Ein Wagnis aus Liebe. Susan Anne Mason
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„Drew?“
„Ja?“
„Lass dir ruhig noch etwas Zeit mit dem Kindermädchen. Bis zu meiner Abreise sind es noch acht Wochen. Davon möchte ich den Kleinen so lange wie möglich für mich haben.“
Ihre Bitte, untermalt von dem harmonischen Bild, das die beiden auf dem Schaukelstuhl abgaben, berührte Andrew. Eines Tages wird sie sicherlich eine wundervolle Mutter sein, dachte er. Bedauerlich, dass Basil nicht merkte, wie viel es Virginia bedeuten würde, Christian großzuziehen. Und das wäre nicht nur für das Baby das Beste, sondern auch für Andrew: Damit hätten seine Debatten mit Celia auch ein Ende gefunden.
„Keine Sorge. Dir wird noch genug Zeit mit ihm bleiben. Ein Kindermädchen zu finden, das Mutters Ansprüchen gerecht wird, ist schwerer als gedacht“, erklärte Andrew mit einem Zwinkern und zog die Tür hinter sich zu.
Auf dem Weg die Treppe hinunter betete er, dass Gott ihm das richtige Kindermädchen schicken würde. Eine Frau, die dem Kleinen all die Liebe und Fürsorge schenken würde, die er verdiente.
Nach einem kurzen Halt bei der Zeitung fuhr Andrew mit seinem Wagen in Richtung Easton Towers Hotel. Wie sehr er diese Stadt liebte. Das Zusammenspiel aus Alt und Neu war wie eine Quelle der Inspiration. Als er an der Universität vorbeifuhr, überkam ihn die Nostalgie: Selbst mehrere Jahre nach seinem Abschluss fehlte ihm die Zeit auf dem Campus und das kameradschaftliche Miteinander. Doch mit Kriegseintritt war diese unbeschwerte Zeit jäh beendet worden. Woher hätte Andrew auch wissen sollen, dass sich sein Leben damit vollständig verändern würde?
Wenige Minuten später stellte er den Wagen vor dem Hotel ab und ging mit leicht geschwellter Brust in die Lobby. Die Easton Towers waren der Inbegriff von Eleganz und Oscar Eastons ganzer Stolz. Manchmal kam es Andrew sogar vor, als bedeutete seinem Vater das Hotel mehr als die eigene Familie. Nichtsdestoweniger musste auch Andrew zugeben, dass ihnen damit eine außerordentliche Unternehmung gelungen war.
Auf dem Weg zum Aufzug, der ihn bis in den zehnten Stock zu den Büroräumen brachte, begrüßte er das Empfangspersonal mit einem Nicken. Oben angekommen klopfte er an der Tür seines Vaters und wartete auf eine Reaktion, bevor er das opulente Zimmer betrat.
„Guten Tag, Vater.“
„Andrew, wie gut, dass du gerade kommst“, entgegnete ihm sein Vater, als er den Blick vom Schreibtisch hob. „Mir ist gar nicht aufgefallen, dass du heute Vormittag nicht hier warst. Ist alles in Ordnung?“
Vom freundlichen Ton dieser Worte ließ Andrew sich nicht hinters Licht führen. Die verborgene Kritik darin – Warum warst du nicht an deinem Schreibtisch?– nahm er deutlich wahr.
„Ich habe heute Morgen von zu Hause aus gearbeitet. Ein Umgebungswechsel fördert die Produktivität“, antwortete er betont locker und ging die Fensterfront entlang, die einen wunderschönen Blick auf den Stadtkern eröffnete. Wenn er weit geradeaus schaute, konnte er beinahe erkennen, wie die Sonnenstrahlen auf dem Ontariosee glitzerten. Wie lange war es her, dass er dort zum letzten Mal am Strand gelegen hatte? Oder mit dem Boot über das Wasser gefahren war? Jetzt, wo das gute Wetter endlich da war, sollte er solchen Freizeitaktivitäten mehr Zeit einräumen.
Als Andrew sich umdrehte, bemerkte er das Stirnrunzeln seines Vaters. Durch die Deckenleuchte glänzten die einzelnen silbernen Strähnen in seinem sonst dunklen Haar. Zweifelsohne eine Folge der jüngsten Ereignisse.
„Lass das nicht zur Gewohnheit werden. Du wirst hier gebraucht.“
Einen Moment später zog er eine Augenbraue hoch, als wäre ihm gerade etwas eingefallen, und sah dabei genauso aus wie Frank. Mit seinem dunklen Haar war Andrews großer Bruder ihrem Vater zum Verwechseln ähnlich gewesen. Andrew hingegen hatte äußerlich mehr von seiner Mutter. Vielleicht war das auch der Grund, warum sein Vater immer schon Frank bevorzugt hatte – er war sein perfektes Spiegelbild gewesen, das Oscar Eastons Selbstbewusstsein stärkte. Insbesondere dann, wenn er mit seinem Charme selbst den letzten Idioten um den Finger wickelte.
Sein Vater lehnte sich zurück. „Gibt es schon Neuigkeiten bezüglich eines Kindermädchens?“
Christians Ankunft in der Familie war für alle eine große Überraschung gewesen, aber Andrews Vater schien besonders damit zu kämpfen. Andrew vermutete, dass das Baby Schuldgefühle in ihm aufkommen ließ: darüber, wie er seinen Sohn verleugnet hatte, und vor allem darüber, wie forsch er dessen Frau gegenübergetreten war.
Für Andrew hingegen war Christian ein Geschenk des Himmels. Er hoffte, dass er die klaffende Lücke füllte, die Franks Tod hinterlassen hatte, und die Eastons als Familie wieder mehr zusammenbringen würde.
„Bisher haben wir noch niemanden gefunden. Mutters Ansprüche schüchtern die Kandidatinnen ganz schön ein. Aber heute Morgen habe ich die Ausschreibung ein wenig umformuliert und auf dem Weg hierher zur Zeitung gebracht.“
„Gut“, erwiderte Oscar nun etwas weniger kritisch. „Sobald der Junge gut umsorgt ist, kann auch ich wieder beruhigt sein. Ich möchte nicht, dass er deiner Mutter zu viel Arbeit bereitet oder gar einen gesundheitlichen Rückschlag bedeutet.“
Andrew verkniff sich ein Seufzen – wenn sein Vater doch bloß erkannte, dass genau das Gegenteil der Fall war. Der kleine Christian bewahrte seine Großmutter davor, in ihrer Trauer über Franks Tod zu versinken.
„Jetzt aber haben wir Wichtigeres zu besprechen“, unterbrach Oscar Andrews Gedanken, als er plötzlich aufstand und seine Weste zurechtrückte.
„Und das wäre?“, fragte Andrew nichts ahnend.
„Cecilias Geburtstag. Die Abendgesellschaft bei den Carmichaels morgen.“
„Was ist damit?“
„Ich hoffe, dass du daran teilnehmen wirst. Du musst schließlich deine Absichten verteidigen. Glaube mir, es gibt genügend andere Männer, die gern an deine Stelle treten würden.“
Andrew unterdrückte das Verlangen, mit den Augen zu rollen. „Ich werde dort sein, keine Sorge. Celia hat mir schon gesagt, wann ich kommen soll.“
„Wunderbar.“ Zufriedenheit lag in Oscars Stimme, als er weitersprach: „Es freut mich sehr, dass du und Harrisons Tochter so gut miteinander auskommt. Sicherlich werdet ihr bald eure Verlobung bekannt geben?“
Wütend ballte Andrew seine Hände zu einer Faust, löste sie aber gleich wieder. „Ganz im Gegenteil. Ich gehe das langsam an, Vater.“
„Die Zeit rennt, Andrew. Wenn du nicht aufpasst, kommt dir noch jemand zuvor. Eine Schönheit wie Cecilia, die zudem auch noch klug ist, ist selten.“
„Das weiß ich. Trotzdem möchte ich mir wirklich sicher sein, bevor ich mich auf etwas so Ernstes einlasse wie eine Ehe.“
Oscar schenkte sich gerade auf der Anrichte eine Tasse Kaffee ein, hielt dann aber inne. „Sicher sein worüber?“
„Dass sie nicht immer noch in Frank verliebt ist.“ Andrew merkte,