VIRUS KILLER. Werner Sonne
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Er nutzte die Zeit, um seine Notizbücher mit den alten Kontakten durchzugehen, Telefongespräche mit Geschäftspartnern von früher, mehrere davon aus dem Ausland, zu führen, Aktienkurse zu studieren und sich mit dem Kleingedruckten in Gesetzestexten zu beschäftigen. Besonders zwei Dinge beschäftigten ihn bei seinen Recherchen: die Wertsteigerung biotechnischer Konzerne und die strengen Vorgaben des Außenwirtschaftsgesetzes. Völlig legal würde das Geschäft nicht über die Bühne gehen, das war offensichtlich. Aber es war seit Jahren eben auch nichts Neues für ihn. Immer wieder hatte er Mittel und Wege gefunden, große Deals abzuwickeln und dabei Methoden zu nutzen, die an den Gesetzen vorbei zu Ergebnissen führten; mit kreativen Lösungen, wie er das nannte. Es kam schließlich auf die Details an, darauf welche Gesetze im Einzelfall galten. Und die fielen in unterschiedlichen Ländern eben auch sehr unterschiedlich aus. Was hier illegal war, war in Panama ein intensiv genutztes Geschäftsmodell.
Dreimal hatte sich Joe Miller mit einer SMS gemeldet, immer die gleiche Frage: Schon Neuigkeiten? Er hatte nur zurückgeschrieben: Noch nicht, aber ich arbeite daran. Melde mich.
Conrad hatte sein morgendliches Ritual umgestellt, duschte lange, rasierte sich sorgfältig und zog sich dann so an, dass er es für das halten konnte, was man in seinen Kreisen smart casual nannte, lässig gepflegt. Er hatte seine Kalorienzufuhr reduziert und hoffte darauf, dass sein Bauchansatz langsam, aber sicher verschwinden würde, was sich bisher aber als vergeblich herausstellte. Er hatte vor zwei Jahren das Rauchen eingestellt und danach zehn Kilo zugenommen, die er nicht mehr loswurde. Er holte ein weißes Hemd aus dem Schrank und zog es über, ganz so, als wollte er in die Bank gehen. Ewa hatte bisher die Nachrichten auf ihrem Smartphone gelesen und schien auf ihre WhatsApp-Anfragen zu antworten. Conrad gab sich keinen Illusionen hin, was das bedeutete, blieb aber bei seiner Linie, darauf nicht einzugehen. Jetzt, die Kaffeetasse in der Hand, blickte sie zu ihm herüber.
„Hast du schon mit ihm Kontakt aufgenommen?“, fragte sie.
„Nein, noch nicht. Ich musste mir erst etwas überlegen“, antwortete er. Conrad glaubte Ungeduld in ihren Augen zu erkennen. Er ging zum Bett herüber und küsste sie auf die Stirn.
„Ich werde ihn gleich anrufen“, sagte er leise und griff nach ihrer Hand. Er hielt sie fest und sie ließ es geschehen, wandte sich aber nach einer Weile wieder ihrem Smartphone zu. Beiläufig, den Blick weiter auf den kleinen Bildschirm gerichtet, sagte sie:
„Ich habe es dir ja schon gesagt: wenn ich irgendwas tun kann…“
Es war das Letzte, was er wollte, aber er beschloss, kein Thema daraus zu machen, das vielleicht zum Streit führen konnte. Er musste eine Lösung finden. Das war seine Aufgabe und die würde er erfüllen.
Ewa war aus dem Bad gekommen, in ein enges schwarzes Kleid geschlüpft und hatte ein Paar hochhackiger Schuhe angezogen. Sie küsste ihn flüchtig auf die Wange, nahm ihre Dior-Tasche und steckte den Schlüssel ein.
„Bis später“, sagte sie nur, dann verschwand sie.
Es quälte ihn jeden Tag aufs Neue, und das wurde ihm immer schmerzlicher bewusst, seitdem sie bei ihm wohnte. Andererseits empfand er ihre Anwesenheit als das größte Geschenk, als das Signal, auf das er so lange gehofft hatte: Sie hatte sich für ihn entschieden, sie gehörten zusammen. Sie wollte dieses schwierige Problem mit ihm durchstehen, sich sogar für ihn einsetzen, auch wenn er das von ihr vorgeschlagene Mittel auf keinen Fall zulassen konnte. Musste er ihr nicht ausdrücklich dankbar sein? Heute kam es ihm zumindest nicht ungelegen, dass sie nicht da war. So konnte er diesen Anruf in Ruhe hinter sich bringen.
„Ach Sie“, reagierte Kurt Friedrich, als er Conrads Stimme erkannte. „Das nenn ich eine Überraschung. Mit Ihnen habe ich nun wirklich nicht gerechnet.“
„Das kann ich gut verstehen, Herr Friedrich“, nahm Conrad den Ball an seinem Handy auf. „Wie Sie vermutlich in der Zeitung gelesen haben, bin ich geschäftlich gerade etwas indisponiert, wenn Sie verstehen, was ich meine.“
„In der Tat“, antwortete Friedrich, „aber so ist es nun mal. Ich stehe hier in Kronberg auf dem Golfplatz am fünften Loch. Es regnet, aber da muss man durch. Um es kurz zu machen: Was kann ich für Sie tun?“
„Das trifft sich gut, Herr Friedrich. Genau darum geht es. Ich wollte Ihnen gerade vorschlagen, ob wir uns mal wieder zum Golfspielen treffen könnten? Sozusagen wie in alten Zeiten. Ich hätte da eine Idee, und die würde ich sehr gerne mit Ihnen besprechen.“
Conrad merkte, wie Friedrich zögerte. Er konnte es ihm nicht verübeln. Wer hatte im Augenblick noch Lust, sich mit einem wie ihm zu treffen. Jemandem der doch aus der Umlaufbahn dieser Welt der Hochfinanz geschleudert worden war, der jetzt ein Außenseiter war, der schlechte Nachrichten bedeutete?
„Na ja, meinetwegen“, hörte er Friedrich sagen. „Mein Partner hat sich zufällig für die morgige Runde krankgemeldet. Also abgemacht, morgen früh um zehn. Volle Runde, natürlich. 18 Loch. Sonst lohnt es sich ja nicht. Und Conrad: Es regnet in Strömen. Bringen Sie gutes Wetter mit.“
Conrad legte auf und atmete tief durch. Dann tippte er eine SMS in sein Smartphone. „Treffen morgen früh.“ Er drückte auf Senden. 30 Sekunden später kam die Antwort. Joe Miller schickte ein Emoji, ein grinsendes Gesicht.
Kapitel 10
Kronberg/Taunus
Das Tief Oskar hatte sich über Westdeutschland festgesetzt. Es regnete und regnete, nur gelegentlich klarte es auf. Peter Conrad war beunruhigt. Würde Friedrich unter diesen Umständen wirklich kommen?
Als er bei dem Kronberger Golf- und Land-Club ankam, sah er Friedrichs Jaguar bereits auf dem Parkplatz stehen. Er hievte den Sack mit den Schlägern aus dem Kofferraum seines VW, stellte ihn auf den Trolley und ging los. Nicht, dass er viel von Golf verstand. Er konnte gerade so mithalten und wurde mit seinem Handicap von 35 von den meisten Mitspielern eher bemitleidet. Für ihn war Golf immer nur Mittel zum Zweck: Verbindungen knüpfen, sie erhalten, Gespräche führen. Deshalb war er schon seit Jahren Mitglied in diesem Prestige-Club vor den Toren der Finanzmetropole Frankfurt. Friedrich dagegen war dem Spiel verfallen, nahm es ernst und ließ keine Gelegenheit aus.
Kurt Friedrich wartete schon beim Abschlag auf ihn. Er trug eine wasserdichte Jacke und eine dunkle Schirmkappe. Er hatte bereits einen Schläger in der Hand. Conrad hoffte darauf, dass Friedrich ein Einsehen haben und sich mit einer Neun-Loch-Runde zufriedengeben würde. Aber gerade in diesem Augenblick klarte es auf und Friedrich grinste:
„Volle Runde, so wie verabredet. Ready Golf, spielen statt warten.“ Und trotz seines Handicaps von 14, das ihm die Ehre einräumte, als erster schlagen zu dürfen, fügte er gönnerhaft hinzu: „Sie fangen an.“
Ergeben zog Conrad seinen Schläger, einen Driver, holte nervös und unkonzentriert aus und verfehlte den geteeten Ball, traf aber nicht gleich. Friedrich ließ den Luftschlag als Probeschlag gelten. Conrad riss sich zusammen, teete erneut auf und schlug ab. Der Ball landete nach 100 Metern. In dem Moment starben die letzten Hoffnungen auf ein schnelles Spiel. Es würde dreieinhalb Stunden dauern, mindestens, und am Ende wäre er klatschnass. Der Platz galt als anspruchsvoll, enge Fairways mit Gebüsch und Bäumen an den Seiten. Das Terrain erforderte möglichst präzise und gerade Schläge. Bald kam er trotz des nassen Wetters ins Schwitzen. Aber er brauchte das Gespräch mit