G.F. Barner 1 – Western. G.F. Barner

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G.F. Barner 1 – Western - G.F. Barner G.F. Barner

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erst leise und wie zaghaft, doch dann stieg die Melodie an, wurde voller und schien endlich den ganzen Canyon mit ihrer Wucht und Gewalt auszufüllen.

      Es war Higgins, als käme das Lied nun von allen Seiten zu ihm, als umbrandete ihn die Melodie wie die Wogen des Meeres. Er saß ganz still, hatte die Hand hochgenommen und den Hut gezogen, um ihn zwischen seinen Knien zu halten. Seine großen, kräftigen Hände waren das einzige, was sich an ihm bewegte.

      Jake Higgins, der Bandit, drückte seinen Hut langsam zusammen und merkte es nicht.

      Zu Hause sein, dachte der Mann Higgins, mein Zuhause noch einmal sehen, Mutters Grab und das meiner Geschwister, die von Comanchen umgebracht wurden. In Texas sein, alte Freunde wiedersehen, aber dort suchen sie mich. Sie suchen mich zu Hause wie in New Mexico, sie suchen mich hier – mich und Mike. Mike…

      Er senkte den Blick und sah das stille Gesicht unter sich, das gerade noch gelächelt hatte. Das Gesicht seines Freundes war so still und verklärt im Ausdruck. Die Augen hielt Mike geschlossen. Und aus den Augen lief es, rann rechts und links aus den Augenwinkeln die Wangen hinab. Mike, sein harter Freund Mike, weinte lautlos, aber sein Gesicht verzerrte sich dabei nicht, es sah so aus, als wäre Mike Ellery etwas Gnadenvolles und Schönes widerfahren.

      Ich, dachte der Bandit Jake Higgins, ich mochte noch einmal ein Junge sein und mein ganzes Leben vor mir haben. Ich würde alles anders machen, damit ich stolz auf mich sein könnte und nicht das, was ich jetzt bin. Unser Lied – unser schönes, altes Lied, ich werde es nie mehr so schön gespielt hören. Wie der da draußen spielt! Ach, mir ist, als könnte ich sterben. So sterben dürfen, so schön. Und nie mehr Angst haben müssen, daß sie dich fangen und hinter die Gitter sperren, ausgerechnet dich, der frei sein muß wie ein Vogel. Davor habe ich die vielen Jahre Angst gehabt.

      Der Kloß in der Kehle ließ ihn würgen. Seine Hände zerknüllten den Hut immer mehr, und er sah über Mike hinweg, weil er diese stummen Tränen nicht mehr sehen konnte und er, der eisenharte, gnadenlose Jake Higgins sonst auch noch still vor sich hin geweint hätte.

      Unser Lied, Mike, dachte er, so haben wir es uns einmal gewünscht, weißt du noch? Da waren wir junge Burschen und tranken für vier, kamen auf die verrücktesten Ideen. Wir wünschten uns, daß Jingle Pepper unser Lied für uns spielen und wir singend in den Tod reiten würden. Er sollte zum Sterben für uns blasen, so närrisch dachten wir einmal.

      Der Mann Higgins schloß die Augen und dachte an das, was sie sich vor zwei Jahren geschworen hatten, als man sie beinahe erwischt und sie nur jener Zufall, der für ihn jedoch das Schicksal gewesen war, in letzter Sekunde gerettet hatte. Der Sandsturm hatte dem Aufgebot die Sicht genommen und alle Spuren verweht. Doch ehe es soweit gewesen war, hatten sie sich in die Hand versprochen, daß einer den anderen auf ein gemeinsames Kommando hin erschießen würde. Lebend hätte man sie nie erwischt.

      Nie, dachte Jake Higgins, niemals! Ich bringe dich nach drüben, Mike, mein Freund. Und dann sollen die anderen tun, was sie wollen – wir gehen weit fort, ganz weit – du und ich. Ich lege dich auf den Wagen dieses Undertakers, der für uns unser Lied bläst, Mike. Er wird dich fahren, dieser seltsame Vogel, der dir das Leben gerettet hat. Darum werde ich ihm sein Leben schenken, er darf leben, Mike, aber der Alte und das Girl – die kann ich nicht am Leben lassen. Ich habe noch nie eine Frau getötet, ich könnte auch nie auf eine schießen. Deshalb kann ich es nur anders machen. Sie werden nichts merken, sie werden auch keine Angst haben müssen. Der Tod wird sie überraschen, vielleicht sogar im Schlaf, Mike. Ich bringe sie ja nicht um, ich nicht. Mike…

      »Schön«, hörte er Mike wispern, als der letzte Ton verklang und die nächste Strophe des Liedes kommen mußte. »Schöner als Zuhause. Man muß erst weit fort sein, um zu wissen, was man an seinem Zuhause gehabt hat, Alter. Ich möchte noch einmal nach Hause…«

      Nach Hause, dachte Jake Higgins, kommen wir nie mehr. Vielleicht in zwanzig Jahren, wenn sie uns nichts mehr tun können. Nach Hause, Junge – ich würde zu Fuß hingehen, wenn ich könnte. Spiel weiter, Jericho, du seltsamer Vogel, spiel weiter!

      Die Posaune setzte wieder ein, die Melodie schwang durch die Schlucht.

      Der Mann saß auf der Bank und spielte. Er sah den anderen drüben an, der hager an der Mauer neben der Tür lehnte. Er sah Hank, den Schmuddelkoch, der vorhin noch in der Küche mit Töpfen geklappert hatte, als bewegungslosen Schatten hinter der halboffenen Tür stehen.

      James Edson schloß langsam die Lider, ließ sich von der Melodie forttragen. Nein, er brauchte nicht auf den Posaunenbläser dort drüben zu achten. Der spielte so schön. Und wer spielte, der hatte keine Hand frei, um irgend etwas zu werfen. Einen Stein hätte er vielleicht aufheben und werfen können, denn sonst hatte er ja nichts, was sich als Waffe benutzen ließ. Und wenn er sich nähern wollte, würde die Melodie lauter werden.

      Der spielt, dachte James Edson, und wie der spielen kann. Ich habe nie gedacht, daß man mit einer Posaune so schöne Musik machen kann. Das geht einem nahe.

      Hinter ihm stand der Schmuddelkoch und hatte den Kochlöffel in der Hand, eine getrocknete Pflaume zwischen den Zähnen. Hank kaute mechanisch im Takt mit. Nein, er war kein musikalischer Mensch, er hatte nicht mal das Gehör für Musik, aber es gefiel ihm, wie der da draußen spielte. So etwas hatte Hank noch nicht erlebt. Da saß doch dieser Spaßvogel auf der Bank. Ihr Gefangener spielte für sie – verrückt war das.

      Der dritte Mann war erst mit dem Kopf aus seinem Loch im Boden gekommen. Und dann war er herausgestiegen. Die Musik zog Abe Panhurst an, Abe, der immer so gern getanzt hatte, obgleich er gar nicht richtig tanzen gelernt hatte. Spaß hatte er daran gehabt, der rothaarige Abe, nichts als Spaß, wenn er die Girls geschwenkt und sie vor Vergnügen gekreischt hatten.

      Der kann das ja, dachte Abe verwundert, und wie der das kann, dieser Bursche. Wenn er das gespielt hat, dann frage ich ihn, ob er auch den Cake-Walk kann und für mich spielen möchte. Mensch, das ist ein Ding, da haben wir nun unsere eigene Musik. Hätte ich nie gedacht, daß es hier noch so lustig werden würde. Bekommen der Alte und das Girl eben noch mal Musik zu hören. Blas zum Sterben, Jericho, hoho, das ist ein Spaß!

      Er ging auf Zehenspitzen zur Tür, öffnete sie spaltbreit und lugte hinaus, aber er mußte sie schon weiter öffnen, wenn er diesen seltsamen Spaßvogel sehen wollte. Nun sah er ihn, sah seine Pausbacken, die Hand, die um den blitzenden Bügel lag und die Finger, die die Ventile drückten.

      Teufel auch, dachte Abe, nun sehe ich das mal ganz aus der Nähe. Also so macht er das – da muß man drücken? Hätte ich mal wissen sollen, dann hätte ich das Ding auch zum Tröten gebracht, wetten? He, was hat der denn – erschrickt der sich so…

      Der Mann auf der Bank sah ihn aus den Augenwinkeln, nahm erschrocken den Blick herum und schien eine Sekunde vor Schreck zu erstarren.

      Mein Gott, schoß es Jericho durch den Kopf, Herr im Himmel, geh zurück, du Idiot, geh doch zurück, hau ab! Weiterspielen, bloß weitermachen. Der kommt heraus, das hätte ich nie gedacht. Dabei bin ich so sicher gewesen, daß ich nun das Glück gepachtet hätte. Nichts ist – Pech, rabenschwarzes Pech. Was macht der denn, der Narr, was winkt der? Ach, ich soll mich nicht stören lassen? Lasse ich mich auch nicht, blöder Hund. Nein, nein, nicht setzen, Mensch, nicht neben mich setzen!

      »Tut mir leid«, sagte Abe halblaut, indem er beruhigend abwinkte. »Ich wollte dich nicht erschrecken, Mann. Spiel nur weiter, laß dich nicht stören, ich bin auch ganz still, ich setze mich hier neben dich, ich störe bestimmt nicht.«

      Er wollte wirklich nicht stören, er war ja bescheiden, wollte nur dieses Spiel der Finger auf den Ventilen ganz genau studieren. Also setzte er sich, beugte sich etwas zur Seite, um besser auf die Ventile sehen zu können.

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