Angela Autsch. Annemarie Regensburger

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Angela Autsch - Annemarie Regensburger

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meine Familie braucht das Geld, das ich verdiene.“

      Der Vater kommt von der Arbeit und sieht Marie erwartungsvoll an.

      Sie sagt: „Ja, ich fange morgen zu arbeiten an. Nun habt ihr es auch leichter.“

      „Aber Marie, bist du dann nicht mehr daheim, so wie August?“, fragen sie fast gleichzeitig ihre Brüder Wilhelm und Franz.

      „Nein, ich komme jeden Abend heim. August kommt erst wieder, wenn der Krieg zu Ende ist.“

      Für Marie beginnt eine spannende Zeit. Sie gewinnt durch ihre fröhliche Art bald das Vertrauen der zwei kleineren Kinder. Theresia fällt es sichtlich schwer, am Morgen, wenn Marie gerade gekommen ist, die Schultasche zu packen und in die Schule zu gehen. Doch Marie tröstet sie und sagt:

      „Weißt du, ich kann dir nicht Lesen, Schreiben und Rechnen beibringen. Das lernst du alles in der Schule. Doch ich erzähle dir, wenn du magst, gerne von Jesus.“

      Bevor Theresia die Wohnung verlässt, sagt sie noch zu Marie:

      „Versprich mir, dass du mir heute am Abend, bevor du nach Hause gehst, die Geschichte von der heiligen Thérèse erzählst.“

      „Versprochen!“

      Lachend läuft Theresia die Stiege hinunter und Frau Brögger sagt zu Marie:

      „Wie schaffst du es bloß, Theresia immer wieder zu motivieren, in die Schule zu gehen?“

      Marie lächelt und sagt, dass sie später ein Versprechen, das sie Theresia gegeben hat, einhalten muss. Abends, als die zwei kleinen Kinder bereits schlafen, geht Marie in Theresias Zimmer. Sie freut sich sehr und sagt:

      „Toll! Hast du noch Zeit für die Geschichte von Thérèse?“

      „Ja, natürlich. Komm, leg dich ins Bett, ich setze mich neben dich.“

      „Die kleine Thérèse von Lisieux ist 1873 in Frankreich geboren. Meine Mama ist nur sieben Jahre älter als sie und deine Mama ist nur ein paar jünger, als Thérèse heute wäre. Sie war die Jüngste und hatte vier ältere Schwestern, außerdem vier ältere Brüder, die alle als kleine Buben gestorben sind. Als Therese vier Jahre alt war, starb auch ihre Mama. Der Papa zog mit seinen fünf Töchtern nach Lisieux. Bereits als kleines Mädchen hatte Thérèse Jesus sehr lieb. Sie glaubte fest daran, dass ihre Mama und ihre vier Brüder im Himmel sind und gut auf sie aufpassen. Als sie 14 Jahre alt war, betete sie für einen Mann, der einen anderen Mann getötet hatte und zum Tode verurteilt wurde, dass er doch noch vor seinem Tod an Gott glauben möge. Dieser Mann hat wirklich vor seinem Tod Gott um Verzeihung gebeten und zu einem Priester gesagt, dass es ihm leidtut, was er alles falsch gemacht hat.

      Mit 15 Jahren wollte Thérèse in Lisieux ins Kloster gehen, doch der Bischof sagte, dass dies noch zu früh sei.“

      Während Marie dies erzählt, muss sie mit den Tränen kämpfen und Theresia fragt sie:

      „Warum weinst du, Marie?“

      Marie streicht ihr über den Kopf und sagt leise:

      „Weißt du, ich habe bei meiner Erstkommunion Jesus auch versprochen, dass ich ins Kloster gehe.“

      „Aber Marie, du bleibst doch bei uns, oder?“

      „Ja, Schätzchen, jetzt bleibe ich bei euch. Deine Mama braucht mich, denn bald kommt das Baby.“

      „Erzähl weiter, Marie, was mit Thérèse passiert ist.“

      „Als sie mit 16 Jahren mit einer Pilgerfahrt nach Rom fuhr, fragte Thérèse sogar den Papst, er hieß Leo, ob sie ins Kloster gehen darf. Doch dieser sagte zu ihr, dass der Bischof von Lisieux damit einverstanden sein muss. Als Thérèse von Rom heimkam, erlaubte ihr der Bischof, ins Kloster zu gehen. Thérèse betete oft für andere Menschen und viele wurden durch ihr Gebet gesund. Ihre Oberin sagte sogar, dass sie alles, was sie bisher erlebt hat, aufschreiben müsse. Thérèse wurde selber sehr krank. Sie fragte nie, warum sie so früh sterben müsse, oder ob sie Gott etwa gar strafen wolle, was viele Menschen damals noch glaubten. Sie war überzeugt, dass Gott alle Menschen gerne mag, auch wenn sie nicht immer gut gelebt haben. Die Menschen brauchen nur auf Gott zu vertrauen und zu versuchen, mit jedem Menschen gut zu sein, ganz gleich, woher er oder sie kommt. Thérèse von Lisieux wurde nur 23 Jahre alt.“

      Bei ihren letzten Worten blickt Marie Theresia an und sieht, dass sie eingeschlafen ist. Sie streicht ihr noch einmal über den Kopf und macht ihr das Kreuz auf die Stirn.

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      Noch weiß Marie nicht, wie oft sie im KZ in Auschwitz vielen Sterbenden die Geschichte der kleinen Thérèse von Lisieux erzählen wird und diese Menschen Trost darin finden.

      Thérèse Erkenntnis, dass alles ein Geschenk, also Gnade ist und auch die Gerechtigkeit Gottes mit Liebe „umkleidet“ ist, wird für viele in der Hölle von Auschwitz ein Trost sein. Thérèse von Lisieux wird als Karmeliterin mit braunem Kleid, weißem Mantel und schwarzem Schleier abgebildet. Sie hält einen Strauß Rosen in den Armen. Vor ihrem Tod versprach sie, den Mitschwestern vom Himmel Rosen auf die Erde zu streuen.

      Sie war ein großes Vorbild für Marie, die spätere Schwester Angela.

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      Marie steht auf und verlässt so leise wie möglich Theresias Zimmer. Im Gang begegnet ihr Frau Brögger und sagt:

      „Marie, seit du bei uns bist, ist Theresia wie ausgewechselt. Ich bin sehr froh darüber. Die Kleinen haben dich ebenfalls liebgewonnen. Das ist für mich sehr beruhigend, denn in sechs Wochen soll ja das Baby kommen.“

      „Danke, Frau Brögger, ich bin sehr gerne bei Ihnen und auch ich mag die Kinder gerne. Jetzt mache ich mich auf den Nachhauseweg, damit ich, bevor die Dunkelheit hereinbricht, heimkomme.“

      Schneller als sie glaubt wird es Nacht. Wie froh ist Marie, als endlich die ersten Lichter von Bamenohl zu sehen sind. Die Eltern sitzen noch beim Küchentisch.

      „Marie, du bist heute spät dran. Wir haben uns schon Sorgen gemacht.“

      „Wisst ihr, ich hatte Theresia versprochen, vor dem Schlafengehen die Geschichte der heiligen Thérèse von Lisieux zu erzählen.“

      Der Vater muss lächeln. Wie oft hatte er den eigenen Kindern Heiligengeschichten vorgelesen, deshalb sagt er:

      „Marie, du hast dir sicher diese Geschichten am besten von deinen Geschwistern gemerkt.“

      Marie lächelt. Sie blickt ihre Mama an. Ihr Lächeln erstarrt. Seit sie bei den Bröggers ist, hat sie ihre Mutter nie mehr so genau betrachtet. Sie sieht, dass diese stark an Gewicht verloren hat.

      „Mama, geht es dir nicht gut?“

      Amalia versucht zu lächeln, doch es gelingt ihr nicht so recht.

      „Marie, ich glaube, dass mir etwas am Herzen fehlt. Ich fühle mich sehr erschöpft.“

      „Mama, vielleicht kommt die Müdigkeit auch vom Rheuma? Und wir sind sieben Kinder, du sorgst so gut für uns! Meine Chefin bekommt erst das vierte Kind. Sie ist auch oft müde,

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