Physikalische Chemie. Peter W. Atkins
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Nun verwenden wir Gl. (3-54) und schreiben
Wenn wir diesen Ausdruck in den vorhergehenden einsetzen, erhalten wir Gl. (3-55).
Die Gibbs–Helmholtz-Gleichung ist insbesondere bei der Betrachtung von physikalischen Zustandsänderungen und chemischen Reaktionen von Nutzen, die bei konstantem Druck verlaufen. Wenn wir die Differenz der Freien Enthalpien im Anfangsund Endzustand als dG = GE – GA schreiben und die Gleichung sowohl auf GE als auch auf GA anwenden, erhalten wir
(3-56)
Diese Gleichung sagt aus: Wenn wir die Enthalpieänderung eines Systems bei einer Zustandsänderung oder Umwandlung (Verdampfung, chemische Reaktion usw.) kennen, dann kennen wir auch die Temperaturabhängigkeit der zugehörigen Änderung der Freien Enthalpie. Wie wir noch sehen werden, ist dies eine der wichtigsten Informationen, die die chemische Thermodynamik liefern kann.
Die Druckabhängigkeit der Freien Enthalpie
Um die Freie Enthalpie bei einem bestimmten Druck aus ihrem Wert bei einem anderen Druck zu berechnen (die Temperatur soll konstant bleiben), setzen wir dT = 0 in Gl. (3-52) ein, erhalten dG = V dp und integrieren diesen Ausdruck:
Abb. 3-22 Die Differenz der Freien Enthalpien einer Flüssigkeit oder eines festen Stoffs bei zwei Drücken entspricht der hier gezeigten Rechteckfläche. Dabei wurde die Druckabhängigkeit des Volumens vernachlässigt.
Für molare Größen bedeutet dies
(3-57b)
Diese Beziehung kann auf jeden Aggregatzustand angewendet werden; Voraussetzung ist jedoch, dass wir wissen, wie das Molvolumen Vm vom Druck abhängt.
Die Druckabhängigkeit des molaren Volumens kondensierter Phasen ist wenig ausgeprägt (Abb. 3-22), weshalb wir Vm als Konstante behandeln und vor das Integral ziehen dürfen:
(3-58)
Übung 3-12
Berechnen Sie die Änderung von Gm, wenn der Druck von Eis bei –10 °C von 1.0 bar auf 2.0 bar erhöht wird. Die Dichte von Eis beträgt 917 kg m–3. [+2.0Jmol–1]
Unter Laborbedingungen ist (pE – pA) Vm in der Regel sehr klein und kann vernachlässigt werden. Normalerweise hängen die Freien Enthalpien von Flüssigkeiten und Festkörpern also in guter Näherung nicht vom Druck ab. Dies gilt nicht mehr, wenn man es (etwa bei geophysikalischen Untersuchungen) mit sehr hohen Drücken zu tun hat: Wird der Druck so hoch, dass deutliche Volumenänderungen auftreten, muss man den vollständigen Ausdruck, Gl. (3-57), ansetzen.
Ein praktisches Beispiel
Für einen Phasenübergang eines Festkörpers gelte unabhängig vom Druck ΔTrans V = +1.0 cm3 mol–1.Steigt nun der Druck von 1.0bar (1.0 × 105 Pa) auf 3.0 Mbar (3.0 × 1011 Pa), so ändert sich die Freie Enthalpie des Phasenübergangs wie folgt:
(wobei gilt: 1 Pa m3 = 1J).
Abb. 3-23 Die Differenz der Freien Enthalpien eines idealen Gases bei zwei verschiedenen Temperaturen entspricht der Fläche unter der Isotherme des idealen Gases.
Die Molvolumina von Gasen sind so groß, dass sich schon bei kleinen Druckunterschieden große Änderungen der Freien Enthalpie ergeben können. Hier dürfen wir das Volumen auch nicht mehr als Konstante vor das Integral in Gl. (3-57b) ziehen, weil es stark vom Druck abhängt (Abb. 3-23). Für ein ideales Gas setzen wir Vm = RT/p in das Integral ein, behandeln RT als Konstante und erhalten
(3-59)°
Aus dieser Gleichung können wir ablesen, dass eine Druckerhöhung um das Zehnfache bei Zimmertemperatur eine Zunahme der Freien Enthalpie um RT ln 10 ≈ 6kJ mol–1 zur Folge hat. Wenn wir in dieser Gleichung pA = p⦵ (Standarddruck, 0.1 MPa) setzen, erhalten wir für die molare Freie Enthalpie eines idealen Gases bei einem Druck p
Übung 3-13
Wie ändert sich die molare Freie Enthalpie von Wasserdampf (als ideales Gas zu behandeln), wenn der Druck isotherm (bei 298 K) von 1.0 bar auf 2.0bar erhöht wird? Beachten Sie: Für eine kondensierte Phase hatten wir hierfür eine Differenz der Freien Enthalpie von einigen Joule pro Mol erhalten; Ihr Ergebnis für ein Gas sollte hingegen in der Größenordnung von Kilojoule pro Mol liegen. [+1.7 kJ mol–1]
Abb. 3-24 Der Zusammenhang zwischen molarer Freier Enthalpie eines idealen Gases und ln p; der Standardzustand ist bei p = p⦵ erreicht. Für p → 0 geht die molare Freie Enthalpie gegen –∞.
Interaktive Übung: Zeigen Sie, wie (∂G/∂p)T vom Druck abhängt. Tragen Sie Ihr Resultat in einem selbst gewählten Druckbereich auf. Erklären Sie die physikalische Bedeutung dieses Differenzialquotienten.
Der logarithmische