Baltrumer Bärlauch. Ulrike Barow

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Baltrumer Bärlauch - Ulrike Barow страница 8

Автор:
Жанр:
Серия:
Издательство:
Baltrumer Bärlauch - Ulrike Barow

Скачать книгу

Karsten strich im Aufstehen über sein sorgfältig gestyltes Haar. »Na ja, wenn ihr mir eure Herzis zeigt und ich sie für gut befinde, will ich mal nicht so sein. Tschüss dann, bis später.«

      »Das war’s dann mit der Stimmung«, murmelte Manfred, als Karsten außer Hörweite war. »Die Kleine von eben ist weg. Und glaubt mir, das mit dem ›für gut befinden‹ hat der wörtlich gemeint. Erst will er selber drübersteigen und wenn er genug hat, dann dürfen wir mal.«

      »Jus primae noctae«, sagte Bernd. »Da wäre er nicht der Erste, der auf dem Recht der ersten Nacht besteht. Na ja, eigentlich habe ich nichts gegen gebrauchte Ware. Bin schließlich im Second-Hand-Laden der Caritas groß geworden. Aber bei Mädels bin ich mir da nicht so sicher.« Er grinste schief. »Wie sagt man doch immer: Der größte Feind des Rechtes ist das Vorrecht.«

      »Das ist alles zu hoch für mich.« Manfred reckte sich. »Lass uns jetzt zum Strand gehen, Bernd, sonst wird Kars­ten böse.«

      »Ich für meinen Teil will noch ein Bier und dann ein Schnarchpäuschen.« Bernd schaute über den Marktplatz. »Ganz nett hier, aber wenn alles gut läuft, sind wir in drei Tagen schon auf Langeoog. Dann können wir dort den Bestand der Töchter aufmischen.«

      »Meine Fresse«, sagte Leonard, »müsst ihr immer über Weiber reden? Gibt doch auch Wichtigeres im Leben. Ihr zahlt. Nicht vergessen, wir wollen uns nicht unbeliebt machen auf dieser schönen Insel.« Er wollte aufstehen, aber Bernd drückte ihn zurück auf den Stuhl.

      »Schau mal, dort, der Süße, der die Folienkartoffel mit Krabben vor sich stehen hat. Ein echter Hingucker. Die Kartoffel meine ich natürlich«, flüsterte er Leonard ins Ohr.

      Leonard stöhnte genervt auf. »Lasst mich doch in Ruhe«, sagte er leise. »Ist doch mein Ding, oder?«

      »Da hat er recht, Bernd, und jetzt lass uns endlich zum Strand gehen«, sagte Manfred. »Wie sollen wir denn unseren Job machen, wenn wir das Zeug nicht haben?« Unbewusst fasste er sich an die Nase. Seine Finger fühlten den schlecht zusammengewachsenen Knochen, der seinem Gesicht seit einigen Monaten ein verwegenes Aussehen verlieh. Die grobporige Haut und die schlecht geschnittenen schwarzen Haare mit den tiefen Geheimratsecken taten ihr Übriges.

      »Du wirst doch nicht schlapp machen, Manni? Ein Bierchen wirst du noch können, oder?« Bernd schaute sich nach der Bedienung um. »Soll Karsten doch selber an den Strand gehen. Schließlich ist das alles seinetwegen. Aber was soll’s. Letztendlich sind wir hier, weil wir eine Aufgabe zu erledigen haben. Aleae jactae sunt. Das war doch in dem Moment klar, als wir auf diese Insel gekommen sind, oder? Aber wie auch immer, wir trinken noch einen, bevor wir den Strand aufmischen. – Herr Ober, noch drei Weizenbiere für mich und meine Freunde.«

      Leonard stand endgültig auf. »Ich nicht mehr. Bis später.« Sollten die man auf der Rechnung sitzen bleiben, wer weiß, wie lange die da noch den Platz warm hielten.

      Er war mit den Jungs auf diese Insel geschickt worden, um einen Job zu erledigen. Der Boss hatte Karsten zum Anführer bestimmt, weil der am längsten dabei war. Das wäre auch okay gewesen, würde Karsten nur nicht ständig alle spüren lassen, dass er das Sagen hatte. War ja eben schon wieder das beste Beispiel gewesen. Obwohl er recht hatte, wenn er sagte, sie sollten nicht so viel saufen – Bernd schluckte ganz schön was weg. Und Manfred brauchte sowieso jemanden, der ihm sagte, wo’s langging.

      Leonard hatte genug von Karsten, Bernd und Manfred, aber wie er es auch drehte und wendete, noch konnte er nicht ohne die anderen, so viel war ihm klar. Der Boss hatte es so gewollt. Er musste die Zähne zusammenbeißen­ und mit den Wölfen heulen. Sonst wurde das nix mit der großen Abfindung, die der Boss ihm versprochen hatte. Und die wollte er haben. Unbedingt.

      Das Mädchen hatte ganz recht gehabt mit ihrem Spruch über die Stimmung. Komisch, wie gut sie diese Truppe eingeschätzt hatte. Musste wohl ziemlich einfühlsam sein.

      *

      Der Hinweg ohne die zwei Einkaufstaschen war entschieden gemütlicher gewesen, stellte Inga kurzatmig fest, als sie schwer bepackt wieder im Ostdorf ankam. Sie hätte Frau Meyers Angebot, eines der Fahrräder mitzunehmen, nicht so leichtfertig ausschlagen sollen. Beim nächsten Mal wäre sie schlauer.

      Schnell verstaute sie Milch, Brot, Konfitüre und die anderen Sachen, dann warf sie einen Blick in den Veranstaltungskalender. Noch war Badezeit. Eigentlich hatte sie sich vorgenommen, sofort mit den Recherchen über ihren neuen Lieblingsmaler zu beginnen, aber der Wunsch nach einer Abkühlung war stärker. Sie zog ihren Bikini an und kurze Hose und T-Shirt darüber, packte Badelatschen und Handtuch ein, schnappte sich eines der Räder und nahm Kurs auf den nächstbesten Strandaufgang.

      Im Schutz der Randdünen stand ein hellblau gestrichenes Holzhaus. Stark’s Strandladen stand über der Tür. Vor dem Blockhaus waren Menschen gut gelaunt damit beschäftigt, ihren Hunger mit großen Portionen Pommes und Bratwurst, Burgern und Pizzastücken zu stillen. Eine große Schar laut kreischender Möwen kreiste über der Idylle und wartete auf den richtigen Moment zum Her­ab­stürzen und Zupacken. Gerade als Inga den Imbiss hinter sich gelassen hatte, passierte es. Sie drehte sich um und konnte sich ein Lächeln kaum verkneifen. Kind schrie, Mutter schimpfte, Wurst war weg, Möwe auch!

      Sie lehnte ihr Fahrrad an den Zaun, der die Randdünen eingrenzte, und lief auf dem von der Sonne aufgewärmten Holzbohlensteg zum Strand. Ihre Füße tauchten in den weichen, weißen Sand, und sie fühlte sich so gut wie lange nicht mehr. Inga atmete kräftig durch und empfand plötzlich ein tiefes Gefühl von Freiheit. Fynn, ihre Juroren in Worpswede und auch die Gedanken über die Zukunft hatten sich in den hintersten Winkel ihres Gehirns verkrochen.

      Viele Strandkörbe waren besetzt und fröhliches Lachen­ schallte zu ihr herüber. Sie lief zu dem hölzernen Wachturm der DLRG, hängte ihre Tasche auf einen der Haken des Gestells daneben und legte sich ausgestreckt in den warmen, feinen Sand.

      Doch schon nach kurzer Zeit richtete sie sich wieder auf und schaute aufs Wasser. Sie spürte große Lust, sich in die Fluten zu stürzen, aber sollte sie es wirklich wagen? Schließlich war das hier die freie und wahrscheinlich ziemlich kalte Nordsee und kein schnuckelig aufgewärmtes Freibad. Eine Informationstafel am Turm gab die Wassertemperatur mit 20 Grad an. Inga fragte sich, ob das stimmte und sie sich also gar nicht so zieren musste, oder ob in die Angabe ein satter Strandwächter­bonus eingearbeitet war, damit die Aufpasser in den orangenfarbigen Shirts wenigstens ein paar Schwimmer bewachen konnten. Da hörte sie eine Stimme, die ihr bekannt vorkam.

      »Hallo, Mädel, wir hatten heute schon mal das Vergnügen, oder nicht?«

      Genau zwischen ihr und der Sonne hatte sich der blonde Typ von vorhin mit einem seiner Kollegen breitbeinig aufgestellt. Und darauf hatte Inga überhaupt keine Lust. »Ob Vergnügen, weiß ich nicht. Hatte noch keine Gelegenheit, das rauszufinden. Und ich für meine Person gehe jetzt ins Wasser.«

      »Lass uns doch erst mal ein bisschen miteinander reden«, sagte der Blonde. »Schwimmen kannst du gleich auch noch.«

      Inga lachte und stand auf. »Dann ist das Wasser womöglich verschwunden. Vergesst nicht, hier gibt es Ebbe und Flut. Wahrscheinlich ist es ganz schön kalt, aber den Kick brauch ich jetzt. Ihr nicht?«

      Sie rannte los, wich zwei Kindern aus, die auf einer grünen Luftmatratze in Richtung Strand paddelten und war plötzlich mitten in der Brandung. Eine Welle schlug über ihrem Kopf zusammen. Salzwasser lief ihr in Mund, Augen und Nase. Inga strampelte verzweifelt mit den Beinen auf der Suche nach Grund, aber vergebens. Ruhe bewahren und schwimmen, hämmerte ihr durch den Kopf. Immer wieder.

      Und es gelang. Ihr Kopf stieß durch die Wasseroberfläche,

Скачать книгу