Leander und die Stille der Koje. Thomas Breuer

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Leander und die Stille der Koje - Thomas Breuer страница 19

Автор:
Жанр:
Серия:
Издательство:
Leander und die Stille der Koje - Thomas Breuer

Скачать книгу

abzuwägen. Der Kutter verfuhr schon die Hälfte des Erlöses vom heutigen Fang an Diesel. Wenn der Fischer jetzt auch noch Strafe zahlen musste, konnte er niemals auf einen grünen Zweig kommen. Zudem waren die offiziellen Fanggründe ohnehin schon so überfischt, dass man eben nur in den geschützten Bereichen überhaupt noch etwas fangen konnte. So etwas musste man wissen, dann konnte man auch entsprechend rücksichtsvoll handeln. Jeder Festlandsdepp hätte das doch gar nicht begriffen.

      Aber noch war nichts verloren: Er würde weiter den unterbelichteten Inselbullen geben, sich dabei ein wenig herumschubsen lassen und im Hintergrund dafür sorgen, dass die Dinge nicht aus den Fugen gerieten. Sollten die Flensburger ihn ruhig für blöd halten. Im Grunde war das sogar ganz nützlich und verschaffte ihm einen nicht unerheblichen Spielraum. Und später, wenn alles vorbei war, würde er Hilke Rickmers und Ture Jacobsen die Rechnung für seine Diskretion und überlegte Handlungsweise präsentieren. Dann war ihm der Hauptkommissar sicher – wenn nicht sogar mehr.

      Hinrichs näherte sich nun dem Café Klein Helgoland, das wie immer bei diesem Wetter draußen keinen freien Platz mehr bot. Also schob er sich durch die Urlauber zwischen den Tischen hindurch in den Gastraum und rief Jupp hinter der Theke seine Bestellung zu. Der nickte nur, ohne aufzusehen, drehte sich um und gab sie zur Durchreiche in die Küche weiter. Zwei Minuten später verließ Hinrichs mit zwei Bechern Cappuccino das Lokal, wühlte sich wieder durch bis zum Radweg unterhalb des Deiches und setzte sich auf eine der Stufen, die zum nächsten Schwimmsteg hinunterführten.

      Jetzt erst mal ausruhen, dachte er, nur nicht übereilt zurück rennen. Der Wiese konnte auf seinen Cappuccino ruhig etwas warten. Bei dem Gedanken wurde Torben Hinrichs jedoch etwas mulmig zumute, weil er ahnte, was passieren würde, wenn Wiese sich über den kalten Kaffee beschwerte. Und dem Wiese war das zuzutrauen. Wenn der jemandem eins auswischen konnte, dann tat er es. Und ihn, Hinrichs, hatte der ohnehin auf dem Kieker, weil der Oberkommissar nicht jedes Kinkerlitzchen weiterverfolgte, das der anzeigte. So weit kam das noch, dass die wahren Steuerzahler hier, die Jäger und die Landwirte, ein Bußgeld nach dem anderen zahlen mussten, nur weil dieser Idiot Wiese ihnen ständig auflauerte und jedes kleine Vergehen gleich zur Anzeige brachte. Es wurde höchste Zeit, dass dem endlich einer das Handwerk legte!

      Hinrichs nahm einen großen Schluck aus seinem Cappuccino­-Becher und stellte fest, dass die braune Pampe wirklich schon nicht mehr so ganz heiß war. Einen Moment lang kämpfte er noch gegen seinen inneren Schweinehund, verlor aber haushoch und machte sich so wieder auf den Rückweg in die Höhle des Löwen.

      Dieser Wiese war ohnehin hochgradig verdächtig, dachte Hinrichs nun. Bestimmt erzählte der den beiden Kommissaren gerade das Blaue vom Himmel herunter. Es war ein nicht wiedergutzumachender Fehler, ihn, Torben Hinrichs, nicht zu der Vernehmung hinzuzuziehen. Niemand kannte den rasenden Naturschützer so gut wie er. Niemand wusste, wozu der Mann fähig war, wenn es um das Leben seiner scheiß Viecher ging. Er hätte fast den vollen Cappuccino-Becher in seiner rechten Hand zerknüllt statt den leeren in der linken. Zum Glück merkte er es noch rechtzeitig und schleuderte den zerknüllten leeren Becher in den nächsten Papierkorb.

      Hinrichs dachte sich wieder in Rage. Wenn er die Leitung der Ermittlungen behalten hätte – in diesem Moment vergaß er, dass er niemals die Leitung gehabt hatte –, dann wäre der Fall schon abgeschlossen. Wiese oder Baginski, einer von beiden war der Mörder, da bestand für ihn überhaupt kein Zweifel. Die musste man nur richtig anfassen, dann hätte man mit Sicherheit im Handumdrehen ein Geständnis. Vielleicht sogar zwei, dachte er plötzlich. Natürlich, dieser Baginski war ein fanatischer Naturfotograf. Und Wiese war ein fanatischer Naturschützer. Was, wenn Wiese den Baginski angeheuert hatte, um Rickmers zu töten? Genau! Und der hatte dann Muffe gekriegt, als er die Leiche vor sich liegen hatte. Und um nicht unter Verdacht zu geraten, hatte er die Polizei gerufen. Vielleicht hatten Wiese und Baginski den Mord sogar gemeinschaftlich verübt.

      Hinrichs war aufgewühlt, als er nun mit dem Cappuccino in der Hand die Zentralstation betrat. Er stellte den Becher vor Olufs auf den Tisch und deutete mit dem Kopf in Richtung Vernehmungszimmer. So weit kam das noch, dass er für Wiese den Kellner spielte!

      »Schieb das Ding aber vorher kurz in die Mikrowelle«, riet er seinem Untergebenen.

      Kaum hatte Hinrichs schmollend den Raum verlassen, um den bestellten Cappuccino zu holen, hatte Dieter Bennings die Befragung in versöhnlichem Ton begonnen: »Herr Wiese, nur damit Sie das hier nicht missverstehen, Sie sind selbstverständlich nicht festgenommen, und das ist auch kein Verhör. Es handelt sich lediglich um eine Befragung, zu der wir Sie hergebeten haben. Wir haben Hinweise bekommen, dass Sie und Herr Rickmers, von dessen Tod Sie ja sicher schon gehört haben, vor dessen Ableben Streit hatten.«

      »Streit? Das trifft die Sache nicht annähernd. Rickmers hat Krieg gegen meinen Verein Elmeere und auch gegen mich persönlich geführt. Und dabei war ihm jedes Mittel recht. Wenn Ihre Frage aber dahin geht, ob ich etwas mit seinem Tod zu tun habe, dann muss ich das verneinen. Ich bin Naturschützer, wissen Sie, und als solcher ist man Pazifist, jedenfalls gemessen an den militanten Methoden der Umweltzerstörer, wie Rickmers und Arfsten.«

      »Machen wir es kurz, Herr Wiese. Wo waren Sie gestern Abend zwischen zweiundzwanzig und ein Uhr nachts?«

      »Nun, ich fahre jeden Abend unsere Flächen ab, um die Schäden zu beseitigen, die nette Inselbewohner im Vorbeifahren an den Zäunen und Infotafeln anrichten. Gestern Abend hatte ich den zerstörten Ansitz an unserer Fläche 8 einigermaßen wieder instandzusetzen. Es hat einige Zeit gedauert. Gegen zweiundzwanzig Uhr oder etwas später war ich wieder in der Pension. Dort habe ich meinen Gästen Fotos und Videos über die Umweltzerstörung auf unserer Insel gezeigt. Die Filme habe ich übrigens auch bei Youtube einstellen lassen. Da können Sie sich die Sauerei mal ansehen. So ein Videoabend in der Pension löst immer ausufernde Gespräche aus. Etwa gegen halb eins sind meine Gäste auf ihre Zimmer gegangen. Ich habe noch aufgeräumt und bin dann auch ins Bett. Meine Frau wird Ihnen das bestätigen.«

      Die Tür öffnete sich, und Polizeihauptmeister Olufs stellte einen Becher Cappuccino vor Wiese auf den Tisch. Hinrichs ließ sich nicht mehr blicken.

      »Herr Olufs, Herr Wiese wird Ihnen gleich einige Namen nennen. Es handelt sich um Pensionsgäste, die sein Alibi für die Zeit ab zweiundzwanzig Uhr gestern Abend bestätigen können. Wenn wir hier fertig sind, bringen Sie Herrn Wiese bitte nach Hause, und lassen Sie sich das Alibi von den Herrschaften bestätigen. Danach fertigen Sie ein Protokoll an und legen es mir vor.«

      Olufs nickte und verließ das Zimmer.

      »Herr Wiese, wenn ich das alles richtig verstanden habe, waren Sie gestern Abend alleine mit Ihrem Auto unterwegs.«

      Wiese nickte und nahm einen Schluck von seinem Cappuccino.

      »Hat Sie irgendjemand auf Ihrer Tour gesehen, der bezeugen kann, dass Sie nicht in der Nähe der Boldixumer Vogelkoje gewesen sind?«

      »Sie können sicher sein, dass ich gesehen wurde. Ich stehe nämlich unter ständiger Beobachtung hier auf der Insel. Selber habe ich niemanden bemerkt. Aber entlastende Aussagen werden Sie von keinem Bauern hier bekommen. Die wären froh, wenn sie mir endlich etwas anhängen könnten.«

      »Kannten Sie Herrn Rickmers näher?«

      »Wie man sich so kennt, wenn man jahrelang Zoff mitein­ander hat. Den Arfsten kenne ich besser; hat schon in der Schule immer von mir abgeschrieben und ist heute noch genauso doof wie damals.«

      »Moment, ich dachte, Sie kommen vom Festland. Uns liegen Informationen vor, dass Sie zugezogen sind.«

      »So ist es, allerdings war ich acht Jahre alt, als ich mit meinen Eltern auf die Insel gekommen bin. Das ist jetzt über vierzig Jahre her, aber zugezogen bleibt man für mehr

Скачать книгу