Benoni. Hermann Moser

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Benoni - Hermann Moser

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Uns würde brennend interessieren, welche Fäden dich sonst noch mit diesem Fall verbinden.“

      „Das war damals eine riesige Sonderkommission, da das Opfer ein internationaler Prominenter war. Die Ermittlungen sind sehr schleppend geführt worden. Die Welt war im Umbruch, das Herkunftsland des Opfers konnte nicht einmal mehr von einer Mauer zusammengehalten werden. Der Tote war zuletzt auch durch Regimekritik aufgefallen. Mein Eindruck war, dass man in der kritischen Situation seines Heimatlandes nicht in die Weltgeschichte eingreifen wollte. Es gab nur drei Querulanten: Euren ehemaligen Chef, mich und Wolfgang Jacobs, der damals noch Assistent am Institut für Pathologie war. Rufen wir die beiden dazu.“

      Harald Ritter wurde immer noch von allen „der Chef“ genannt, selbst von Menschen, deren Vorgesetzter er nie war. Der Mann, der die Idee hatte, Leute mit außergewöhnlichen kreativen Talenten abseits des Berufes in eine Gruppe zu spannen und so den etwas chaotischen, aber sehr erfolgreichen Haufen der Keystone Cops geschaffen hatte, arbeitete jetzt in einer Stabstelle und beriet die höchsten Führungsebenen.

      Ritter kam gleichzeitig mit Professor Wolfgang Jacobs, dem Institutsvorstand für Gerichtsmedizin und Schwiegervater von Klaus. Nach der Begrüßung kam Nyoko wie üblich schnell zur Sache. „Es schaut so aus, als ob ihr einiges zu berichten hättet. Eines frage ich mich schon den ganzen Tag: Pottersfeld wurde 1989 ermordet. Warum ist die DNA in der Datenbank?“

      Ernst lächelte zufrieden. „Du bemerkst aber auch alles. Damals war der Chef der Jungstar in der Wiener Kriminalpolizei und noch nicht lange Gruppenleiter. Er ist wegen seiner kritischen Fragen in der Soko schnell kaltgestellt worden. Ich war noch der Anfänger für die Kopierdienste. Dabei habe ich immer mitgelesen und Harald mit Informationen versorgt. Schließlich sind wir beide aus der Sonderkommission geflogen. Harald hat mich später in seiner Gruppe aufgenommen.“

      Der Chef zog an seiner kalten Pfeife. „1996 haben wir beschlossen, den Fall wiederaufzunehmen. Es gab jetzt die DNA-Analyse und Datenbanken. Außerdem war Österreich der EU beigetreten und Deutschland wiedervereinigt. Wir haben auf die internationale Zusammenarbeit gehofft. Doch dann ist Ernsts Frau ermordet worden …“

      Nyoko sprang auf. „Oh mein Gott! Das war damals? Vielleicht wollte man euch vom Pottersfeld-Fall ablenken.“

      Ernst verschränkte die Arme und zog die Schultern hoch, als ob ihm plötzlich kalt wäre. „Sicher nicht. Wir haben den Mörder geschnappt. Es war ein Krimineller, der uns schon öfter beschäftigt hatte. Er war 20 Jahre alt, beim Pottersfeld-Mord also gerade mal 14. Er ist allerdings wegen eines Formfehlers aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Einen Tag später hat man ihn selbst ermordet.“

      Nyoko betrachtete die Aktenberge. „So sicher wäre ich mir da nicht. Er könnte ein Auftragsmörder gewesen sein und als er gefasst worden ist, haben die Männer im Hintergrund den Versager exekutiert. Ich will die Akten sehen!“

      Christian stöhnte. „Ich wollte eine Geburt ermitteln und jetzt stehen wir vor vier Morden.“

      Auch Ernst war verzweifelt. „Nyoko, bist du dir sicher, dass du dich nicht verrennst? Wo willst du den ganzen Papierkram hingeben?“

      „Verrennen kann ich mich nur, wenn ich mich nicht auskenne. Ich will alles sehen. Dann prüfen wir auf Gemeinsamkeiten und entscheiden, welchen Weg wir gehen, ohne uns zu verlaufen. Johann? Warst du nicht damals auch schon beim Chef?“

      „Ich war 1996 ein paar Monate suspendiert und auf Entzug. Als ich zurückgekommen bin, war der Mord an Ernsts Frau Inge bereits geklärt. Von Pottersfeld habe ich nie etwas gehört, das war wohl alles während meiner Abwesenheit.“

      „Du warst ein Kollege von Ernst?“, wunderte sich Nyoko. „Warum hast du das nie erzählt?“

      Johann wich ihren Blick aus. „Wenn er sich erinnert, wie ich damals war, feuert er mich sofort. Ich will diese Phase meines Lebens vergessen.“

      Es wurde kurz still, bis Klaus sich an Wolfgang Jacobs wandte. „Du hast heute noch kein Wort gesagt. Man könnte glauben, dass du gar nicht der Vater meiner Frau bist. Was war denn dein Anteil in diesem verschworenen Trio?“

      „Hmmm … also … eigentlich will ich das in einem Polizeigebäude nicht sagen. Außerdem muss ich euch etwas zeigen, das ich zuhause aufbewahre. Ich lade euch zum Abendessen ein. Lydia hat mich ohnehin vor Kurzem gefragt, wann ihr wieder einmal kommt. Passt euch heute 20 Uhr?“

      „Wird das ein Geheimbund oder soll ich deine Tochter und Enkel mitnehmen?“

      „Ihr dürft sogar früher kommen und bei der Vorbereitung helfen.“

      Nyoko setzte sich wieder. „Wir bringen den Wein und den Apfelsaft für Johann. Da ich nicht gewusst habe, dass Ernst einmal für den Chef gearbeitet hat, drängt sich noch eine interessante Frage auf. Harald hat nur Kollegen mit außergewöhnlichen Hobbys oder Talenten in seine Gruppe geholt. Ernst, gibt es bei dir etwas, das wir noch nicht kennen?“

      „Nyoko, selbst du musst nicht alles wissen.“

      Christian bat Johann, seine Gitarre zu holen. „Ich erzähle euch eine Geschichte. Vor einigen Jahren spazierte ich durch die Stadt und sah vor einem Hotel ein Plakat. Angekündigt war der Auftritt eines italienischen Schlagersängers mit dem schönen Namen Ernesto Pianomartello. Ich fragte mich, ob das eine originelle Übersetzung von ‚Stockhammer‘ sein könnte, und ging hinein. Tatsächlich sang dort der Mann, der damals noch ein entfernter Bekannter war. Lieber Herr Oberst, oder soll ich Colonnello sagen, dein ‚Azzurro‘ ist der Beste von Wien.“

      Nyoko lachte. „Christian, in einer guten Ehe gibt es keine Geheimnisse. Warum hast du mir das nicht erzählt?“

      „Das war wohl in einer turbulenten Beziehungs-Phase. Damals warst du nicht meine Chefin und er nicht deiner.“

      Nyoko deutete Johann, die Gitarre wieder in die Ecke zu stellen. „Bevor es zu gemütlich wird, gehen wir wieder an die Arbeit. Wir nehmen am Abend italienischen Wein mit und Johann die Gitarre. Ernst darf dann italienische Gassenhauer zum Besten geben. Jetzt aber: Christian untersucht Pottersfeld. Johann nimmt sich Ernsts Frau und ihren Mörder vor. Ich mache die Kindesweglegung und Kleindienst. Paul, du bekommst von uns die Namen aller Menschen, die in den Fällen aufgetaucht sind. Recherchiere die Biografien und suche Überschneidungen. Klaus, schau dir die Spuren von allen Tatorten an. Auf geht’s!“

      Nyoko konnte nicht sofort mit ihren Aufgaben beginnen. Ernst bat sie und den Chef zu einer vertraulichen Besprechung in ihr Büro. Sie nahmen am kleinen runden Besprechungstisch Platz.

      Der Oberst begann. „Nyoko, ich will die Anwesenheit deines Mentors nutzen, um eine organisatorische Frage zu besprechen. Du bist die schnellste und entscheidungsfreudigste Offizierin des BKA und dennoch schleppst du eine Angelegenheit seit mehr als einem Jahr vor dir her. Für deine offene Stelle kommen laufend Bewerbungen von den besten und erfahrensten Kriminalpolizisten. Gruppenleiter würden ihre Führungsfunktion abgeben, um ein Keystone Cop zu werden. Einige Bewerber sind schon irritiert, weil sie keine Antwort bekommen. Wir können die Position nicht ewig offenhalten, sonst wird sie uns gestrichen.“

      „Es war eben noch nicht der Richtige dabei.“

      „Das stimmt doch nicht! Es gab einige, von denen ich weiß, dass du sie sehr schätzt. Da ist noch etwas anderes. Reden wir offen darüber.“

      Nyoko sagte nichts. Der Chef spielte mit seiner Pfeife. „Nyoko, ich denke, dass ich den Grund kenne. Die Stelle war für Paul vorgesehen, der für dich eine Art kleiner Bruder ist. Jetzt gehört er zum Sonderposten für im Dienst verletzte Polizisten.

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