gesagt: Wenn du glaubst, du kannst bei einer Jüngeren landen, dann schau doch mal in den Spiegel. Viel Erfolg dabei.

      Genau das tat er gerade. Er schaute, wenn auch widerwillig, in den Spiegel. Er wusste, dass die Stunde der Wahrheit in dem Augenblick gekommen war, als er sie in dieser Nacht eingeweiht hatte. Nachdem er mit Ewa gesprochen hatte, gab es kein Zurück mehr. Er hatte es endlich ausgesprochen, endlich den Mut gefunden, es ihr zu sagen: Die gemeinsame Zukunft, sie und er, er und sie. Und jetzt oder nie.

      Aber dazu brauchte er das Geld. Er musste einen Weg finden, wie er die Übernahme von NEWTEC arrangieren konnte. Das ging, nur so viel war klar, nicht ohne Kurt Friedrich. Alles Weitere musste man dann sehen. Er nahm sein Smartphone und suchte unter den Kontakten nach der Nummer. Gerade war er dabei, den Knopf zu drücken, der den Wahlvorgang auslösen würde, als er das Geräusch an der Tür hörte. Überrascht blickte er auf. Ewa stand in der Tür, den Schlüssel noch in der Hand. Sie war, wie so oft, noch spät in der Nacht verschwunden und es war noch nie vorgekommen, dass sie am nächsten Morgen so früh zurückkehrte. Doch jetzt stand sie da, eine Tüte Brötchen in der Hand. Sie trug enge Jeans und einen schwarzen Hoodie, ihre blonden Haare lugten unter einem schwarzen Basecap hervor und ihre Füße steckten in modischen Sneakern. Ihr Makeup, sonst eher aufdringlich, war dezent. Sie ging auf ihn zu und hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn.

      „Ich habe uns

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