Märchen aus Frankreich, Band 1. Группа авторов

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Märchen aus Frankreich, Band 1 - Группа авторов

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      Ein König hatte in seinem Lande einen weisen und reichen Mann wohnen, fand aber keine Gelegenheit, aus ihm Geld herauszupressen. Da richtete er drei Fragen an ihn, die er lösen müsse, wenn er nicht eine gewaltige Summe Geldes zahlen wolle. Die Fragen aber schienen unlösbar zu sein. Die erste war: wo der Mittelpunkt der Erde sei? Die zweite: wieviel Maß Wasser das Meer enthalte? Die dritte: wie groß die Barmherzigkeit Gottes sei? Am bestimmten Tage nun wurde der Weise in Anwesenheit des gesamten Hofes aus dem Kerker, in welchem er gefangen gehalten wurde, herbeigeholt, um sich loszukaufen, wenn er nicht die erwähnten Aufgaben löse. Da stieß er mit dem Stab auf den Boden und sagte: "Hier ist der Mittelpunkt der Welt. Widerlege es, wenn du kannst. Willst du, daß ich das Maß des Meeres ausmesse, so halte die Flüsse und alle Wasser an, damit sie nicht ins Meer dringen, bis ich es ausgemessen und dir die Zahl der Maße gesagt habe. Die dritte Aufgabe werde ich lösen können, wenn du mir deine Gewänder abtrittst, damit ich vom Thronsessel aus meine Antwort gebe." Hierauf, als er sich auf dem Thronsessel und in königlichem Schmucke befand, sagte er: "So höret und sehet die Erhabenheit von Gottes Erbarmung, denn ich war eben ein Sklave, nun bin ich ein König geworden, eben war ich arm, nun bin ich reich, eben war ich in der Tiefe, nun bin ich erhöht, eben in Kerker und Ketten, nun aber in Freiheit." So ist der Mittelpunkt der Barmherzigkeit Gottes überall im gegenwärtigen Leben, seiner Gnaden ist keine Zahl und seine Erhabenheit und Allgegenwart äußert sich darin, daß der Sünder aus den Fesseln und Gefängnissen der Sünde durch den Weg der Buße zum Himmelreiche gelangt.

      Crescentia

      Wir lesen, daß ein römischer Kaiser eine wunderschöne unde ngelreine Gemahlin hatte, welche er, da er in Amtsgeschäften verreisen mußte, mitsamt seinem Lande seinem Bruder zur Verwahrung übergab. Der Bruder bedrängte sie, durch ihre Schönheit verlockt, mit Versprechungen, Drohungen und Gewalt. Da sie ihn aber verschmähte und sich tapfer gegen ihn wehrte, so verklagte sie der Bruder nach der Rückkehr des Kaisers bei diesem, indem er sein Verbrechen auf sie zu wälzen trachtete. Der Gatte schenkte dem Verleumder ohne weiteres Glauben, mißhandelte die Frau, als sie ihm entgegeneilte, mit Füßen und Fäusten und übergab sie zwei Sklaven, damit sie sie heimlich in den Wald führten und enthaupteten. Diese wollten ihr, durch ihre Schönheit verleitet, gerade Gewalt antun, während sie sich aus Leibeskräften wehrte und die Hilfe der heiligen Jungfrau, der sie ergeben diente, mit lauter Stimme anrief, als ein fremder Edelmann vorüberkam. Er hörte das Geschrei, lief herzu, befreite sie und tötete die Sklaven. Sie selbst aber nahm er mit sich und betraute sie mit den Obliegenheiten einer Hausfrau, indem er ihr seinen Sohn zur Pflege überließ. Unterdessen bedrängte sie der Bruder ihres neuen Herrn. Da sie aber nicht einverstanden war, sondern sich tapfer mit den Fäusten wehrte und ihm blutige Striemen beibrachte, erwürgte dieser, während sie schlief, den neben ihr ruhenden Sohn des Bruders, um die ihm zugefügte Unbill zu rächen. Daraufhin überlieferte sie ihr Herr einigen Schiffern, welche sie in ewige Verbannung führen sollten. Diese wollten sie vergewaltigen und dann ins Meer werfen, setzten sie aber auf ihre Bitte hin auf einer Insel an Land, wo ihr die selige Jungfrau erschien, die sie tröstete und ihr ein gewisses Kraut zeigte, welches die schlimmsten Krankheiten zu heilen vermochte, besonders aber wurden die Aussätzigen durch diese Pflanze geheilt, vorausgesetzt, daß sie ihre Sünden beichteten. Das Gerücht von einer solchen Heilkraft drang bis zu den Ohren ihres Herrn. Er führte seinen Bruder – jenen, der ihr hatte Gewalt antun wollen und das Kind getötet hatte und nun zur Strafe aussätzig geworden war – zu ihr. Sie erkannte beide und sagte, selbst unerkannt, daß es zu einer solchen Heilung zunächst der Beichte des Kranken in Gegenwart seines Bruders bedürfe. Da jener aber das vorher erwähnte Verbrechen nicht erwähnte, so nützte die Medizin nichts. Nun sagte sie vor allem Volke, daß der Kranke bisher eine Sünde verheimlicht habe und daß infolgedessen die Heilung verhindert werde. Da ermahnte ihn der Bruder und beschwur ihn, alles zu gestehen, und jener enthüllte sein Vergehen und wurde geheilt. Als der Kaiser dieses Wunder erfuhr, ließ er sie, da sein Bruder gleichfalls hochgradig aussätzig geworden war, zu sich kommen und bat sie unter großen Ehrungen um die Heilung seines Bruders. Sie entgegnete, daß sie ihn nur dann heilen könne, wenn er seine Schuld vor aller Welt bekenne. Da er anderes gestand, das, was er gegen sie gefehlt hatte, aber verheimlichte, so wurde er nicht eher geheilt, bis er auf das Drängen des Kaisers hin das gegen sie begangene Verbrechen beichtete. Der Kaiser war untröstlich, da er sie nicht erkannte. Als der Bruder geheilt war, berief sie den Kaiser zu sich und besänftigte seinen Zorn gegen jenen. Er aber erkannte sie während der Unterredung an gewissen Zeichen, nahm sie wieder auf, und aller Schmerz wurde in Freude verwandelt. Die Kaiserin wurde später Nonne und diente auf das Ergebenste der seligsten Jungfrau Maria.

       Cleomades und das hölzerne Pferd

      Im Lande Afrika herrschten einst drei reiche Könige. Ihre Länder waren benachbart und die Könige waren einander freundschaftich zugetan. Sie waren aber alle drei erfahren in der schwarzen Kunst und in der Sternkunde. Melocandis und Baldigant waren weise, edel, schön und ritterlich, aber den dritten, welcher Crompart hieß, verunzierte ein Buckel, seine Augen lagen tief im Kopf und das Kinn hing ihm auf der Brust. Diese drei Könige hatten davon reden hören, daß König Marcadigas von Spanien drei wunderschöne Töchter besitze. Zu diesen hatte sie vom bloßen Hörensagen Liebe ergriffen, und sie beschlossen, um ihre Hand anzuhalten. Crompart, der schlaue, riet: "Ihr Herren, Marcadigas ist wegen der gewaltigen Tapferkeit seines Sohnes Cleomades weit und breit gefürchtet. Wir werden guttun, wenn wir uns sein Wohlwollen mit reichen Geschenken erkaufen." Da verfertigte Meliocandis eine Henne mit drei Küchlein aus lauterm Gold, und diese Tierlein sangen so schön, daß süßere Melodien niemals vernommen wurden. Baldigant schuf einen Mann aus Gold, der eine Trompete in der Hand hielt, und jedesmal, wenn jemand Verrat oder Unbill plante, so blies der Trompeter, daß er ein ganzes Heer erwecken mochte. König Crompart endlich ersann das kostbarste Geschenk. Es war ein Pferd aus Ebenholz, das seinen Reiter überall hintrug, wohin er wollte; wenn man einen der stählernen Zapfen drehte, mit denen es an Stirn und Brust ausgestattet war, so flog das Tier in die Luft oder zu Tal, zur Seite oder geradeaus, und es durchschnitt die Luft so schnell, daß niemand ihm mit den Augen folgen konnte. Mit diesen drei Geschenken kamen die afrikanischen Könige in die große Stadt Sevilla, als gerade König Marcadigas am Ersten des Monats Mai sein Geburtstagsfest beging. Viele Barone hatten sich zum Fest am Hofe versammelt und das Volk drängte sich auf den Gassen, als die drei fremden Herrscher ihren Einzug hielten. Cleomades, der Königssohn, ging ihnen entgegen und begrüßte sie mit den geziemenden Ehren, darauf wurden sie vor den König geleitet. Diesem boten sie ihre Kleinodien dar, ohne ihm jedoch den wahren Zweck ihrer Fahrt zu enthüllen. "Wir fordern darfür", sprach der listige Crompart, "nur eine Gegengabe für uns alle drei." "Und ich bewillige sie euch," erwiderte der König, "schont meiner Habe nicht! Wählt unter meinen Burgen und Städten, unter meinem Gold und meinen Edelsteinen, fordert kühn, was euch gefällt, ich verspreche euch im voraus, daß es euer ist." Der Bucklige hub wieder an: "Herr, Ihr macht uns froh, denn Ihr bewilligt uns reiche Gabe. So wisset: um Eurer Töchter willen verließen wir unser Land und sie verlangen wir von Euch. Ihr habt uns unsere Bitte im voraus gewährt, nun nehmt die Kleinodien, die wir Euch mitbrachten!" Marcadigas sah, daß er hintergangen war und sein vorschnelles Versprechen reute ihn wegen der Mißgestalt Cromparts, aber ein König darf sein Wort nicht brechen. Auch dem Königssohn mißfiel es, daß der Mann mit dem Schweinsrüssel eine seiner Schwestern bekommen sollte, er benachrichtigte die Jungfrauen und diese spähten durch ein Loch in der Wand in den Saal. Die beiden ersten gefielen ihnen nicht übel, aber als sie den kleinen häßlichen Crompart sahen, da fragten sie sich angstvoll, welcher von ihnen dieser bestimmt werden sollte. Nachdem alles im Saale Platz genommen hatte und Ruhe geboten war, nahm Melocandis die goldene Henne und setzte sie mit ihren Küchlein mitten in den Saal, und siehe, alle vier ließen einen wunderlieblichen Gesang hören. Dem Könige gefiel die Gabe sowohl wie der wohlgestaltete Spender und auch Cleomades erklärte sich zufriedengestellt. Melocandis verneigte sich vor dem König und erhielt die älteste Tochter, die durch das Loch mit Wohlgefallen den edlen Ritter betrachtete. Dann trat Baldigant vor und überreichte dem König den Mann aus Gold, indem er ihn dabei über dessen Eigenschaften

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