Verfluchtes Taunusblut. Osvin Nöller

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Verfluchtes Taunusblut - Osvin Nöller

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blinzelte auf den Wecker neben dem Wasserbett. 11:23 Uhr. Er hatte knapp sechs Stunden geschlafen.

      Sah man von regelmäßigen Frauenbesuchen ab, lebte er allein. Ihm war bewusst, dass er den Ruf eines unverbesserlichen Playboys besaß, was ihn nicht störte. Er fand vielmehr, dass er das Leben genießen durfte. Vor ein paar Monaten hatte er den Masterabschluss in Wirtschaftswissenschaften erlangt, was vor allem seine Mutter erfreute.

      Sein Job in der BioGenüsse GmbH, den er seitdem ausübte, war weder für ihn noch das Unternehmen von Bedeutung. Er kam und ging, wann er wollte, was ihm immer wieder Ärger mit Björn einbrachte. Es war ihm völlig gleichgültig!

      Neben ihm regte sich etwas. Unter der Bettdecke kroch eine langbeinige Schönheit hervor.

      „Guten Morgen“, hauchte sie mit spitzen Lippen.

      Er überlegte, wie die zarte Person hieß, und glaubte sich an den Namen Laura zu erinnern. Vorsichtshalber vermied er die Anrede.

      „Hi, gut geschlafen?“ Sie hatten sich in der Nacht in einem Klub in Frankfurt, in dem er oft verkehrte, kennengelernt.

      „Zu kurz. Boah, ich spüre den Champagner!“ Das Mädchen verzog das Gesicht.

      „Ich hatte dir gesagt, dass du ihn allein trinken musst“, entgegnete er.

      „Keinen Alkohol und Nichtraucher!“ Sie schüttelte den Kopf. „Besitzt du noch mehr Fehler?“

      Er lachte. „Ich jogge regelmäßig und gehe ins Fitnessstudio!“

      „Das sehe ich. Du könntest der Siegfried aus dieser Sage sein!“, gurrte sie. Sie griff ihm ins Haar und wickelte sich eine Strähne um den Finger.

      Er rollte mit den Augen und löste sich von ihr. „Süße, komm in die Puschen, wir frühstücken und dann muss ich los.“

      „Das ist ja ein romantisches Ende unserer Nacht,“ quengelte sie und langte unter die Decke. „Ich glaube, da will jemand was anderes“, grinste sie.

      Er sprang aus dem Bett und eilte ins Badezimmer.

      Eine Stunde später verabschiedete er seine Verehrerin und versprach ihr, sie anzurufen, nur, um den Zettel mit ihrer Telefonnummer in den Papierkorb zu werfen, noch während sie in ein Taxi stieg.

      ***

      Langsam ging Christian Lautrup hinüber, um nach der Mutter zu schauen, was für ihn zur täglichen Gewohnheit geworden war.

      Renate öffnete die Tür. „Hallo, mein Junge, bist du nicht im Büro?“ Sie lächelte und musterte ihn. „Wie aus dem Ei gepellt!“

      „Guten Morgen, teuerste Freundin. Du kennst mich doch. Ich hoffe, es geht dir genauso blendend, wie du aussiehst!“ Er grinste. „Ich hab mir heute ausnahmsweise freigenommen.“ Er umarmte sie und gab ihr einen Schmatz auf die Stirn.

      „Du Charmeur! Das Theater kannst du dir für deine Weiber aufheben!“, empörte sie sich augenzwinkernd.

      Er schmunzelte und lief zur Bibliothek. Vorsichtig trat er ein. Barbara saß in ihrem Lieblingssessel und döste. Ihre wächserne Haut verriet ihm, dass sich der Gesundheitszustand weiter verschlechtert haben musste. Er räusperte sich leise, worauf sie die Augen aufschlug und ihn anlächelte.

      „Guten Morgen, mein Junge, warum bist du nicht im Büro?“ Sie ließ ihm keine Zeit zu antworten. „Du könntest dich mal wieder rasieren. Wie oft habe ich dir gesagt, dass dir das Gestrüpp nicht steht! Kleidung aus den teuersten Boutiquen und ein Gesicht wie ein Strauchdieb!“ Sie seufzte.

      Diese Begrüßung war mittlerweile zum Ritual geworden. Er strich über seinen Dreitagebart und setzte sich in den Sessel neben sie. „Hallo Mama, was gibt es Neues?“

      „Gut, dass du kommst“, klang es versöhnlicher. Sie holte tief Luft, zögerte kurz und teilte ihm ihren Entschluss, die Therapie abzubrechen, mit.

      Das durfte nicht sein! Er liebte sie von ganzem Herzen, obwohl ihm bewusst war, wie häufig er ihre Geduld strapazierte. Andererseits konnte sie sich auf ihn verlassen, wenn es darauf ankam. Ihre Worte hörte er einige Sekunden lang wie aus der Ferne, um sich dann wieder auf sie zu konzentrieren. Er wollte widersprechen, sie redete indes einfach weiter, bevor er einen Ton herausbekam.

      „Ich will nichts hören“, ließ sie keinen Kommentar zu. „Ich bin Herr meiner Sinne, basta!“

      Plötzlich wurde sie sanft. „Junge, wann beginnst du endlich, im Unternehmen Verantwortung zu tragen?“ Sie zögerte. „Du kannst von mir aus weiterhin Flausen im Kopf haben, solange es die Firma nicht stört!“ Sie zwinkerte ihm zu.

      Er atmete tief durch, denn er kannte die Ansprache bereits auswendig. „Es gibt da leider Björn, der …“

      Sie schnitt ihm das Wort ab. „Christian, ich spreche mit ihm! Ihr beide solltet kapieren, dass ich nicht mehr lange lebe und ihr zusammenarbeiten müsst! Ich möchte dies auf den Weg gebracht wissen, bevor ich gehe! Verstehst du das nicht?“

      „Du lebst noch ewig!“, erwiderte er kraftlos.

      „Quatsch! Es ist auch deine Verantwortung, auf Björn aufzupassen, damit er keinen Unfug anstellt.“ Sie erzählte ihm von der Expansionsidee und hielt mit ihrer Meinung dazu nicht hinter dem Berg.

      Was beabsichtigte sein Bruder? Vermutlich war das wieder einer seiner impulsiven Einfälle!

      Er seufzte. „Okay, ich versuche, mit ihm zu reden. Bin gespannt, wie er reagieren wird.“ Die kurze Nacht machte sich ein wenig bemerkbar, er stand auf. „Mama, ich fahre ins Büro.“ Er küsste sie zum Abschied.

      „Tu das! Vergiss nicht, was ich dir gesagt habe. Es ist mir wichtig!“ Er nickte, verließ das Zimmer und lief in die Wohnung, um ein Jackett und den Autoschlüssel zu holen.

      Mit dem roten Porsche benötigte er eine Viertelstunde nach Oberursel und stellte den Wagen auf den für ihn reservierten Parkplatz. Er wollte mit Björn sprechen, denn ihn interessierte die Expansionsidee.

      Der Gedanke daran ließ ihn die Müdigkeit und die Sorgen um die Mutter für eine Weile vergessen. Er freute sich darauf, dem Bruder auf den Zahn zu fühlen und ihn zu ärgern. Fast beschwingt betrat er das Hauptgebäude und grüßte den Mitarbeiter am Empfang.

      Im Vorbeigehen holte er sich in der Kantine im Erdgeschoss ein belegtes Brötchen, das er auf dem Weg in die Geschäftsleitungsräume, die sich in der dritten Etage befanden, aß. Im Gang begegnete ihm Heide Kranich. Die Angestellte war im Unternehmen als Assistentin der Geschäftsführung tätig. Er fand die Enddreißigerin sympathisch. Ihre langen, blonden Haare passten zu ihrer schlanken Figur und dem länglichen Gesicht. Sein Blick wurde magisch von zwei strahlend blauen Augen angezogen.

      „Hallo Heide, ist Björn im Büro?“ Die informelle Anrede gehörte über alle Hierarchiestufen hinweg zur Unternehmenskultur.

      „Nein, ist er nicht. Er besucht einen Kunden.“

      „Schade.“ Er blieb einen Moment unschlüssig stehen und schaute auf die Uhr.

      „Es ist prima, dass ich dich treffe. Wollte ohnehin bei Gelegenheit zu dir.“

      Er hob die Augenbrauen. „Aha, was verschafft

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