Der Regisseur. Mein Buch, dein Tod.. Sarah Markowski
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„Helena alleine gehen zu lassen kommt nicht in Frage. Allerdings fällt mir gerade auch keine andere Option ein.“
Plötzlich kommt Leben in den ältesten der Gruppe. Ehe sie sich versehen kann, wird Helena zur Seite gestoßen. Unsanft stößt sie sich den Ellenbogen, und landet dann zwischen Wand und Stühlen auf dem Boden. Manni zieht den Kopf ein und schwingt ächzend ein Bein nach dem anderen in den Aufzug.
„Manni!“
Oliver stürzt zum Lift. Helena hört nur seinen Schrei.
„Ich gehe.“
„Kommt gar nicht in Frage!“
Vom Boden aus muss sie zusehen, wie er vergeblich versucht, den schweren Mann aus dem Aufzug zu ziehen.
„Pass‘ gut auf die anderen auf!“
Mannis Worte klingen gedämpft hinter den geschlossenen Türen hervor. Mit einem Zischen setzt sich der Aufzug in Bewegung. Durch die Wand spürt Helena an ihrem Rücken ein leichtes Beben. Dann ist alles ruhig.
Samstag, 29.06.2019, 21: 18 Uhr
- Helena -
Helena hat Gänsehaut. Noch immer sitzt sie auf dem kalten Fußboden, mit dem Rücken an die Wand gelehnt und die Beine fest umschlungen. Sie zittert am ganzen Körper.
Ist das gerade wirklich passiert?
Sie wagt einen Blick nach oben, schaut sich im Raum um und stellt enttäuscht fest, dass sie nicht geträumt hat. Manni ist weg. Und mit ihm jeglicher Optimismus, der die Gruppe in dieser schwierigen Situation noch zusammengehalten hat.
„Scheiße!“
Manchmal hilft Fluchen, doch dieses Mal nicht; dieses Mal ist es nur ein Ausdruck der Realität. Helena verschränkt die zitternden Arme vor der Brust und schließt die Augen. Sie spürt, wie das Blut durch ihre Adern fließt, wie es pocht und wie ihr Herz pumpt, als wäre sie gerade einen Marathon gelaufen. Es schlägt so schnell und stark, dass es weh tut. Helena friert und schwitzt zur selben Zeit.
Was passiert jetzt? Was passiert mit Manni?
Helenas Gedanken fahren Karussell. Auf einmal überrennen sie die Schuldgefühle.
„Ich hätte gehen sollen, nicht er.“
„Niemand hätte gehen sollen.“
Helena erschrickt. Anscheinend hat sie den Gedanken gerade unbewusst laut ausgesprochen.
„Aber-“
„Kein aber, Helena.“
Oliver schüttelt den Kopf und kniet sich zu ihr auf den Boden. „Manni wollte gehen, er hat es selbst entschieden und sich nicht aufhalten lassen.“
„Aber…“
Ein Blick reicht aus, um sie verstummen zu lassen.
„Es ist passiert, wir können es nicht mehr rückgängig machen. Wenn sich jetzt irgendjemand von uns die Schuld dafür gibt, ändert das auch nichts an der Situation.“
Aber ich trage die Schuld, schreit eine Stimme in Helena, doch sie sagt nichts.
„Wir müssen abwarten, wie es weitergeht.“
Olivers Stimme wird brüchig und er räuspert sich. „Ich weiß, es ist schwer, und ich will verdammt noch mal auch wissen, was nun mit Manni passiert, aber wir dürfen hier drinnen nicht verrückt werden. Jetzt die Nerven zu verlieren wäre das Schlimmste, was uns passieren könnte! Wir müssen stark bleiben, hast du das verstanden? Habt ihr das verstanden?“
Helena weicht seinem Blick aus, doch er lässt sie nicht in Ruhe.
„Ob du das verstanden hast, habe ich gefragt.“
Sie nickt, denn er hat recht. Wer hier drinnen die Nerven verliert, ist geliefert. Und die anderen gleich mit.
Sonntag, 30.06.2019, 08: 44 Uhr
- Helena -
Helena liegt in ihrem Bett und starrt an die Decke. Es ist stockdunkel im Raum und ihre Augen brennen vor Müdigkeit. Sie hat die ganze Nacht wachgelegen und nachgedacht; über Manni, über Oliver, über Julius und Sabrina, über ein weiches Kopfkissen, ein schönes großes Glas gekühltes Sprudelwasser, und über alles Mögliche, was sie sonst noch so vom Schlafen abgehalten hat. Schlagartig wird es hell, gleichzeitig dringt ein ohrenbetäubendes Pfeifen aus dem Lautsprecher an der Decke.
Viertel vor neun, denkt Helena und ein Blick auf die Uhr bestätigt diesen Gedanken. Wie jeden Morgen.
Sie schlägt die Decke zur Seite und quält sich aus dem Bett. Sie fühlt sich wie gerädert. Heute verzichtet sie auf das „Guten Morgen“, denn dass der Tag sowieso nicht gut werden kann, lässt sich nicht bestreiten. Die Stimmung ist auf dem Tiefpunkt und die Ungewissheit kaum auszuhalten. Kaum hat sie ein paar Worte mit den anderen gewechselt, ertönt auch schon das Surren des Speiseaufzuges. Vier Augenpaare sind hoffnungsvoll auf die noch geschlossenen Türen gerichtet. Julius ist der erste, der auf das Pling reagiert.
„Nur das Frühstück, sonst nichts“, sagt er zur Enttäuschung aller. Die Spannung fällt von Hundert auf Null und die Stimmung erreicht einen Zustand, der noch tiefer als der Tiefpunkt ist.
„Wirklich? Schau noch mal genauer hin.“
„Da ist nichts.“
„Bist du dir sicher?“
„Ja!“
Julius wird allmählich sauer. „Schau doch selbst, wenn du mir nicht glaubst.“
Das macht Oliver tatsächlich. Doch auch der kleine Funke Hoffnung, der kurz noch einmal aufkeimte, erlischt sofort wieder als Oliver traurig den Kopf schüttelt.
„Nichts.“
„Sag‘ ich doch“, entgegnet Julius patzig. Er hebt die Cloche von seinem Teller und drückt mit dem Zeigefinger auf das Körnerbrötchen, das darunter liegt. „Frisch aufgebacken, lecker.“
Helena dreht sich der Magen um. Alleine der Gedanke an etwas zu essen verursacht Übelkeit in ihr, da kann das Brötchen noch so frisch aufgebacken und das Ei noch so weichgekocht sein.
„Probier‘ doch mal, schmeckt wirklich gut.“
Julius zeigt auf die silbrig glänzende Cloche auf ihrem Tablett. Er selbst hat die erste Brötchenhälfte bereits verschlungen und leckt sich genüsslich die Erdbeermarmelade von den Fingern. Helena lehnt dankend ab, setzt sich aus Höflichkeit aber zu den anderen an den Tisch, obwohl sie der Unterhaltung kaum folgen kann. Ihre Gedanken driften immer wieder ab.
Wie es Manni wohl geht?
„Möchtest du das echt nicht essen?“
„Nein,