David Copperfield. Charles Dickens

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David Copperfield - Charles Dickens

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an dem Morgen, wo ich in dem Wagen mit ihr und Mr. Barkis nach Hause fuhr, wo sie mich vor der Gartentür absetzten. Der Abschied war für uns nicht leicht, und es war für mich ein seltsamer Anblick, den Wagen mit Peggotty fortfahren zu sehen, während ich unter den alten Rüstern vor dem elterlichen Hause stand, wo mich kein Gesicht mit Liebe oder Zuneigung betrachtete.

      Und jetzt verfiel ich in einen Zustand der Vernachlässigung, auf den ich nicht zurückblicken kann, ohne mich selbst zu bemitleiden. Ich verfiel einer gänzlichen Vereinsamung – ohne freundliche Berücksichtigung, ohne Gesellschaft von andern Knaben meines Alters, ohne eine andere Gesellschaft als meine eigenen trüben Gedanken, die selbst jetzt noch, wo ich dieses schreibe, einen Schatten auf das Papier zu werfen scheinen.

      Was hätte ich darum gegeben, wenn man mich wieder in die strengste Schule geschickt, wenn man mich nur etwas gelehrt hätte! Keine solche Hoffnung schimmerte mir. Sie konnten mich nicht leiden, und sie übersahen mich hartnäckig und mürrisch: sie behandelten mich, als ob ich Luft wäre! Ich glaube, Mr. Murdstone hatte damals sehr geringe Mittel; aber das tut wenig zur Sache. Er konnte mich nicht ausstehen; und indem er mich vernachlässigte und später fortschickte, da glaubte ich, wollte er vergessen, daß ich einen Anspruch an ihn hatte–und das gelang ihm.

      Man mißhandelte mich nicht tatsächlich; man schlug und tadelte mich nicht, man ließ mich nicht hungern; aber das Unrecht, das ich erlitt, wurde mir ununterbrochen und in systematischer leidenschaftsloser Weise zugefügt. Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat wurde ich grundsätzlich so kalt behandelt. Ich wundere mich noch manchmal, wenn ich daran denke, was sie getan hätten, wenn ich krank geworden wäre: ob sie mich in meinem einsamen Zimmer hätten schmachten lassen, oder ob mich jemand gepflegt hätte!

      Waren Mr. und Miß Murdstone zu Hause, genoß ich die Mahlzeiten in ihrer Gegenwart, in ihrer Abwesenheit aß und trank ich allein.

      Zu allen Zeiten trieb ich mich ganz unbeachtet im Hause und in dessen Nahe herum; nur trugen sie Sorge, daß ich keine Bekanntschaften machte – vielleicht dachten sie, ich könnte mich gegen jemand über sie beklagen. Aus diesem Grunde war es mir wahrscheinlich nur selten erlaubt, einen Nachmittag mit Mr. Chillip zu verleben, obgleich er mich sehr oft einlud: er war Witwer und hatte vor ein paar Jahren seine kleine, dünne, blonde Frau verloren. Und so konnte ich nur selten des Vergnügens teilhaftig werden, einen Nachmittag in seinem Doktorstübchen zu verbringen, ein neues Buch zu lesen, wahrend der Duft sämtlicher Heilkräuter in meine Nase stieg, oder unter seiner freundlichen Anleitung etwas in einem Mörser zu zerstampfen.

      Aus demselben Grunde, zu dem vermutlich noch die alte Abneigung gegen sie hinzukam, war es mir nur selten erlaubt, Peggotty zu besuchen. Ihrem Versprechen getreu kam sie entweder die Woche einmal zu mir oder sie traf mich irgendwo und kam nie mit leeren Händen; aber wie viele, viele Male täuschte ich mich bitter in der Hoffnung, Erlaubnis zu erhalten, sie in ihrer Wohnung zu besuchen.

      Ein paarmal wurde es mir indessen, wenn auch nur in großen Zwischenräumen bewilligt, und da erfuhr ich denn, daß Mr. Barkis ein kleiner Geizhals und etwas knickerig war (oder wie sich Peggotty ausdrückte, »etwas genau war«) und viel Geld in dem Koffer unter seinem Bette aufbewahrte, der seiner Angabe nach nur voll Kleider war. Mit so zäher Bescheidenheit verbargen sich seine Reichtümer in diesem Koffer, daß die kleinste Summe nur durch listige Kunstgriffe herauszulocken war, und Peggotty mußte mühsam einen langen Plan, eine wahre Pulververschwörung entwerfen, um jeden Sonnabend das Wirtschaftsgeld für die Woche herauszupressen.

      Während dieser ganzen Zeit fühlte ich so sehr das Schwinden aller Hoffnungen, die ich gehegt hatte, und meine gänzliche Vernachlässigung, daß ich mich ohne die alten Bücher höchst elend befunden hätte. Sie waren mein einziger Trost und ich las sie, ich weiß nicht, wieviele Male durch. Und nur dadurch geschah es zum Teil, daß die geistigen Fähigkeiten, die ich einst gezeigt hatte, nicht ganz vernachlässigt wurden und versumpften.

      Jetzt komme ich zu einem Abschnitt in meinem Leben, dessen Erinnerung sich nie verwischen wird, solange mir das Gedächtnis bleibt, und dessen Bild oft ungerufen und wie ein Gespenst vor mir aufgestiegen ist und mich auch in glücklicheren Zeiten heimgesucht hat.

      Ich war in meiner gewöhnlichen zwecklosen und träumerischen Weise eines Tages umhergestreift, als ich, um eine Ecke in der Nähe unseres Hauses biegend, unvermutet auf Mr. Murdstone, in Begleitung von einem Herrn, stieß. Ich wurde verlegen und wollte vorbeigehen, als der Herr rief:

      »Sieh da – Brooks!«

      »Nein, Sir, David Copperfield!« sagte ich.

      »Sei still«, sagte der Herr. »Du bist Brooks, ›Brooks von Sheffield‹. Das ist dein Name.«

      Bei diesen Worten sah ich mir den Herrn genauer an. Da mir jetzt auch sein Lachen ins Gedächtnis kam, erkannte ich in ihm Mr. Quinion, den ich damals mit Mr. Murdstone in Lowestoft besucht hatte, ehe – doch ich brauche das nicht noch zu sagen!

      »Und was machst du und wo gehst du in die Schule, Brooks?« sagte Mr. Quinion.

      Er legte seine Hand auf meine Schulter und drehte mich um, damit ich mit ihnen gehe. Ich wußte nicht, was ich antworten sollte, und blickte Mr. Murdstone unschlüssig an.

      »Er ist jetzt zu Hause«, sagte dieser. »Er geht gar nicht in die Schule. Ich weiß nicht, was ich mit ihm anfangen soll. Es ist ein schwieriger Fall.«

      Der alte falsche Blick ruhte wieder ein Weilchen auf mir; dann zog er grollend die Brauen zusammen, als er sich mit Widerwillen von mir abwandte.

      »Hm!« sagte Mr. Quinion und sah uns beide an. »Schönes Wetter heute!«

      Eine Pause folgte, und ich überlegte, wie ich mich von ihm am besten losmachen und fortgehen könnte, als er sagte:

      »Ich glaube, du bist noch ein ziemlich gescheites Kerlchen! He! Brooks?« »Ja, er ist gewitzig genug«, sagte Mr. Murdstone ungeduldig. »Ich rate Ihnen, lassen Sie ihn gehen. Er wird's Ihnen nicht Dank wissen, daß Sie ihn hier festhalten.«

      Mr. Quinion ließ mich aus diese Andeutung hin los, und ich beeilte mich, nach Hause zu kommen. Als ich mich beim Eintreten an der Gartentür umdrehte, sah ich, daß Mr. Murdstone am Kirchhofe stehen geblieben war und daß Mr. Quinion auf ihn einsprach. Sie sahen mir beide nach, und ich merkte, daß sie von mir sprachen.

      Mr. Quinion blieb diese Nacht bei uns. Nach dem Frühstück am nächsten Morgen setzte ich meinen Stuhl fort und wollte soeben das Zimmer verlassen, als mich Mr. Murdstone zurückrief. Er ging dann feierlich nach einem andern Tische, wo seine Schwester an ihrem Schreibpult saß. Mr. Quinion sah, die Hände in die Taschen gesteckt, zum Fenster hinaus, und ich stand vor ihnen und blickte sie alle erwartungsbange an.

      »David,« sagte Mr. Murdstone, »für die Jugend ist dies eine Welt der Tätigkeit, aber keine Welt zum Brüten und Nichtstun.« –

      »Wie du es machst«, fügte seine Schwester hinzu.

      »Jane Murdstone, überlasse es mir, wenn es dir gefällig ist. – Ich sage, David, für die Jugend ist dies eine Welt der Tätigkeit und nicht zum Brüten und Nichtstun; hauptsächlich für einen Knaben von deinem Charakter, der sehr der strengen Zucht bedarf und dem kein größerer Dienst geleistet werden kann, als wenn man ihn zwingt, sich den Gewohnheiten der arbeitenden Welt anzubequemen, um seinen Trotz zu biegen und zu brechen.«

      »Denn

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