Führen als Beruf. Boris Kaehler
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Echtes Verständnis erfordert vertiefte Auseinandersetzung.
Struktur des Buches
Dieses Buch beschreibt den Beruf der Führungskraft mit dem expliziten Anspruch, ein alltagstaugliches Verständnis aller wesentlichen Aspekte herauszuarbeiten und mit konkreten Tipps zu unterlegen.
In Teil I zum „Führungsverständnis“ umreiße ich das Phänomen Führung, warne vor einigen Irrlehren und stelle meinen Ansatz der Komplementären Führung vor. Sie bekommen einen Überblick darüber, was die Tätigkeit ausmacht. Das sind zunächst einmal die Funktionen und Aufgaben, die es zu erfüllen gilt. Auf die Gestaltung von Führungsstellen sowie die nötigen Führungsressourcen wird ebenso eingegangen wie auf die ambivalente Rolle formalisierter Personalinstrumente. Auch Unschärfen und persönliche Dimensionen werden vertieft, z. B. die Fragen, was Führungskräfte können müssen und wie man Führungskraft wird bzw. bleibt. Danach haben Sie ein präzises Verständnis von Ihrer eigenen Rolle als Führungskraft und wissen, was viele daran reizt.
In Teil II über den „Führungsalltag“ wird das Tagesgeschäft des Berufs beschrieben. Vorgestellt wird das Konzept der Führungsroutinen, im Sinne konkreter Aktivitäten, ohne die sich die schönen Ideen aus Teil I gar nicht umsetzen lassen. Im Fokus stehen vor allem die individuelle Arbeitsbesprechung und gemeinsame Teamsitzung, bei denen es einiges zu beachten gibt. Auch einige Aufgabenfelder der Führung werden vertieft. Dies sind die Steuerung der Arbeitsaufgaben, die Abstimmungskommunikation im Team sowie die Rekrutierung und Entwicklung von Mitarbeitern. Führungsalltag eben, und nach diesen Ausführungen wissen Sie, wie Sie ihn angehen. Um es vorwegzunehmen: Es gibt viel zu tun, und um sich nicht in die Gruppe derer einzureihen, die Kernaspekte ihres Jobs vernachlässigen, sollen Sie wissen, was genau. Auch stecken im scheinbar Alltäglichen nicht nur manche Herausforderungen, sondern auch viele Möglichkeiten, Schwierigkeiten und Fehlsteuerungen schon im Ansatz zu vermeiden.
Teil III thematisiert „Führungsprobleme“. Damit sind Themenfelder gemeint, die häufig unter negativen Vorzeichen diskutiert werden. Erklärt wird zunächst das vielschichtige Phänomen der Arbeitsmotivation und wie mit Motivationsmängeln umzugehen ist. Die bei jedweder Zusammenarbeit unausweichlichen Beziehungsfragen und Konflikte werden ebenso gewürdigt wie Gesundheit, Balance, Flow und Veränderung als Aspekte von Fürsorge. Und natürlich geht es auch um Trennung – von einzelnen Problemmitarbeitern oder im Rahmen eines kollektiven Personalabbaus. Es sind dies Dinge, die von Anfängern und Anfängerinnen oft als bedrohlich empfunden werden, die erfahrene Führungsprofis aber souverän und routinemäßig bewältigen können sollten. Nach der Lektüre dieses Teils werden Sie es sich zutrauen.
Teil IV heißt „Führungsstrategie“ und thematisiert all das, was an langfristigen Normen zu gestalten ist. Auf dem Feld des konstitutiven Managements geht es darum, sich und die eigene Organisationseinheit dauerhaft richtig aufzustellen. Das beinhaltet die Definition von Steuerungsregeln (Governance) und prozess/aufbauorganisatorischen Strukturen, aber auch die Prägung einer gemeinsamen Kultur und eines Verhaltenskodex. Auf dem Feld des strategischen Managements gilt es, Festlegungen für die nächste Geschäftsperiode zu treffen. Dabei sind insbesondere die eigenen Beiträge zu bestimmen und Bedarfsszenarien durchzuplanen. Das alles mag hier in der Zusammenfassung dröge klingen und entspricht auch überhaupt nicht dem Zeitgeist. Ich verspreche Ihnen aber: Eben hierin liegt das Geheimnis, und dieser Buchteil ist der wichtigste. In Wahrheit lässt sich nämlich nichts in der Personalführung per sofort, also im Wege der Intervention erreichen. Man muss sich rechtzeitig Gedanken machen und vorausschauende Festlegungen treffen. Hat man dies getan, ist der Lösungsraum soweit vorstrukturiert, dass einen so leicht nichts mehr aus der Bahn wirft.
Nichts von dem, was Sie hier lesen, erhebt übrigens den Anspruch, ewige Wahrheit zu sein. Ich habe das Komplementäre Führungsmodell nicht als Steintafel auf einem Berg empfangen, sondern aus zehn Jahren Berufspraxis, unzähligen Literaturquellen und eigenen konzeptionellen Ideen entwickelt. Mein Beitrag besteht sozusagen darin, die mühsame Vorarbeit auf mich genommen zu haben und Ihnen nun ein erprobtes Konzept vorzulegen – auf Tauglichkeit für Ihre Zwecke müssen Sie es schon selbst prüfen. Ich erinnere mich gern an eine Szene aus meiner Studienzeit, in der unser Professor, der über Kommunikationsmangel sprach, den Widerspruch eines Teilnehmers erntete: „Aber WatzlawickVI sagt doch, man kann nicht nicht kommunizieren!“. Die trockene Replik: „Man muss wohl nicht alles glauben, was Watzlawick sagt.“ Nun, man muss sicher auch nicht alles glauben, was Kaehler sagt. Dieses Buch dürfte einige tausend Empfehlungen enthalten, und die meisten davon habe ich im Laufe der Zeit selbst schon mehrfach revidiert und verbessert. Am besten halten Sie es also mit Kant: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“. Wenn eine meiner Thesen Sie dazu bringt, durch Nachdenken zur gegenteiligen Auffassung zu gelangen, haben Sie viel gelernt. So funktioniert Wissenschaft, und natürlich sollte auch der Erwerb von praktischem Führungswissen so funktionieren. Gute Führungskräfte beten nichts nach, sondern erwerben ihr Knowhow durch aktive Auseinandersetzung mit eigenen Erfahrungen und fremder Expertise. So verstanden, bietet Ihnen dieses Buch eine optimale Grundlage dafür, als Führungskraft erfolgreich zu wirken und Ihre Organisationseinheit nachhaltig erfolgreich zu machen.
Viel Spaß bei der kritischen Rezeption.
III Die These vom Management als Arbeit bzw. Beruf haben u. a. schon Peter F. Drucker (1954; 1973; 1998) und Fredmund Malik (2000) überzeugend vertreten. Letzterem kommt das Verdienst zu, das Drucker’sche Denken mit seinem praxisorientierten Standardwerk „Führen, Leisten, Leben“ im deutschsprachigen Raum bekannt gemacht zu haben.
IV Wie viele Bereiche unseres Lebens wird diese Grundregel allerdings derzeit durch den Siegeszug der künstlichen Intelligenz in Frage gestellt. Ein Roboter, der die Stimmung eines Mitarbeiters erfasst und in sinnvoller Weise nicht-standardisiert beantwortet, mag menschliche Führungskräften in der Zukunft in dieser Hinsicht zumindest ebenbürtig werden.
V Über das Bedürfnis nach Simplifizierung macht sich auch Managementautor und Querdenker Henry Mintzberg (1996) lustig. Er entwirft „Fünf einfache Schritte zur Zerstörung echten Nutzens“, und der fünfte Schritt besteht in der Empfehlung, unbedingt alles in fünf einfachen Schritten zu tun.
VI Paul Watzlawick, ein sehr renommierter US-Kommunikationswissenschaftler (1921-2007).
Teil I:
Führungsverständnis
„Führen ist, intellektuell gesehen, nicht ganz so schwer, wie es aussieht, doch auch nicht ganz so einfach, wie man in Handbüchern über Führung liest.“
(Hans L. Merkle, Topmanager8)
Vorbemerkung Teil I: Führungsverständnis
Sie haben sich also auf den Weg gemacht – das verdient Respekt. Wenn Sie das Führungshandwerk gerade erst erlernen, stellen Sie sich einem Lernprozess. Es gilt, sich Wissen anzueignen, Klischees zu hinterfragen und neue Gewohnheiten aufzubauen. Das bringt Erkenntnisse, ist aber auch anstrengend. Für diejenigen, die schon lange Führungskraft sind, gehört sogar noch mehr dazu, nämlich die Bereitschaft, sich selbst und die eigenen Vorstellungen zu hinterfragen. Das sollten wir natürlich alle regelmäßig tun. Die Wahrheit aber ist: Die allermeisten tun es nicht, es erfordert zu viel Kraft. Ich kann Ihnen allerdings versprechen: Es lohnt sich.
Glückwunsch, Sie sind auf gutem Wege.
Im Folgenden stelle ich Ihnen mein Theoriemodell der Komplementären Führung vor. Zuvor aber werden die Konstrukte