Der Landdoktor Staffel 1 – Arztroman. Christine von Bergen

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Der Landdoktor Staffel 1 – Arztroman - Christine von Bergen Der Landdoktor Staffel

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so melodisch, wie immer ein Zeichen dafür, dass sie wegen seiner Verspätung nicht allzu böse sein konnte.

      Er betrat die Landhausküche. Als er seine Frau, die Mutter seiner beiden längst erwachsenen Kinder, von hinten an der Spüle stehen sah, schlug sein Herz höher, selbst nach den vielen Ehejahren noch.

      Sie war immer noch eine schöne Frau, für ihn die schönste überhaupt. Ein wenig molliger als früher, aber er liebte ihre Rundungen. Und als sie sich jetzt zu ihm umdrehte und sich sichtlich bemühte, ihren Augen, die die Farbe des wolkenlosen Sommerhimmels an diesem Mittag hatten, einen strengen Ausdruck zu geben, war er mit ein paar Schritten bei ihr.

      »Entschuldige«, murmelte er in ihr Haar, »aber ich kann meine Patienten doch nicht einfach punkt Zwölf nach Hause schicken.«

      Ulrike befreite sich aus seiner Umarmung, sah zu ihm hoch und lächelte ihn an. Die bedingungslose Liebe in ihrem Blick durchflutete ihn mit Wärme und Dankbarkeit.

      Spielerisch rieb sie ihre Nase an seiner Wange.

      »Ich weiß«, raunte sie, um dann gleich darauf einen Schritt zurückzutreten und mit erhobenem Zeigefinger energisch zu sagen: »So, jetzt wird aber gegessen. Und beschwere dich ja nicht, wenn das Fleisch inzwischen zu trocken ist.«

      »Jawoll«, erwiderte er in gleichem Ton, schlug zackig die Hacken zusammen und salutierte, woraufhin sie beide herzlich lachten.

      Während das Arztehepaar auf der Terrasse des Schwarzwaldhauses Schäufele mit Kraut aß, fuhr Amelie aus Ruhweiler heraus, wo sie nach dem Arztbesuch eingekauft hatte. Immer noch spukte ihr der attraktive Fahrer des Geländewagens durch den hübschen Kopf.

      Sie hatte ihn nie zuvor im Ort gesehen. Wahrscheinlich machte er Urlaub hier in der Gegend, mit Freundin oder Ehefrau und Kindern. Ein Mann wie dieser lief bestimmt nicht mehr solo durch die Gegend. Leider.

      Sie seufzte vor sich hin, während sie ihr Auto durch die Kurven lenkte. Als sie aus dem Wald kam, begegnete ihr ein knallrotes Sportcabrio. Aus seinem Verdeck wehte die schwarze Lockenmähne der rasanten Fahrerin wie eine Fahne.

      Britta!

      Amelie schüttelte den Kopf.

      Typisch für ihre angeheiratete Kusine. Sie konnte einfach nicht vernünftig fahren. Klar, dass Britta sie bei dieser Geschwindigkeit gar nicht wahrgenommen hatte. Wie der Blitz war sie an ihr vorbeigeschossen. Ein Blick auf die Uhr im Armaturenbrett verriet ihr, dass Jonas’ Frau spät dran war. Die Zwillinge saßen bestimmt wieder einmal auf der Treppe des Kindergartens und warteten auf ihre Mutter.

      Hätte ich die beiden doch besser abgeholt, sagte sie sich mit schlechtem Gewissen. Aber Britta hatte darauf bestanden, dies selbst zu tun. Und wieder einmal fragte sie sich, wie ihr Vetter Britta nur hatte heiraten können. Eine Malerin aus Berlin, die für zwei Nächte Gast in seinem Hotel gewesen war. Liebe auf den ersten Blick so hatte er seine Gefühle damals mit völlig verklärtem Blick beschrieben. Und als Britta unerwartet schwanger geworden war, hatte er sie zur Hochzeit überredet.

      Man sollte niemals das Glück erzwingen wollen, sagte sie sich mit traurigem Lächeln.

      Schon bald sah Amelie den Hotelkomplex Wiesler auf einer der Anhöhen liegen. Das alte Schwarzwaldhaus strahlte Wärme, Charme und eine majestätische Zeitlosigkeit aus. Um das Haupthaus herum scharten sich noch kleinere Häuser mit tief gezogenen Schindeldächern und winzigen Fenstern. In einem befand sich die Wellness- und Sportabteilung, im anderen Wirtschafts- und Personalräume, im dritten wohnte Jonas mit seiner Familie. Sie lebte mit dem Hotelpersonal unter einem Dach, besaß jedoch dort eine große Wohnung mit herrlichem Ausblick auf den Wald.

      Amelie lächelte versonnen.

      Seit fünfzehn Jahren war sie hier zu Hause, war mit Jonas wie mit einem Bruder aufgewachsen. Und wie mit einem Bruder fühlte sie sich auch mit ihm verbunden.

      Nun hatte sie das mit bunten Blumen bepflanzte Rondell erreicht. Als sie ausstieg, kam ihr Vetter aus dem Hoteleingang auf sie zu gelaufen. Er musste bereits auf sie gewartet haben.

      Wie meistens in der letzten Zeit sah er blass aus. Nein, vielmehr kreidebleich, wie sie beim näheren Hinsehen erschrocken feststellte.

      »Was ist passiert?«, fragte sie, als sie sich gegenüberstanden.

      Es musste etwas geschehen sein, und zwar nichts Erfreuliches. Das verriet seine versteinerte Miene.

      »Komm mit rüber«, sagte er nur mit belegter Stimme und führte sie am Ellenbogen zu seinem Wohnhaus.

      Sie kannte ihn. Es lag ihm nicht, sein Innerstes nach außen zu kehren, Gefühle und Empfindungen in Worte zu fassen. Lieber schwieg er. Doch nachdem sie die Diele betreten hatten, brach es wie eine Fontäne aus ihm heraus.

      »Britta ist weg. Sie hat mich verlassen. Vor ein paar Minuten. Sie muss alles lange vorher geplant haben. Eine notarielle Vereinbarung hat sie mir vorgelegt, die ich unterschreiben soll. Sie verzichtet auf jegliches Geld und auf das Sorgerecht für Kim und Tim, wenn ich in eine schnelle Scheidung einwillige.« Er griff sich an die Stirn, mit zitternder Hand. »Ich komme mir vor, als wäre ich gerade von einem Schnellzug überrollt worden. Sie hat einfach ihren Koffer genommen und ist gefahren. Zu ihrem Neuen. Einem Schweizer, einem reichen Kunstexperten, zwanzig Jahre älter, der sie heiraten will. Sie liebt ihn, sagt sie. Sie wäre verrückt nach ihm. Er würde ihr das Leben bieten, das sie immer hätte führen wollen.«

      Endlich hielt er inne. Seine Schultern sackten herab. Alle noch vorhandene Kraft schien mit einem Seufzer aus ihm herauszufließen.

      Amelie schluckte, strich sich eine Strähne aus der Stirn, sah sich in der großzügig gestalteten Diele mit den alten Bauernmöbeln orientierungslos um. Draußen zwitscherten die Vögel, so munter, als wollten sie sich über den gehörnten Jonas lustig machen. In diese fröhliche Melodie hinein schrillte ein paar Atemzüge später das Handy ihres Vetters. Gleichzeitig mit ihm zuckte sie zusammen wie unter einem Peitschenhieb.

      »Britta …«, stieß Jonas hervor. Hoffnung sprach aus seinem Blick.

      Die Zwillinge, schoss Amelie durch den Kopf.

      Doch es war der Küchenchef.

      »Ich muss rüber zum Hotel«, sagte ihr Vetter, als würde er gerade aus einem Albtraum aufwachen.

      Sie hielt ihn an beiden Armen fest. »Soll ich?«

      Verneinend schüttelte er den Kopf. »Kümmere dich bitte um Kim und Tim. Britta wird sie ganz bestimmt nicht vom Kindergarten abgeholt haben.«

      Diesen Satz spuckte er aus wie Galle, bevor er aus dem Haus stürmte.

      So machte sich Amelie an diesem Vormittag noch einmal auf den Weg nach Ruhweiler, wo Kim und Tim in den Kindergarten gingen. Um Zeit zu sparen, nahm sie die Abkürzung. Einen landwirtschaftlichen Weg, der über die Trollenschlucht führte.

      Auf dem Hang, auf dessen höchstem Punkt das Hotel lag, blickten ein paar Bauernhöfe hinunter ins Tal. Überall, wohin man sah, erstreckten sich blühende Wiesen und bewaldete Höhen. Eine liebliche anmutige Landschaft, die Amelie jedoch gar nicht bewusst wahrnahm. Ihre Gedanken kreisten sorgenvoll um Jonas, Britta und die Kinder.

      Als sie in den hohen Fichtenwald eintauchte, verdunkelte sich die Welt. Passend zu ihrer Stimmung. Sie begann zu frösteln und war froh, nach ein paar hundert Metern in der Ferne wieder Helligkeit zu sehen.

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