Benoni. Hermann Moser

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Benoni - Hermann Moser

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nickte zustimmend. „August, das klingt schlüssig. Jetzt gehen wir aber wirklich. Edi, komm mit! Ich werde deine Hilfe brauchen.“

      In der Wohnung wurden sie von Cornelia Winkler empfangen. Sie küsste Christian rechts und links. „Hallo! Die Umstände sind immer so unerfreulich, wenn wir uns sehen.“

      „Servus, Conny! Das ist das Schicksal, wenn Jugendamt und Polizei zusammenkommen. Komm mal zum Essen zu uns.“ Er hörte einen lauten Seufzer hinter sich. „Ich wurde schon für meine Plauderei gerügt. Was kannst du mir über den Buben erzählen?“

      „Sein Name ist Kito. Ich fürchte, dass er schwer traumatisiert ist, denn er lässt sich kaum von seinen Eltern trennen. Professor Jacobs steht daneben und kann die Leichen nicht untersuchen. Wie wirst du es diesmal anlegen? Bauchreden mit einem Stofftier, Zaubern, oder gibt es etwas Neues?“

      Christian dachte kurz nach und deutete dann zu Edi. „Diesmal mache ich die Kollegin zum Kuscheltier. Das erfordert mehr Zauberei als nur einen Trick. Darf ich das Zimmer des Jungen sehen?“

      Conny zeigte ihm den Raum. Grüntöne dominierten. Christian sah Bausteine, die zu einem kleinen Häuschen aufgerichtet waren. Der Bub schien außerordentliches Talent für einen Vierjährigen zu haben. Außerdem liebte er es strukturiert.

      „Edi, ich gebe dir jetzt die schwierigste Aufgabe deines Lebens. Der Bub muss mich als Autorität wahrnehmen. Sei bitte schön unterwürfig.“

      „Das hättest du wohl gerne“, schnaubte sie.

      Er nahm sie zur Seite, legte einen Arm um sie und flüsterte ihr in verschwörerischem Ton zu. „Ich erkläre es dir. Hier befinden sich fast nur Leute, die nicht übermäßig souverän wirken. Der Bub hat sicher schon bemerkt, dass du die dominante Figur auf dem Feld bist. Du musst das auf mich übertragen oder dich selbst um ihn kümmern. Das kann bei einem traumatisierten Kind Wochen dauern. Wenn wir fertig sind, darfst du mir ein ganzes Schimpfwörterlexikon an den Kopf werfen.“

      Edi holte kurz Luft, um zu kontern. Christian sah sie bittend an. Sie zuckte mit den Schultern und zeigte Richtung Wohnzimmer. Die beiden gingen hinein. Christian sah ein afrikanisches Paar mit Schusswunden auf dem Boden liegen. Der Bub klammerte sich an den Körper der Mutter und weinte. Christians Blick schweifte durch den Raum und blieb beim Bücherregal hängen. Die Suluhus pflegten ein Hobby, das im Mittelpunkt seines anderen Falles stand. „Edi, habt ihr die Schachbücher schon untersucht?“

      „Tut mir leid, Herr Humer! Dazu sind wir noch nicht gekommen.“

      August Unterberger erblasste vor Neid, als er sah, wie brav Edi bei dem Keystone Cop war. Christian widmete Edi einen strengen Blick. „Könnt ihr das bitte schnell erledigen? Das ist wichtig.“

      „Machen wir sofort, Herr Humer.“ Edi verbeugte sich beinahe vor Christian. „Wir haben einen Mitgliedsausweis des Schachvereins SK Steinitz gefunden. Ist das von Bedeutung?“

      Das war der Schachklub von Friedrich. Christian fühlte sich wie in einem Netz gefangen. Alle Fäden hingen irgendwie zusammen. „Das ist enorm wichtig! Sehr gute Arbeit!“

      Nun wandte er sich dem Buben zu, sagte ihm ein paar Worte auf Swahili. Kito schaute auf. Christian redete weiter. Seine Stimme war jetzt ganz sanft. Er näherte sich dem Buben, streckte ihm die Hand entgegen. Kito ergriff sie. Er klammerte sich um Christians Hals und weinte.

      Christian ging mit ihm zu Conny. „Wenn ihr einverstanden seid, nehme ich ihn mit nach Hause. Bis ich ihn befragen kann, wird das etwas dauern. Zuerst braucht er ein neues stabiles Umfeld. Bitte packe ein paar Sachen für ihn ein, vor allem etwas Grünes und auch Bausteine. August, ich komme morgen zu euch. Dieser Fall könnte mit unserer aktuellen Geschichte zusammenhängen.“

      Mittwoch, 15. November 2017

      Nyoko, Christian, Misaki, Sayo und Friedrich saßen am Frühstückstisch. Kito spielte auf dem Boden mit Benjamin. Friedrich beobachtete den Buben. „Mein Vater wurde ermordet, seiner auch. Wir haben die beiden Ingo und Lara genannt, weil die afrikanischen Namen so kompliziert sind. Ich kann es nicht glauben, dass sie tot sind. Er war ein netter Mann und ein guter Spieler, nur etwas zaghaft im Spielaufbau. Mit Drogen hatte er sicher nichts zu tun. Glaubt ihr wirklich, dass ich das mit der Frage nach meiner Herkunft losgetreten habe? War es das wert?“

      Nyoko nahm den letzten Schluck ihres Matcha-Tees. „Wir entdecken laufend seltsame Dinge, die auf mysteriöse Art zusammenhängen könnten. Nicht du bist dafür verantwortlich, sondern die Mörder. Das ist unser Stichwort. Christian, wir müssen gehen! Mama, Sayo, ist das wirklich kein Problem, wenn ihr auf Kito aufpasst? Er hat sich schon an euch gewöhnt.“

      Misaki lächelte, während Nyoko sich Schuhe aus der größten Turnschuhsammlung Wiens aussuchte, an diesem Tag ein grünes Paar. „Natürlich machen wir das. Er spielt so lieb mit Benjamin.“

      Als Christian sich von Kito verabschiedete, begann der Bub zu weinen. Benjamin krabbelte zu ihm und hielt ihm einen Baustein entgegen. Kito hörte auf zu weinen, baute einen kleinen Turm, den Benjamin umstieß.

      Christian besuchte die Gruppe von August Unterberger. Die Kollegen besprachen gerade den Suluhu-Fall. Der Keystone Cop setzte sich dazu und sprach noch einmal die Theorie an, dass dieser Mord mit dem Pottersfeld-Fall zusammenhängen könnte.

      Unterberger raufte sich die Haare. „Weil der Ermordete im selben Schachklub wie dein Schwiegersohn war, soll dieses Verbrechen mit jenem an seinem Vater vor 28 Jahren zusammenhängen? Ist das nicht etwas weit hergeholt?“

      Edi schüttelte den Kopf. „Das ist zwar idiotisch, aber nicht so schwachsinnig wie der Zusammenhang mit den Drogen. Immerhin sind da auch noch die seltsamen Spuren.“

      Christian horchte auf. „Gibt es weitere ungewöhnliche Dinge?“

      „Die Spurensicherer haben Haare auf den Toten gefunden, die der Täter offensichtlich deponiert hatte“, erklärte Edi. Sie sind nicht afrikanisch. Ein paar sind grau, andere gefärbt. Außerdem sind da noch die Projektile.“

      „Was ist mit den Kugeln?“

      „Sie wurden selbst gegossen, obwohl sie wahrscheinlich von einer handelsüblichen Waffe abgefeuert worden sind.“

      „Wir reden nicht zufällig von einer Heckler & Koch MP5?“, wagte Christian einen Schuss ins Blaue.

      Unterberger blätterte in den Unterlagen. „Wieso weißt du das schon wieder? Die MP5 ist im Bericht als eine der möglichen Waffen aufgeführt.“

      „Die Krankenschwester, die Friedrich gefunden hat, ist auch mit einer MP5 ermordet worden, ebenso die Frau von Ernst Stockhammer.“

      „Du willst jetzt aber nicht einen Zusammenhang aller Morde mit dieser Waffe in den letzten 30 Jahren herstellen, oder? Das Kokain war 20.000 Euro wert. Für eine falsche Fährte? Was sagt uns das?“

      Nun mischte sich Edi wieder ein. „Wir suchen einen reichen Mörder.“

      Christian gab ihr einen Stoß. „Da hat jemand im Profiling-Unterricht gut aufgepasst. Seit uns Friedrich gebeten hat, seine Herkunft zu ermitteln, tauchen ständig neue seltsame Geschichten aus der Vergangenheit auf. Es ist, als ob geheime Anziehungskräfte wirkten, die das Geflecht zusammenhalten.“

      Edi schlug sich die Hand auf die Stirn. „Was ist denn das für eine durchgeknallte Ansage? Kommen eigentlich alle Mystiker der Polizei zum BKA? August, sollen wir jetzt Räucherstäbchen

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