Leander und die Stille der Koje. Thomas Breuer

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Leander und die Stille der Koje - Thomas Breuer

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scheint, es gibt vorsintflutliche regionale Eigenarten, die ich gar nicht verstehen will. Gibt es etwas, das uns weiterhelfen könnte? Ich meine, haben Sie eine Ahnung, wer Herrn Rickmers getötet haben könnte?«

      »Sie meinen, außer mir? Keine Ahnung. In den Kreisen kenne ich mich nicht aus. Vielleicht war da noch eine Rechnung zu begleichen, ein Streit zwischen seinem Urgroßvater und dem eines anderen Inseldöskopps, wer weiß. Mir gefällt das jedenfalls gar nicht, dass Rickmers tot ist. Der Kerl war berechenbar. Wer weiß, was für ein Heini jetzt die Leitung der Jägerschaft übernimmt. Dieser Paulsen steht bestimmt schon in den Startlöchern, und mit dem ist nicht gut Kirschen essen. Ich vermute, dass er hinter den Anschlägen auf unsere Flächen steckt. Letzte Woche hat mich jemand mit seinem Wagen vom Weg abgedrängt. Ich kann es nicht beweisen, aber ich vermute, dass er es war. Ich bin im Graben gelandet und hatte hinterher Mühe, das Auto mit dem Trecker wieder freizubekommen. Jedenfalls ist Paulsen wesentlich radikaler als Rickmers und war mit dessen eher liberaler Art überhaupt nicht einverstanden.«

      »Haben Sie Herrn Paulsen angezeigt?«

      Wiese nickte resigniert. »Klar, allerdings musste das als Anzeige gegen Unbekannt laufen. Und mal ehrlich: Was bringt das schon? Ich hatte keine Zeugen, und bevor denen hier jemand an die Karre fährt …«

      »Gut, Sie können dann jetzt gehen. Herr Olufs fährt Sie nach Hause. Stellen Sie ihm bitte kurz Ihre Pensionsgäste vor, die Ihr Alibi bestätigen können, dann ist die Sache vorerst für Sie erledigt.«

      Bennings erhob sich und gab Wiese die Hand. Dernau, der dem Gespräch schweigend gefolgt war, nickte ihm nur kurz zu.

      »Was hältst du von dem Mann?«, fragte Bennings, als Wiese den Raum verlassen und die Tür hinter sich geschlossen hatte.

      Dernau zuckte mit den Schultern. »Solche Gutmenschen sind mir suspekt. Wir sollten ihn nicht aus den Augen verlieren. Wer weiß, wie weit er geht, um seine Enten zu schützen.«

      »Möwen«, verbesserte Bennings ihn grinsend. »Möwen und Gänse, und dann noch Alpenstrandläufer und wer weiß wie viele andere Telegrafenmasthocker.«

      »Und nun? Feierabend?«

      Bennings schaute auf seine Armbanduhr und schüttelte den Kopf. »Zu früh. Die ersten Ergebnisse der KTU können wir nicht vor morgen Nachmittag erwarten, eher übermorgen. Zuerst muss unser toter Jägermeister mal in Flensburg sein. Frau Rickmers, Arfsten und Wiese haben wir verhört, bleiben noch diese Frau Olsen und der junge Rickmers. Ruf doch gleich mal an, ob er inzwischen zu Hause ist. Ich nehme mir in der Zwischenzeit diese Speicherkarte vor. Ist bestimmt interessant, wie es in der Hütte ausgesehen hat, als der Tote noch dringelegen hat. Mann, Mann, Mann, lässt der einfach die Leiche abtransportieren …! Dieser Hinrichs ist wirklich die letzte Nulpe.«

      Dernau ging aus dem Zimmer, um vorne in der Wache zu telefonieren. Bennings nahm die Speicherkarte vom Schreibtisch, zog seinen Laptop aus der Aktentasche und stellte ihn vor sich auf den Tisch. Er klappte ihn auf, ließ ihn hochfahren und suchte derweil nach dem Kartenschlitz. Die Speicherkarte passte aber nicht hinein. Der Laptop hatte einen SD-Karten-Schacht, Baginskis Fotokarte aber war eine der größeren CF-Karten.

      »Scheiße«, fluchte er leise. »Kann das denn nicht einmal ganz einfach gehen?«

      Er erhob sich von seinem Stuhl und ging ebenfalls nach vorne in die Wachstube. Dernau legte gerade den Hörer wieder auf die Gabel und schüttelte leicht den Kopf.

      »Was ist?«, fragte Bennings. »Ist er da?«

      »Da ist er schon, aber offenbar nicht ganz bei sich. Hat mich gefragt, ob das nicht Zeit bis morgen habe, er wolle sich gleich mit seiner Freundin treffen.«

      »Da müssen Sie sich nichts bei denken«, mischte sich Obermeister Jörn Vedder ein. Er saß mit hinter dem Kopf verschränkten Händen an seinem Schreibtisch und vermittelte den Eindruck eines gemütlichen Beamten, den nichts aus der Ruhe bringen konnte, jedenfalls nicht vor dem Feierabend.

      »Ach, muss ich das nicht? Finden Sie es normal, dass der Sohn eines Mordopfers Wichtigeres zu tun hat, als mit der Polizei zu reden?«, fuhr Dernau auf.

      »Normal …!«, entgegnete Vedder in demselben gemütlichen Ton wie vorher. »Was ist schon normal? Maarten Rickmers jedenfalls nicht, das ist ein arroganter, verwöhnter Rotzbengel. Hat von seinem alten Herrn immer alles hinten reingeschoben bekommen. Sie müssten mal das Auto sehen, das der schon mit achtzehn Jahren fährt: Mercedes Geländewagen. So was kann ich mir bis zur Pensionierung nicht leisten, und danach wahrscheinlich erst recht nicht. Aber mal abgesehen davon: Hätten Sie Lust, mit der Polizei zu reden, wenn Sie sich stattdessen mit Ihrer Freundin treffen könnten?«

      »Da hat er recht«, stimmte Bennings zu. »Andererseits können wir auf solche Befindlichkeiten keine Rücksicht nehmen. Und? Was hast du dem Bengel geantwortet?«

      »Dass wir ja eigentlich vorgehabt hätten, ihn zu Hause aufzusuchen. Aber nun hätte ich dazu plötzlich auch überhaupt keine Zeit mehr, und er solle seinen Hintern in Bewegung setzen und sofort hier erscheinen, sonst würde ich unseren Chef zu ihm schicken, und der könnte ganz schön ungemütlich werden.«

      »Ihren Chef?«, erkundigte sich Vedder. »Ist der denn auch hier auf Föhr?«

      »Ist er«, klärte Dernau ihn auf. »Herr Hinrichs. Jedenfalls hält Frau Rickmers ihn für unseren Chef.«

      Vedder lachte laut auf und konnte sich auch nicht wieder einkriegen, als Bennings ihn nach einem Kartenlesegerät fragte. Er winkte nur ab, griff in eine Schublade und zog ein kleines Kästchen heraus, das er Bennings zuwarf.

      »Wo ist Hinrichs eigentlich?«, erkundigte sich der.

      »Hat sich in den Feierabend verabschiedet, nachdem Sie ihn Cappuccino holen geschickt haben. Das ging ihm dann wohl doch zu weit«, antwortete Vedder grinsend. »Außerdem hat er ab achtzehn Uhr ja wieder Dienst. Da sollte er sich wirklich vorher etwas ausruhen. Sonst ist der nämlich unerträglich.«

      Bennings und Dernau lachten und wandten sich wieder dem Nebenraum zu.

      »Hinrichs und Chef der Mordkommission«, hörten die beiden Kriminalbeamten den Polizeibeamten noch sagen, als sie schon wieder in ihrem Büro waren, »das ist wirklich klasse! Der findet im Dunkeln nicht mal seinen eigenen Arsch, wenn ich ihm nicht die Kerze halte.«

      Dernau grinste breit und schloss die Tür hinter sich. »Unser Freund Vedder kennt seinen Chef aber gut.«

      »Kein Wunder, arbeite du mal jahrelang mit so einer Flitzpiepe zusammen«, kommentierte Bennings und fügte vorsichtshalber hinzu: »Kein falsches Wort jetzt! Hüte deine Zunge!«, bevor Dernau zu einem Kalauer gegen ihn ansetzen konnte.

      Bennings schloss das Kartenlesegerät an seinen Laptop, wartete kurz die Installationsroutine ab und steckte die CF-Karte in den passenden Schlitz. Auf dem Bildschirm öffnete sich ein Auswahlmenü. Einige Klicks weiter war Bennings in dem Ordner mit den Fotos, die Baginski am Vorabend geschossen hatte.

      »Oha«, kommentierte Dernau. »Und der Mann will Naturfotograf sein? Alles verwackelt, von den Viechern erkennt man ja rein gar nichts. Und total unterbelichtet, das ist dunkel wie im A…«

      »Ist ja gut«, ging Bennings dazwischen, »jetzt krieg dich mal wieder ein.«

      Er klickte das erste Foto an, das Baginski im Kojenwärterhäuschen geschossen hatte. Zum Glück war so eine Hütte kein bewegliches Ziel. Entsprechend scharf waren wenigstens diese Fotos

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