Dr. Norden Staffel 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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»Ich bin hier im Bad!«, kam postwendend die Antwort.
Nach einem Blick auf den Wecker sank Daniel erleichtert zurück in die Kissen.
»Bist du aus dem Bett gefallen oder warum bist du schon auf? Es ist doch noch so früh.«
Fee stand vor dem Spiegel und betrachtete die geschwollenen Lippen. Unerträgliche Schmerzen im Mund hatten sie geweckt, und sie war ins Badezimmer gegangen. Als sie die unförmigen Lippen sah, war sie furchtbar erschrocken. Doch viel schlimmer als das waren die neuen Blasen, die sich auf ihrer Mundschleimhaut gebildet hatten. Schon am Abend zuvor war ihr das Essen mehr als schwer gefallen. Doch jetzt war der Gedanke daran, Nahrung zu sich zu nehmen, schier undenkbar. Dazu kamen nach wie vor die grippeähnlichen Symptome, die wiedergekommen waren, nachdem die Wirkung der Medikamente nachgelassen hatte.
»Fee? Ist alles in Ordnung?«, rief Daniel besorgt, nachdem er keine Antwort bekommen hatte.
»Ich komme gleich zu dir.« Verzweifelt stand Fee vor dem Spiegel und dachte fieberhaft nach. Auf keinen Fall konnte sie ihren Zustand noch länger vor ihrem Mann verbergen. So blieb ihr nichts anderes übrig, als in den sauren Apfel zu beißen und ins Schlafzimmer zurückzukehren. »Nicht erschrecken!«, bat sie, bevor sie zu ihm ans Bett trat. Ihren schlanken Körper versteckte sie in einem Bademantel. Doch ihr Gesicht konnte sie schlecht verschleiern. »Ich habe eine kleine Typveränderung durchgemacht«, versuchte sie in ihrer Not zu scherzen.
»Ich liebe dich, egal wie du aussiehst …«, wollte Daniel erwidern. Doch beim Anblick seiner geliebten Frau blieb ihm das Wort ihm Hals stecken. »Um Gottes willen, Fee, was ist passiert?«, fragte er erschrocken und setzte sich kerzengerade im Bett auf. Ohne sie aus den Augen zu lassen, fasste er sie an den Händen und zog sie zu sich auf die Bettkante. »Was ist los mit dir?«
»Ich weiß es nicht!« Fees Stimme war klein und jämmerlich. »Ich hab Blasen auf der Mundschleimhaut. Die tun furchtbar weh.«
»Deine Lippen sehen furchtbar aus.« Daniels Hand schwebte Millimeter über ihrem Mund. Er wagte es nicht, ihn zu berühren, aus Angst, ihr wehzutun. »Was kann das nur sein?«
»Eine Grippe jedenfalls nicht«, musste Felicitas wohl oder übel eingestehen.
Sie war so schwach und fühlte sich so elend, dass eine einsame Träne über ihre Wange rann.
Das war der Moment, in dem es Daniel Norden mit der Angst zu tun bekam. Fee war keine der Frauen, die ohne guten Grund in Tränen ausbrachen.
»Ich bring dich in die Klinik. Die Kollegen dort müssen herausfinden, was dir fehlt«, beschloss er und schwang die Beine aus dem Bett. »Leg dich nochmal hin. Ich bin gleich wieder bei dir.« Einen heißen, kleinen Augenblick lang wünschte er sich, sie würde ihm widersprechen wie tags zuvor.
Doch Fees Widerstand war gebrochen. Wie ein Häuflein Elend rollte sie sich auf seiner Bettseite zusammen. Als er fix und fertig angezogen aus dem Bad kam und an ihre Seite trat, musste er einsehen, dass er sie nicht selbst fahren konnte. Alle Kraft schien sie verlassen zu haben. Unfähig, sich aus eigenem Antrieb zu bewegen, brauchte sie einen Krankentransport.
*
»Toast mit Butter und Honig. Süße, heiße Schokolade. Orangensaft mit Fruchtfleisch«, präsentierte Sebastian stolz das Frühstück, das er für Ricarda zubereitet hatte.
Fasziniert betrachtete sie die liebevoll gedeckte Tafel.
»Oh, Basti, das ist Wahnsinn«, schwärmte die Krankenschwester verliebt. »In all den Jahren hast du nicht vergessen, was ich gern mag.«
»Ehrlich gesagt war das nicht so schwierig, weil ich nämlich schon immer dieselben Sachen frühstücke wie du«, gestand er, obwohl das nicht die ganze Wahrheit war. Tatsächlich hatte er alles sorgfältig geplant, die Dinge eingekauft, die sie gern mochte, und sich an die eine oder andere liebenswerte Eigenart erinnert. Er wusste zum Beispiel um ihren Faible für bunte, kindlich gemusterte Servietten und hatte extra welche besorgt.
»Kann schon sein, dass du auch gern Honig zum Frühstück magst. Ansonsten bist du aber ein schlechter Lügner«, durchschaute Ricarda ihn sofort und lächelte dieses unwiderstehliche Lächeln, bei dem sich ihre Nase kräuselte. Gleichzeitig tippte sie mit der Fingerspitze des Zeigefingers auf die Luftballon-Serviette. »Du willst mir nicht im Ernst erzählen, dass die aus deinem normalen Sortiment stammt.«
Sebastian grinste breit und beugte sich über seine neue, alte Liebe, um ihr einen Klecks Butter aus dem Mundwinkel zu küssen.
»Ab jetzt schon«, erklärte er und wurde unvermittelt ernst. Er lehnte sich wieder zurück und betrachtete Ricarda eingehend, wie sie da saß. Sie trug einen roten Pyjama mit weißen Punkten. Die rotblonden Haare hatte sie zu einem wilden Dutt auf dem Kopf zusammengesteckt, und ihre grünen Augen blitzten vergnügt.
»Du bist einfach unglaublich. Weißt du … ich meine, ich will dich ja nicht verletzen, aber natürlich gab es nach dir noch andere Männer in meinem Leben. Dummerweise hat mich jeder wegen meiner Vorliebe für Seifenblasen, Konfetti und Luftballons irgendwann ausgelacht.« Ricarda ließ goldgelben Honig auf ihren Buttertoast tropfen und zog einen Schmollmund. »Früher oder später hat jeder behauptet, dass ich kindisch bin. Dabei stimmt das gar nicht. Wenn man so viel Not und Leid sieht wie ich in meinem Beruf, dann freut man sich über jedes bisschen Fröhlichkeit. Aber wenn du genauso denkst wie alle anderen, dann sag es am besten gleich. So können wir uns eine herbe Enttäuschung sparen.« Ohne Luft zu holen, hob sie ihren Toast hoch und biss herzhaft hinein. Während sie kaute, ließ sie Sebastian nicht aus den Augen. »Was denkst du?«, fragte sie, als er nicht sofort antwortete.
»Ich denke, dass du ganz anders bist als die meisten anderen Frauen, die ich bisher kennengelernt habe«, gestand er lächelnd.
Doch so leicht war Ricarda nicht zu überzeugen.
»Du meinst wie die meisten anderen hübschen, selbstsicheren, modebewussten Frauen, die du so kennst?« Zweifelnd streckte sie die Beine aus und blickte hinab auf ihre Plüschhausschuhe mit Hasenohren. Sie wackelten, wenn sie die Zehen auf und ab bewegte. »Immerhin übernimmst du mal den Betrieb deines Vaters. Als zukünftiger Geschäftsinhaber bist du sicher sehr begehrt in der Frauenwelt. Noch dazu, wo du so unverschämt gut aussiehst.« Aus Ricardas Mund klang dieses Kompliment so entwaffnend ehrlich und natürlich, dass Sebastian gar nicht erst versuchte zu widersprechen.
Zu ihrem Entsetzen nickte er auch noch. Dabei bemerkte sie nicht, wie schwer es ihm fiel, ernst zu bleiben.
»Das stimmt natürlich. Ich bin wahnsinnig begehrt«, antwortete er augenzwinkernd. »Zumindest so lange, bis diese unglaublich hübschen, erfolgreichen, modischen Frauen rausfinden, dass ich Geocaching – also diese Schnitzeljagd mit dem Navi – liebe und gern Science Fiction lese ist es gleich aus mit der großen Begeisterung.«
Als sie das Wort ›Schnitzeljagd‹ hörte, begannen Ricardas grüne Augen zu leuchten.
»Als Kind habe ich Schnitzeljagd immer geliebt. Dabei war das Suchen viel aufregender als das Finden. Oh bitte, gehst du mir mal zum Geoki … kä ….keschen?«
»Geocaching heißt es richtig«, erklärte Sebastian liebevoll und nicht minder überrascht. »Du willst wirklich mal mitkommen? Das hat freiwillig noch keine gemacht.«
»Du hast doch selbst gesagt, dass ich anders bin als die meisten anderen Frauen.« Abenteuerlustig rutschte Ricarda vom Barhocker und sah Sebastian erwartungsvoll an.