Physikalische Chemie. Peter W. Atkins
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Ein praktisches Beispiel
Um die Freie Standardenthalpie für die Reaktion
Übung 3-9
Berechnen Sie die Freie Standardreaktionsenthalpie für die Verbrennung von CH4(g) bei 298 K. [–818kJmol–1]
Abb. 3-18 Thermodynamische Kreisprozesse für die Diskussion der Freien Lösungsoder Hydratationsenthalpie und der Freien Bildungsenthalpie von (a) Chloridionen, (b) lodidionen in wässriger Lösung. Die Summe derÄnderungen der Freien Enthalpien im Kreisprozess ist null, weil G eine Zustandsfunktion ist.
Wenn Ionen in Lösung betrachtet werden sollen, gehen wir wieder vor wie in Abschnitt 2.2.2. Dort hatten wir festgestellt, dass sich reine Lösungen von Kationen ohne von Anionen (oder umgekehrt) nicht herstellen lassen; deshalb setzen wir wieder die Standardbildungsenthalpie eines willkürlich gewählten Ions – bequemerweise wieder des Wasserstoffions – bei allen Temperaturen gleich null:
[3-44]
Auf diese Weise werden die tatsächlichen Werte der Standardbildungsenthalpien von Ionen um jeweils den gleichen festen Betrag so verschoben, dass sich für die Standardbildungsenthalpie des Wasserstoffions in wässriger Lösung null ergibt.
Ein praktisches Beispiel
Für die Reaktion
können wir dann schreiben
also ist
Dies führt zu
Welche Faktoren beeinflussen die Größe der Freien Bildungsenthalpie eines Ions in Lösung? Zur Beantwortung dieser Frage ziehen wir einen thermodynamischen Kreisprozess heran. Wir betrachten die Standardbildungsenthalpie von Cl– in wässriger Lösung (–131 kJ mol–1) auf der Grundlage der allgemeinen Reaktionsgleichung
die wir als Ergebnis der in Abb. 3-18 dargestellten Schritte (die benötigten Daten finden Sie im Tabellenteil) auffassen. Die Summe der Freien Enthalpien aller Schritte eines geschlossenen Kreisprozesses ist null, also ergibt sich
Kommentar 3-1
Die Freien Standardbildungsenthalpien von Ionen in der Gasphase sind nicht bekannt. Daher setzen wir hier die Ionisierungsenergien (die Energien, die zur Entfernung von Elektronen aus Atomen oder Kationen in der Gasphase aufzuwenden sind) und Elektronenaffinitäten (die Energien, die mit der Aufnahme von Elektronen durch Atome oder Anionen in der Gasphase verbunden sind) ein und nehmen an, dass sich die Ionisierungsentropie von H und die Entropie der Elektronenaufnahme von X, sowie Effekte der Umrechnung in Enthalpien ungefähr gegenseitig ausgleichen. Unsere Schlussfolgerungen aus dem Kreisprozess sind deshalb nur Näherungswerte.
Dabei ist es wichtig, im Hinterkopf zu behalten, dass der Wert von ΔBG⦵ für ein Ion nicht nur von den Eigenschaften von X selbst bestimmt wird, sondern auch Beiträge aus der Dissoziation, Ionisierung und Solvatation des Wasserstoffs enthält.
Freie Solvatationsenthalpien einzelner Ionen kann man mithilfe einer Beziehung berechnen, die von Max Born abgeleitet wurde. Er ordnete ΔsolvG⦵ der elektrischen Arbeit zu, die aufgewendet werden muss, um ein Ion aus dem Vakuum in das Lösungsmittel zu bewegen; dabei wird Letzteres als kontinuierliches Dielektrikum mit der relativen Permittivität εr behandelt. Die bornsche Gleichung, ausführlich hergeleitet in Zusatzinformation 3-1, lautet
(3-45a)
wobei z die Ionenladung ist (Anzahl der Elementarladungen des Ions), ri der Radius des Ions und NA die Avogadro-Konstante. ΔsolvG⦵ ist immer negativ; stark negative Werte erhält man für kleine, hoch geladene Ionen in Medien mit hoher Permittivität. Für Wasser bei 25 °C (εr = 78.54) ist
(3-45b)
Ein praktisches Beispiel
Um uns einen Eindruck davon zu verschaffen, wie gut die bornsche Gleichung experimentelle Daten reproduziert, berechnen wir die Differenz der Werte von ΔSolvG⦵ der Ionen Cl– und I– in wässriger Lösung. Die Ionenradien (181 pm bzw. 220 pm) sind in Tabelle 19-3 gegeben. Wir erhalten
Dieser Wert stimmt gut mit dem experimentellen Ergebnis (–61 kJ mol–1)überein.
Übung 3-10
Berechnen Sie die Differenz
[experimentell: –26kJmol–1,berechnet: –29kJmol–1]
Die Kalorimetrie (zur direkten Bestimmung von ΔH und zur indirekten Bestimmung von S über die Wärmekapazitäten) ist nur einer von mehreren möglichen Wegen zur Ermittlung Freier Enthalpien. In Frage kommt außerdem die Berechnung aus Gleichgewichtskonstanten und elektrochemischen Experimenten (