Märchen aus Frankreich, Band 1. Группа авторов

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Märchen aus Frankreich, Band 1 - Группа авторов

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Wolf, es sei nun genug, und er versuchte, den Eimer herauszuziehen. Lange zerrte er vergebens, dann rief er nach Reinhart, denn der Tag begann schon zu dämmern. Reinhart erhob den Kopf, öffnete die Augen und blickte sich um: "Bruder," sprach er, "laßt Eure Arbeit stehen, gehen wir heim, lieber Freund! Wir haben genug Fische gefangen." "Reinhart, es sind zuviel!" rief ihm Ysengrin zu. "Ich habe so viel gefangen, daß ich den Eimer gar nicht wieder herausziehen kann!" Reinhart antwortete lachend: "Wer zuviel begehrt, verliert alles."

      Die Nacht war vorüber, der Tag brach an, und die Sonne erhob sich im Osten. Alle Wege waren weiß vom Schnee. Herr Constant von Granches, ein behäbiger Ritter, hatte in der Nähe des Teiches genächtigt und sich nun samt seinem Jagdgefolge zufriedenen Gemütes erhoben. Er nahm sein Horn, rief den Hunden und ließ sich seinen Sattel bringen, während der Jagdtroß lärmte und schrie. Reinhart hörte es und floh, bis er seinen Bau erreicht hatte. Ysengrin hingegen mußte bleiben, er zog und zerrte mit solcher Wut, daß ihm fast die Haut barst. Während der Wolf sich so abquälte, kam ein Bursche des Weges, der zwei Hunde an der Leine führte. Er erblickte Ysengrin, der mitsamt seinem Glatzkopf auf dem Eise angefroren war und schrie: "Hoho! Der Wolf! Herbei, herbei!" Die Jäger sprangen samt den Hunden aus dem Hause. Herr Constant sprengte auf seinem Rosse hinterdrein und rief: "Laßt los, laßt die Hunde los!" Die Hundeführer koppelten die Hunde ab, und diese stürzten sich auf den Wolf, der sich nach Kräften wehrte. Herr Constant zog sein Schwert und schickte sich an, den Wolf gut zu treffen. Dieserhalb stieg er vom Pferde und ging über das Eis hinüber auf ihn los. Von hinten wollte er ihn treffen, aber er verfehlte ihn, kam durch den Schwung ins Gleiten und fiel so heftig hin, daß ihm der Kopf blutete. Mit Mühe erhob er sich und ging zornig wieder auf den Wolf los. Er gedachte ihn auf den Kopf zu treffen, aber der Schlag ging daneben: das Schwert traf nur den Schweif und schnitt ihn da, wo er angewachsen war, ratzibutz ab. Ysengrin fühlte sich frei, er sprang davon, von den Hunden verfolgt und gebissen, den Schwanz jedoch mußte er zu seinem Schmerz als Pfand zurücklassen. Er floh einen Abhang hinauf, und als er droben war, blieben die Hunde ermüdet stehen und kehrten um. Ysengrin aber eilte weiter, bis er den schützenden Wald erreicht hatte. Dort hielt er inne und schwur, er wolle sich an Reinhart blutig rächen.

      Der neue Adam

      Ein Eremit tadelte einstmals Adam und grollte ihm, daß er ein so leichtes Gebot übertreten habe, anstatt Mitleid mit ihm zu fühlen. Sein Gefährte wollte ihn züchtigen; er legte eine Maus zwischen zwei Schüsseln und sagte zu ihm: "Bruder, bis ich zurückgekehrt bin, sollst du nicht nachsehen, was zwischen diesen beiden Schüsseln verborgen ist." Als jener fort war, begann der andere nachzugrübeln: warum hat er mir dieses Gebot auferlegt? ich muß doch einmal sehen, was er zwischen die beiden Schüsseln versteckt hat. Er hob die obere Schüssel auf, und die Maus entwich. Als der Gefährte zurückkam und die Maus nicht mehr fand, sagte er: "Du tadeltest Adam, weil er ein so leichtes Gebot übertreten habe, und du hast ein noch leichteres nicht gehalten." Hierauf ließ der Eremit von seiner Anmaßung ab und vertauschte seinen Groll mit Mitleid.

      Der Engel und der Waldbruder

      Einst wurde ein Eremit vom Geiste der Lästerung versucht und grübelte darüber nach, wie doch die Urteile Gottes ungerecht seien, wie die Guten in Kummer und die Schlechten in Freuden lebten. Da erschien ihm ein Engel in Menschengestalt und sprach zu ihm: "Folge mir, denn Gott schickt mich, daß du mit mir gehest und ich dir den verborgenen Sinn seiner Urteile zeige." Und er führte ihn in das Haus eines biederen Mannes, der sie wohlwollend und gastfreundlich aufnahm und mit allem Nötigen bewirtete. Am anderen Morgen aber entwendete der Engel ihrem Gastfreunde einen Becher, welchen dieser sehr hoch schätzte. Hierüber begann der Eremit zu murren, denn er glaubte, jener sei nicht von Gott gesandt. Die nächste Nacht verbrachten sie im Hause eines Mannes, der ihnen ein schlechter Wirt war und der sie unfreundlich behandelte. Diesem gab der Engel den Becher, den er dem guten Gastgeber gestohlen hatte. Als der Eremit solches sah, wurde er noch betrübter und begann eine noch schlechtere Meinung von seinem Begleiter zu bekommen. Von dort weitergehend nächtigten sie ein drittes Mal im Hause eines guten Mannes, der sie mit großer Freude empfing und ihnen reichlich mit allem Notwendigen aufwartete. Am anderen Morgen gab er ihnen einen jungen Mann, seinen Diener, mit, daß er ihnen den Weg zeige. Diesen stürzte der Engel von einer Brücke herab und ertränkte ihn im Wasser. Als der Eremit solches sah, wurde er traurig und ärgerlich. In der vierten Nacht nahm sie ein trefflicher Mann aufs beste auf, brachte ihnen mit heiterer Miene reichliche Speise und ließ ihnen geeignete Lagerstätten herrichten. Aber das kleine Söhnchen des Gastwirtes, das einzige, das er hatte, begann in der Nacht zu weinen und hinderte sie am Schlafen. Da stand der Engel nächtlicherweile auf und erwürgte den Knaben. Als der Eremit solches sah, glaubte er, sein Gefährte sei der Satan selber und wollte sich von ihm trennen. Jetzt endlich redete der Engel und sprach: "Deshalb hat mich der Herr zu dir geschickt, daß ich dir den verborgenen Sinn seiner Urteile zeige, und damit du erfahrest, daß nichts auf der Erde ohne Grund geschieht. Jener wackere Mann, dem ich den Becher fortnahm, liebte ihn zu sehr, bewahrte ihn neidisch und dachte häufig an den Becher, wenn er an Gott hätte denken sollen. Deshalb habe ich ihn ihm zu seinem Heile genommen und jenem schlechten Wirte, der uns in seinem Hause übel aufnahm, gegeben, damit er seine Vergeltung noch in diesem Leben empfange, denn im Jenseits wird ihm kein Lohn mehr zuteil werden. Jenen Diener aber habe ich ertränkt, weil er sich vorgenommen hatte, am folgenden Tage seinen Herrn zu töten, und so habe ich unseren guten Gastgeber vor dem Tode errettet, seinen Diener aber vor einer Mordtat, damit er, ohnehin schon ein Mörder dem Vorsatze nach, um etwas weniger in der Hölle bestraft werde. Unser vierter Gastfreund endlich tat viel Gutes, ehe er den Sohn hatte und bewahrte alles, was er an Lebensmitteln und Kleidung erübrigte, für die Armen auf; als aber sein Knabe geboren war, zog er seine Hand von den Werken der Barmherzigkeit zurück und bestimmte alles für seinen Sohn. Ich habe ihm den Anlaß zur Habsucht genommen und gleichzeitig die Seele des unschuldigen Kindes ins Paradies gebracht." Als der Eremit solches hörte, wurde er von jeder Versuchung befreit und begann die Urteile Gottes, deren Sinn verborgen ist, mit lauter Stimme zu preisen.

      Der Wolf in der Vorratskammer

      Es wird erzählt, daß der Fuchs den mageren Wolf überredete, ihm in eine Vorratskammer Stehlens halber zu folgen. Der Wolf aber fraß so viel, daß er durch die enge Öffnung, die ihm Einlaß gewährt hatte, nicht mehr herauskonnte, und er mußte so lange fasten, bis er seine ehemalige Magerkeit wieder erreicht hatte. Er wurde indes überrascht und geprügelt und mußte unter Zurücklassung seines Pelzes flüchten.

      Der büßende Räuber

      In einem Hause jenseits des großen Sees bei Neuenburg in der Diözese Lausanne wohnte ein Geistlicher namens Wilhelm, der wegen der Wunder, die Gott um seinetwillen gewirkt haben soll, für heilig gilt. Ein Ritter, der ihn besuchte, fragte ihn, warum er sich so durch Fasten, Tränen und Bußhemden abtöte und abmühe. Der Geistliche antwortete, es drohe ihm am Tage des Gerichts ein Flammenmeer von der Größe des Sees, und es bedürfe der ganzen Kraft seiner Buße, um dem höllischen Feuer zu entgehen. Und er erzählte als Beispiel, daß ein Räuber, der seinen Gegnern entfloh, sich in Gestalt des Kreuzes zu Boden warf, als er sah, daß kein Entrinnen mehr möglich sei, und bekannte, er habe den Tod wohl verdient; weil er Gott beleidigt habe. Er weinte darüber, gestand, daß er ein Sünder sei und bat seine Verfolger, daß sie, um Gott mit ihm zu versöhnen, seine Glieder der Marter preisgäben. Einem Eremiten, der schon viele Jahre in den Bergen büßend verbracht hatte, wurde offenbart, wie Engel die Seele dieses Räubers unter Lobgesängen in den Himmel trugen. Dafür wußte der Eremit Gott keinen Dank, sondern er ärgerte sich und bedachte, daß er, der sich allen Kasteiungen ausgesetzt habe, auf gleichen Lohn für seine Buße Anspruch habe. Als aber seine Tage gezählt waren, überschritt er einen Bach, glitt von der Brücke und verschwand in den Wogen, und Teufel trugen seine Seele zur Hölle.

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