Ein Wagnis aus Liebe. Susan Anne Mason

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Ein Wagnis aus Liebe - Susan Anne Mason

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Engländerin begegnet wäre, hätte er ihre Verlobung auch nicht aufgehoben und Celia wäre jetzt Franks Ehefrau. Das konnte Andrew nicht so einfach vergessen. Überdies machte ihn ihr plötzliches Interesse stutzig. Früher hatte sie ihn kaum beachtet.

      Jetzt trat sein Vater neben ihn und legte die Hand auf Andrews Schulter. „Das ist deine Chance, Andrew, dich noch ein letztes Mal für deinen Bruder einzusetzen. Wenn du Cecilia heiratest, stellst du damit die gute Beziehung zwischen den Eastons und den Carmichaels wieder her.“ Und mit leicht zusammengekniffenen Augen ergänzte er: „Du warst immer schon ein Mann von Integrität. Mehr noch als dein Bruder, wie sich herausgestellt hat.“

      Dieses Kompliment hörte Andrew gern. Und doch fühlte es sich nicht richtig an, hatte einen sauren Beigeschmack. Warum musste Frank erst sterben, damit ihr Vater Andrew lobte? „Ich weiß, was auf dem Spiel steht, Vater. Aber ich werde nichts überstürzen.“

      Für mehrere Augenblicke betrachtete der Vater seinen Sohn stillschweigend. „Ich glaube, es ist an der Zeit, dich über einen Plan zu informieren, über den Harrison und ich in Verhandlung stehen“, sagte er schließlich. Er zeigte in Richtung der zwei Sessel, die an einem Tisch standen, und die beiden setzten sich. „Was ich dir jetzt erzähle, muss allerdings unter uns bleiben“, begann er und nahm sich eine Zigarre aus der Box. „Harrison denkt darüber nach, sich mit uns zusammenzuschließen, um eine Hotelkette zu eröffnen. Mit dem Geld seiner Entwicklungsfirma im Rücken hätten wir alles, was wir bräuchten, um mehrere neue und sogar noch größere Hotels aufzumachen. Wir haben uns bereits ein paar infrage kommende Objekte in Ottawa und Winnipeg angesehen. Vielleicht können wir sogar bis nach Vancouver gehen.“

      Andrew strich sich besorgt mit der Hand durch den Bart. „Ist das wirklich der richtige Zeitpunkt für solch eine Veränderung? Die Wirtschaft ist durch den Krieg immer noch geschwächt. Leute gehen nicht auf Reisen, wenn sie kaum genug Geld zum Überleben haben. Ich halte das für ein sehr waghalsiges Vorhaben.“

      „Vielleicht. Vielleicht zeugt es aber auch von zwei Männern mit einer Vision, die einen mutigen Schritt wagen und sich die Unsicherheit der anderen zu eigen machen“, erwiderte er selbstbewusst und zündete genussvoll die Zigarre an, mit der er kleine Rauchkringel formte. „Wenn alles funktioniert, brauche ich jemanden, der die Hotels an den neuen Standorten betreut. Wer wäre dafür besser geeignet als du? Dir kann ich blind vertrauen, du hast immer schon an meiner Seite gearbeitet und das Unternehmen kennst du in- und auswendig.“

      Überrascht rutschte Andrew auf dem Sessel herum und konnte kaum glauben, was sein Vater soeben gesagt hatte.

      „Und wenn du Cecilia heiratest, wäre das das Sahnehäubchen auf der Torte. Das würde die beiden Familien noch viel enger und anhaltender miteinander verbinden. Und Harrisons Beteiligung garantieren.“

      Sofort lief es Andrew eiskalt den Rücken herunter. „Willst du meine Ehe wirklich als Schmiergeld nutzen? Das klingt ja gerade so, als soll ich damit bloß dein Unternehmen voranbringen.“

      „Natürlich nicht. Ich zeige dir nur die Fakten auf. Eure Ehe wäre beiden Familien zum Vorteil“, sagte er und schwieg einen Moment. „Denk darüber nach, Andrew. Eine wunderschöne Frau. Ein eigenes Hotel. Was wünscht man sich mehr?“

      Plötzlich wirkte Andrews Traum, das, worauf er lange und hart hingearbeitet hatte, zum Greifen nahe. Es ging ihm nicht nur um den Respekt seines Vaters – eine mächtige Beförderung, die neue Herausforderungen und mehr Verantwortung mit sich brachte, stand im Raum.

      Aber konnte er Toronto dafür wirklich verlasen? In eine Stadt ziehen, die eine Tagesreise weit von seiner Familie und seiner Heimat entfernt lag?

      „Darüber muss ich mir Gedanken machen.“

      „Sicher. Aber denk nicht zu lange nach, mein Sohn. Wie ich schon sagte: Die Zeit rennt.“ Mit seinem stählernen Blick verlieh er den Worten mehr Nachdruck, als jedes ausgesprochene Ultimatum es je vermocht hätte.

      Wenn Andrew das Angebot seines Vaters ausschlug, ließe er damit nicht nur ihn, sondern auch das Unternehmen im Stich. Eigentlich hätte Frank diese Position zugestanden, nun aber lag es an Andrew, in seine Fußstapfen zu treten. Die Rolle des pflichtbewussten Sohnes zu übernehmen und Celia zu heiraten. Eine Kluft zu überwinden, die Frank einst zwischen die zwei mächtigsten Familien Torontos geschlagen hatte.

      In Andrews Hand lag der Schlüssel zu alledem, wonach sein Vater immer schon strebte. Und doch nagte an Andrew der Zweifel: War er bereit, sich dem Wunsch seines Vaters zu unterwerfen? Was, wenn er damit womöglich sein eigenes Glück aufs Spiel setzte?

      Kapitel 3

Liebe Grace, 30. April 1914

      ich habe ganz wundervolle Neuigkeiten: Seit Kurzem arbeite ich in einem großen Hotel, nicht allzu weit weg von der Pension. Bei gutem Wetter kann ich zu Fuß gehen und sonst fährt eine Straßenbahn bis fast genau vor die Tür. Durch meine Erfahrungen als Schreibkraft hat man mich in einem der Büros der Hotelverwaltung angestellt. Mr Easton senior ist ein sehr strenger Arbeitgeber, aber glücklicherweise ist sein Sohn überaus freundlich.

      In ihrem Zimmer im dritten Stock von Mrs Chamberlains Pension war Grace damit beschäftigt, ihre wenigen Kleidungsstücke auszupacken und im Schrank aufzuhängen. Vor etwas mehr als vierundzwanzig Stunden hatte Pastor Burke sie hierhergebracht. Der gutmütigen Hauswirtin war sofort aufgefallen, wie mitgenommen Grace war. Sie hatte sie lediglich zu ihrem Zimmer geführt, ihr ein Tablett mit etwas Brot und Tee gebracht und sie dann in Ruhe trauern lassen.

      Stundenlang hatte Grace geweint, bis sie völlig aufgewühlt und von den Anstrengungen der Reise übermannt in einen tiefen Schlaf gefallen war. Als sie am nächsten Morgen aufwachte, fühlte sie sich vom vielen Weinen ganz ausgetrocknet. Zuallererst nahm sie ein ausgiebiges, heißes Bad, zog frische Kleidung an und versuchte, ihre Gedanken zu sortieren. Im Moment war es zu schwierig, sich auf die Zukunft zu konzentrieren. Stattdessen dachte sie über den heutigen Tag nach. Sie wollte Roses Grab besuchen und mit Pastor Burke und Mrs Chamberlain darüber sprechen, wie sie ihren Neffen sehen konnte. Erst wenn sie wusste, dass es dem kleinen Christian gut ging, wäre sie beruhigt.

      Nachdem sie das Bett gemacht und ihre Reisetasche darunter verstaut hatte, schaute sie sich im Raum um. Über dem Bett lagen eine handgemachte blau-weiße Steppdecke sowie mehrere bunte Kissen. Farblich passten sie sehr gut zu denen auf der breiten Fensterbank. Auch ein Waschtisch, eine Kommode und ein Nachtschränkchen gehörten zum Mobiliar. Unter anderen Umständen hätte Grace den heimeligen Charakter dieses Zimmers sicher mehr wertschätzen können. Nun fragte sie sich, ob dies wohl auch Roses Zimmer gewesen war, als sie nach Toronto gekommen war.

      Grace nahm einen Stapel Briefe aus ihrer Handtasche und setzte sich damit in die Fensterecke. Dort war es hell und man hatte einen herrlichen Ausblick. Sie öffnete den letzten von Roses Briefen, um vielleicht einen Hinweis darauf zu entdecken, wann sie krank geworden war. Doch auch beim erneuten Lesen fand sie keinerlei Andeutungen auf eine bedrohliche Krankheit.

      „Ach, Rose“, seufzte Grace laut. „Hatte ich dir nicht gesagt, dass Kanada keine gute Idee war?“

      Doch nichts hätte sie davon abbringen können, auch nicht der gut gemeinte Rat ihrer jüngeren Schwester. Damals schien es, als hätten die beiden die Rollen getauscht: Rose agierte aus einem Impuls heraus, während Grace vergeblich zur Vorsicht riet.

      Sie steckte die Briefe wieder weg und schaute auf die Uhr. Sicherlich war Mrs Chamberlain bereits wach und bereitete das Frühstück für ihre Gäste vor. Grace fand, dass es an der

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