G.F. Barner 1 – Western. G.F. Barner
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»Ah, er wird wach«, stellte der Mann links neben ihm kalt fest. »Hallo, Undertaker – du machst uns Ärger.«
Es gelang Jericho nur mühsam den Kopf zu wenden und an dem Mann hochzusehen.
»Jake, blase ihn um!« hechelte Eddie gehässig. »Du machst einen Fehler, wenn du ihn am Leben läßt. Ich sage dir…«
»Mike!« knurrte Jake finster. »Fort mit diesem Giftpilz, oder ich vergesse mich.«
Im nächsten Moment bückte er sich, während Eddie aufschrie und der Mann mit dem Tuch vor der Nase bissig fauchte: »Ab mit dir nach drüben. Und wehe dir, du mischst dich noch mal ein!«
»Ihr seid verrückt!« kreischte Eddie Shaggers, indem er an Jericho vorbeihumpelte. »Das ist purer Aberglaube, nichts als Unsinn, sage ich euch. Und wenn er zehnmal mit Charlie Bowers zusammen war und es miterlebt hat – ich glaube diesen Unsinn nicht. Nichts als blöder Aberglaube, daß man keinen Undertaker umbringen soll. Die Geschichte von Charlie kennt doch jeder, die ist erstunken und erlogen.«
Im gleichen Moment sprang Jake vorwärts. Der große, schwer gebaute Mann flog mit einem Satz vom Vorbau, packte den aufbrüllenden Eddie Shaggers am Kragen und gab ihm dann einen derartigen Stoß, daß Shaggers bis an die Wand des etwa fünfzehn Schritt von Jericho entfernten Steinhauses, eines Flachbaues, schoß.
»Du verdammtes Groß- und Lästermaul!« knirschte Jake, als Eddie wimmernd liegenblieb. »Hinein mit dir, und von nun an geschwiegen, sonst schlage ich dich windelweich. Ich bin damals zu gutmütig gewesen, sonst hätte ich eine Schießerei mit Moss riskiert und dir danach das Maul zugenäht.«
David Jericho Graves hatte nichts als Glück, daß alles auf Eddie Shaggers blickte. Man hätte sonst todsicher bemerkt, wie er zusammengefahren war, als Eddie den großen Burschen mit Charlie Bowers in Zusammenhang brachte.
Jake, dachte Jericho verstört, gerechter Himmel, das ist Jake Higgins! Sein Steckbrief liegt bei mir in der Schublade, wie alle anderen, die ich gar nicht erst anschlagen brauche, weil man die Burschen nie in unserer Gegend sehen wird. Jake Higgins, der Grenzbandit, der Postkutschenräuber und Pferdestehler. Richtig, in seinem Steckbrief steht, daß er damals mit Charlie Bowers für die Rancher in Texas und New Mexico Viehdiebe jagte. Die Story von Charlie Bowers und dessen Ende kennt wirklich jedes Kind. Alle Teufel, Higgins hier? Man vermutet ihn in Mexico drüben, und der Bandit steckt hier in den Santa Catalinas.
David Jericho blieb noch Zeit für einen Blick nach rechts und links. Das Blockhaus, auf dessen Vorbau er lag, befand sich unter einer steilen Felswand. Drüben lag das Steinhaus, das nur eine Tür besaß, dafür jedoch drei Fenster hatte. Linker Hand und etwa dreißig Schritt entfernt stand ein offener Wagenschuppen mit einem stallartigen Anbau. Dort hing eine Laterne und warf ihr Licht über einen langen Corral. Das Licht beschien auch Bill Regans Jump-seat und den vor dem Schuppen stehenden Leichenwagen.
Man schien den Wagen durchsucht zu haben, denn die Sitzbank war aufgedeckt, die Türen des Kastens standen offen. Vom Posaunenkasten, den Jericho auf dem Dach festgeschnallt hatte, war die Schutzplane heruntergezerrt worden.
David Jericho wandte vorsichtig den Kopf und äugte zu dem Rothaarigen. Es mußte Abe Panhurst sein, während der bullige, ungepflegt wirkende Bursche linker Hand, dem das Haar strähnig über die Ohren hing, zweifellos Hank Priestley war. Der hagere, grauhaarige und schon ältere Mann, der mit verschränkten Armen mitten in der Tür des Blockhauses stand, konnte nur James Edson sein. Drüben stieß jetzt jener große, sehnige Mister Eddie in das Steinhaus und fluchte dabei.
Mike Ellery, dachte Jericho bestürzt, der Texaner, der aus derselben Gegend wie Jake Higgins stammen soll. Gerechter, die ganze Bande ist hier versammelt – alle, die auf dem Steckbrief gesucht werden. Was hat ein Bandit wie Higgins mit Shaggers und Ferguson zu schaffen – oder die mit ihm?
In diesem Augenblick wandte sich Jake Higgins mit finsterem Gesicht um. Der Bandit, der noch vor Jahren einen guten Ruf als Weidedetektiv besessen hatte und als eisenhart, unbeugsam und tödlich gefährlich galt, starrte Jericho durchdringend an. Er mußte abergläubisch wie die meisten Banditen sein, sonst hätte er Jericho auf keinen Fall am Leben gelassen. Vielleicht war es Jerichos Glück, daß Higgins einmal mit Charlie Bowers Bügel an Bügel geritten war und dessen schreckliches Sterben aus nächster Nähe miterlebt hatte. Die Geschichte dieses Sterbens hatte längst ihre Runde im ganzen Westen gemacht, und es gab Leute genug, die felsenfest von ihrer Wahrheit überzeugt waren.
Großer Geist, was wird das, dachte Jericho, während er ein gleichmütiges Gesicht machte, sie haben Big Bill und Mabel, aber ich bin nichts wert für sie. Vielleicht bringen sie mich doch um?
*
Der Strick schnitt ein, biß sich förmlich in Jerichos Handgelenke, bis der Schmerz nicht mehr zu ertragen war und er sich ermattet sinken ließ.
»Es hat keinen Sinn«, kam Big Bills knarrende Stimme aus der satten Dunkelheit zu Jericho. »Das habe ich auch schon versucht, Junge. Die Kerle verstehen was von der Fesselei, und die Haken haben sie eingeschraubt. Sie haben nur höhnisch gelacht, als sie sahen, daß ich mir die Handgelenke blutig gerieben hatte. Die Hölle, dieser Alec, dieser Schuft! Ich kann alles vertragen, nur Betrug hinter meinem Rücken – verdammt, verdammt! Der und ein Regan, was? Ein McLoud, ein verdammter McLoud – das Ebenbild seines Vater, den meine Schwester unbedingt heiraten mußte, obgleich ich sie vor dem Kerl warnte. Der Kerl ließ sie und den Jungen im Stich, verschwand nach Virginia Cit, wo man ihn eines Tages tot in der Gosse fand. Da habe ich sie unterstützt, Alec ausbilden lassen, sie schließlich auf die Ranch geholt, als sie krank wurde. Und jetzt das – verspielt ein Vermögen, der Lump!«
»Onkel«, wisperte Mabel bedrückt. »Nicht so laut, der Rothaarige ist drüben geblieben, er könnte dich hören.«
»Ist mir auch egal«, grimmte der Alte bissig. »Wenn du nicht bei mir gewesen wärest, die hätten sich an mir die Zähne ausgebissen. Eher wäre ich gestorben, als diesem Lumpenkerl McLoud noch die Vollmacht für die Bank auszustellen. Diese Banditen, Jericho, diese Schweinehunde, dieser Eddie Shaggers ist der schlimmste gewesen. Nach drüben hat er Mabel geschleift und viehisch gegrinst, ich könnte sie gleich schreien hören. Der Kerl wollte sie…«
Der Alte schwieg, knirschte vor Grimm mit den Zähnen.
»Onkel Bill…«
»Verfluchte Tat!« ächzte Big Bill. »Schon gut, Kind, ich rege mich ja nicht auf, ich muß nur meine Wut loslassen, sonst ersticke ich noch an ihr. Jericho, weißt du, wieviel der durchgebracht hat – weißt du das?«
»Nein, Bill.«
»Fünfzehntausend Dollar«, würgte der Alte. »Als ich mal anfing, hatte ich ganze fünfhundert gespart, aber da lachen die jungen Burschen heutzutage nur, die wollen gleich alles haben. Geld – Geld und Spaß, Fusel und Wei… Verdammte Tat, verfluchte!«
»Immer ruhig, Bill«, sagte Jericho besänftigend. »Es ist nicht mehr zu ändern. Hätte ich doch nur eine Ahnung gehabt, aber da waren nur vier Spuren. Mit vier Mann wäre ich fertig geworden, doch auf einmal fielen sie wie die Heuschrecken über mich her. Bill, was hat Alec so viel Geld gelassen?«
»In Sonoita – und ich kenne die beiden Schurken auch noch. Smileys Saloon, verstehst du? Im Hinterzimmer ist die reinste Spielhölle. Da haben sie den Idioten Alec ausgezogen, ihm gedroht, alles