Germanias Vermächtnis. Swen Ennullat

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Germanias Vermächtnis - Swen Ennullat

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war, der sich vor mehr als zehn Jahren von ihr getrennt hatte, er hatte sie auch allein gelassen, als es um die Organisation von Michaels Beerdigung ging, und er hatte ihr nicht beigestanden, als sie sich den Fragen der trauernden Verwandten stellen musste, ein weiteres Versäumnis, das er sich vorwerfen musste.

      Julia wiederum hatte trotz allem an der Beerdigung seiner Mutter teilgenommen und ihm dadurch die nötige Kraft gegeben, diesen Tag durchzustehen.

      Ihr Erscheinen verstand er aber im Nachhinein – so redete er es sich seit Wochen ein – nur noch als rein freundschaftliche Geste, da sie sich danach lediglich zweimal kurz sahen und während Torbens Vietnamreise weniger als ein halbes Dutzend Mal miteinander telefonierten. Und nach jedem dieser – in seinen Augen – unpersönlichen Telefonate hatte er sich schlechter gefühlt als vorher. Sie wurden dadurch nur zu weiteren willkommenen Anlässen, um zur Flasche zu greifen.

      Aber vielleicht hatte sie ja nur etwas Zeit gebraucht, um – genauso wie er – etwas Abstand zu gewinnen und ihre Gefühle zu ordnen. Tief in seinem Inneren begann wieder ein Funke zu glimmen, sein Widerstand brach und er hörte sich selbst die Frage stellen: „Levitt und du, wie wollt ihr denn vorgehen?“

      Ihr Händedruck löste sich, sie stand auf und lief in dem kleinen Zimmer langsam auf und ab.

      „Wir haben eine Spur gefunden, die vielleicht zum Orden führen könnte. Sie hängt offenbar mit den Finanzgeschäften dieser Stiftung in Bad Mergentheim zusammen, die als Tarnung für die Priesterinnen gedient hatte.“

      Torben erinnerte sich, sie waren damals bei ihren Nachforschungen auf das Deutschordensschloss in Bad Mergentheim gestoßen. In Unkenntnis, dass dort tatsächlich just zu diesem Zeitpunkt eines der wichtigsten Treffen des Ordnens stattfand, hatte Torben die Veranstaltung gestört, was dazu führte, dass seine Freunde und er gefangen genommen wurden. Es stellte sich heraus, dass die im Schloss ansässige Stiftung für Demografie und Pflege der deutschen Kultur eine der vielen Tarnorganisationen der Priesterinnen war. Nach ihrer Entdeckung hatten die Ertappten jedoch unverzüglich begonnen, die dort unterhaltenen Büros zu räumen und alle Spuren zu verwischen.

      In Torben fing es zu arbeiten an. Julia könnte Recht haben. Obwohl der Orden unbeschreiblich mächtig und einflussreich war, hatten es seine Repräsentanten sicherlich dennoch nicht mehr geschafft, alle Unterlagen zu vernichten, die zum Beispiel in deutschen Finanzämtern oder den zuständigen Ministerien zu der Stiftung lagerten. So sehr sich die Priesterinnen auch anstrengt hatten, dieses Mal hinterließen sie bestimmt Brotkrumen, denen man folgen könnte.

      Julia sprach bereits weiter: „Mosche hat die Ermittlungen der deutschen Behörden begleitet. Ihm ist der Vorname einer Person aufgefallen, die die Prokura besaß, die Finanzgeschäfte der Stiftung abzuschließen, nicht nur, weil er in seinen Ohren ziemlich ungewöhnlich klang, sondern auch, weil er ihn bei deiner Aussage, die du damals machen musstest, schon einmal gehört hatte. Er lautet Margot. Du weißt schon, Meisterin Margot! Das könnte eine gute Spur sein, glaubst du nicht?“

      Torben dachte nach. Margot war nicht eine x-beliebige Vertreterin des Ordens. Sie wollte ihm damals zur Flucht verhelfen und hatte ihm gestanden, dass die Schwester seines Großvaters namens Hilde Schauweiler nicht im Zweiten Weltkrieg ums Leben gekommen war. Sie war vielmehr der Trumpf gewesen, mit denen sein Vorfahr zur Zusammenarbeit mit dem Geheimzirkel genötigt und zu Höchstleistungen motiviert worden war.

      Margots Familie wurde nach Kriegsende vom Orden auserwählt, Hilde an Kindes statt großzuziehen. Und so kam es, dass beide Frauen wie Schwestern aufwuchsen. Die Gefühle, die sie verbanden, hatten aber, je älter sie wurden, irgendwann nichts mehr mit Geschwisterliebe gemein. Margot hatte ihm erzählt, dass sie bis zu Hildes Tod nicht nur gemeinsam dem Orden dienten, sondern über all diese Jahrzehnte auch eine Liebesbeziehung pflegten.

      Dennoch zweifelte er: „Julia, ich weiß nicht, ist das nicht alles etwas weit hergeholt? Sicherlich ist der Name Margot heute nicht mehr so geläufig, aber vor siebzig, achtzig Jahren war es keineswegs ungewöhnlich, sein Kind so zu nennen.“

      „Ich bin noch nicht fertig!“, setzte Julia schnell fort, die spürte, wie Torbens Neugier erwachte. „Der komplette Name lautet Margot Wiese. Es gibt zwar keine Adresse zu ihr, aber wir sind in den Unterlagen auf eine weitere Frau namens Hilde Wiese gestoßen, für die die Stiftung Beiträge an die Rentenversicherungsanstalt abgeführt hat. – Verstehst du, zwei Schwestern, die beide für die Stiftung arbeiteten und laut den Unterlagen auch noch ungefähr gleich alt waren! Dazu die Vornamen Margot und Hilde! Es passt alles zusammen, meinst du nicht auch?“

      Selbst Torben musste zugeben, dass dies ein erstaunlicher Zufall war und fragte gespannt: „Was habt ihr noch?“

      In diesem Moment erkannte Julia, dass sie ihn am Haken hatte. Und Torben wusste es auch. Sie setzte sich wieder neben ihn. „Die Zahlungen der Stiftung an Hilde wurden vor fast neun Jahren eingestellt. Das könnte auf zwei Möglichkeiten deuten, zum einen, dass sie sich einen anderen Arbeitgeber gesucht hat oder zum anderen, dass sie …“

      „ … verstorben ist“, beendete Torben den Satz.

      Julia nickte.

      „Mosche hat in den letzten Wochen unzählige Sterbeanzeigen durchforstet und Bestattungslisten eingesehen. Offenbar gibt es kein einheitliches Sterberegister in Deutschland. Du erinnerst dich vielleicht an den letzten Zensus. Dieser wurde ja auch mit fehlenden oder ungenauen Strukturdaten begründet. Auf jeden Fall hat er etwas gefunden.“

      „Du sprichst sehr oft von diesem Mosche“, bemerkte Torben beiläufig und mit dem Versuch eines Augenzwinkerns.

      „Was? Was soll das denn jetzt?“ Julia schüttelte ungläubig den Kopf. „Nichts weiter, es fiel mir nur auf. Ich wusste nicht, dass du so engen Kontakt zum Mossad hast. Also, auf was ist er gestoßen?“

      „So intensiv war der Kontakt nicht. Ich glaube, sie wollten eher mit dir reden, aber du hast dich ja völlig abgekapselt. Wahrscheinlich hatten sie gehofft, über mich an dich heranzukommen. Offensichtlich lagen sie da nicht ganz daneben.“ Dieses Mal blinzelte sie ihm zu.

      „Aber weiter, in dem Monat, in dem die letzte Einzahlung erfolgte, wurde die Urne einer Frau Hilde Wiese anonym, ohne Grabstelle auf einer extra für diese Fälle vorgesehenen Fläche eines Friedhofs in einem kleinen Ort namens Meldorf an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste beigesetzt.“

      „Also deshalb sind wir hier. Aber wie kommt ihr darauf, dass uns das weiterbringt?“

      „Weil sich ihr Todestag morgen jährt!“

      Torben saß auf der Rückbank einer dunklen Mercedes Limousine. Julia, die ihre Augen geschlossen hatte, befand sich nicht einmal eine Armlänge entfernt und er hätte sie so gerne berührt. Aber soweit waren sie noch lange nicht.

      Ihr Gespräch am gestrigen Abend hatte, nachdem sie ihm das Sterbedatum seiner Tante mitgeteilt hatte, nur noch einige Minuten gedauert. Sie hatte ihm lediglich noch eröffnet, dass sie hofften, heute Margot auf dem Friedhof zu stellen, falls sie an das Grab ihrer verstorbenen Geliebten zur Andacht kommen sollte. Danach hatte sie ihn mit Verweis auf ihre Jetlag-bedingte Müdigkeit allein in seinem Zimmer zurückgelassen.

      Unter der Dusche waren seine Selbstzweifel zurückgekehrt. Doch er hatte auch so etwas wie einen Funken Hoffnung gespürt, eine Zuversicht seine Beziehung zu Julia betreffend. Er kannte sie schon seit seinem siebzehnten Lebensjahr. Vor zehn Jahren hatte er sich aus rein egoistischen Gründen von ihr getrennt. Heute wusste er, dass er damit vermutlich den größten Fehler seines Lebens begangen hatte. Aber vielleicht

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