Magic Tales - Verhext um Mitternacht. Stefanie Hasse
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Читать онлайн книгу Magic Tales - Verhext um Mitternacht - Stefanie Hasse страница 13
Ich winkte ab. »Ganz so schlimm ist es nicht, aber durch das tägliche Geruchstraining zu Hause bin ich etwas sensibler, was …« Ich überlegte, wie ich es am besten ausdrücken konnte, doch Alex kam mir zuvor:
»… den Gestank hier angeht?« Sie lachte. »Warum trainierst du deinen Geruchssinn?«
»Fürs Familiengeschäft«, erwiderte ich schnell und ratterte die Erklärung herunter: »Wir haben ein kleines Weingut und dafür ist eine gute Nase unerlässlich. Morgen sollte ich mir Kaffeebohnen mitbringen.«
Nun sah Alex mich mit völlig neuen Augen an. Vielleicht war es doch nicht so schlecht gewesen, das offizielle Tätigkeitsfeld unserer Familie zu erwähnen, das komplett den unwissenden Angestellten überlassen wurde. Mamma und Papà heimsten nur das Lob für das exklusive Bouquet unserer edelsten Weine ein.
»Wir können zum Essen gerne nach draußen gehen, da sollte es für dich erträglicher sein und die Terrasse ist überdacht«, schlug sie vor und ich nahm den Vorschlag gerne an. Nachdem ich mir Pudding und einen handflächengroßen Kuchen geholt hatte, balancierte ich mein voll beladenes Tablett hinter Alex her, die sich einen Weg durch die volle Cafeteria zum Seitenausgang bahnte und hin und wieder ein paar Mitschüler grüßte, die mir von ihrer Highspeed-Vorstellung zuvor vage bekannt vorkamen.
Trotz des vor Regen schützenden Glasdachs waren draußen alle Tische und Stühle verwaist. Ich atmete erst einmal tief durch. Alex hatte mit ihrer Vermutung, dass mich der für meine Rezeptoren zu intensive Geruch eingeschränkt hatte, richtig gelegen. Das beklemmende Gefühl, das mich im Inneren der Schule überkommen hatte, verschwand zunehmend und auch meine Handflächen schwitzten endlich nicht mehr.
Wir setzten uns an einen der Metalltische und aßen schweigend. Die Suppe schmeckte sogar halbwegs gut, auch wenn etwas mehr natürliche Inhaltsstoffe anstelle künstlicher Geschmacksverstärker vorteilhaft gewesen wären.
Nachdem sie auch ihren zweiten Apfel bis auf das Gehäuse verputzt hatte, brach Alex das Schweigen:
»Wie kommt es, dass du am Austauschprogramm teilnimmst, obwohl du privat unterrichtet wurdest?«
Ich verschluckte mich beinahe an meinem nächsten Bissen. Alex war wirklich so aufmerksam, wie ich vermutet hatte.
»Das war eine Idee meiner Eltern«, log ich. »Ich wollte raus, eigentlich eine Schule in Rom besuchen, aber dort … bin ich zu bekannt. Meine Eltern hielten es für zu gefährlich.« Der bittere Geschmack der Lüge klebte auf meiner Zunge. Selbst der Käsekuchen konnte ihn nicht vertreiben. Daher ging ich in die Offensive und fragte gemäßigtes Interesse vorschützend: »Hattest du früher viel mit den Brands und den Atwoods zu tun?« Hoffentlich merkte mir Alex meine brennende Neugier nicht an.
»Nicht so wirklich. Meine Eltern hatten nie großes Interesse an Gemeindeaktivitäten. Ich kenne sie alle nur, weil es hier in der Stadt unmöglich ist, sich nicht zu kennen.« Ich war mir nicht sicher, ob Alex wirklich zu mir oder eher zu sich selbst sprach.
»Was machen deine Eltern?«
»Sich streiten, sofern sie sich in einem Raum aufhalten.« Alex zuckte mit den Schultern, als wäre das nichts Dramatisches. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, was passieren würde, wenn sich meine Eltern zerstreiten würden. Ich wusste nicht, was ich anderes darauf erwidern sollte, als ein ehrlich gemeintes »Das tut mir leid« zu flüstern.
»Ach, ich kenne es nicht anders. Sie sind einfach zu verschieden. Vermutlich ist es lediglich einem Zuviel an Partys und Alkohol geschuldet, dass ich überhaupt existiere.«
»Wie kannst du das so locker sehen?«
Alex zeigte keinerlei Anzeichen von Unmut über den Zustand ihrer Familie. »Das hängt damit zusammen, weshalb ich hier normalerweise meist allein sitze.« Nun zeigte sie zumindest den Anflug von Unsicherheit und wich für einen kurzen Moment meinem Blick aus. »Laut den meisten Psychologen, zu denen ich als Kind geschleppt wurde, bin ich wohl so was wie ein Genie mit einem erheblichen Defizit in Sachen Emotionen und Empathie. Meinen Eltern wäre es andersrum wohl lieber, vielleicht würde ich ihnen dann weniger Gründe liefern, sich zu streiten.« Ihr rechter Mundwinkel senkte sich, eindeutig ein Zeichen, dass sie eben doch Gefühle hatte.
»Lass dich von niemandem schlecht machen oder dir so etwas einreden«, sagte ich. »Wenn sie so etwas auch nur erwähnen, suchen sie doch nur Gründe, die ihre wachsende Abneigung gegeneinander rechtfertigen.«
»Genau das habe ich mir auch schon gedacht.« Sie lächelte kurz. »Du denkst mit, das gefällt mir.«
Aus ihrem Mund klang es wie ein Kompliment, das ich einfach mal so stehen ließ.
Jenseits des schützenden Glasdachs rannten zwei Gestalten durch den strömenden Regen, doch ganz gleich, wie sehr ich mich auf sie konzentrierte, unter den Kapuzen waren sie nicht zu erkennen.
»Was hast du an deinem Handgelenk?«, unterbrach mich Alex und langsam, als müsste ich mich erst aus einem Traum schälen, sah ich zu ihr. »Bist du allergisch gegen den Verschluss des Armbandes? Eine Unverträglichkeit gegen Nickel kommt sehr häufig vor.«
Sie deutete mit einem leisen Schnalzen auf meinen linken Arm. »Du kratzt dich immer wieder. Das könnte ein Zeichen für eine Überempfindlichkeit sein. Das Armband ist recht eng, wenn du an der Stelle schwitzt, kann das eine allergische Reaktion auslösen.«
Sofort sah ich auf meine Finger hinab, die sich tatsächlich unter die verschlungenen Bänder der magischen Fessel geschoben hatten und die Stelle rieben, wo der Hämatit meine Haut berührte. Sofort zog ich sie zurück.
Es läutete gerade zum Ende der Mittagspause und ich verstand endlich Alex’ Warnung, sie wüsste immer alles besser. Was in diesem Fall jedoch nicht der Wahrheit entsprach.
»Es ist keine Allergie, sondern eher … ein Tick«, erklärte ich, während ich aufstand, um wieder ins Schulgebäude zu gehen. »So wie dich deine Muse bei Herrn Reeders Vorträgen küsst, beruhigt es mich, mit dem Armband zu spielen.«
Sie sah zu mir nach oben und wirkte, als wäre sie nicht erfreut darüber, einmal nicht recht zu haben. Doch einen Moment später lächelte sie mich breit an. Ich erkannte die Herausforderung in ihren Augen, was mich ebenfalls lächeln ließ. Es klingelte zum zweiten Mal und auch Alex stand auf. In genau dem Moment traten die zwei Personen aus dem Regen unter das Vordach und schoben die triefenden Kapuzen vom Kopf. Mara und Tristan lachten, als gäbe es nichts Schöneres, als bei den kühlen Temperaturen triefend nass zu sein. Ich sah zu ihnen hinüber, wie sie ihre Köpfe zusammensteckten, und eine Sehnsucht erfasste mich. Alex’ Stuhl knarrte, als sie ihn nach hinten schob und aufstand. Ich folgte ihr zwischen den Tischen hindurch, konnte dem Drang jedoch nicht widerstehen, kurz hinter uns zu sehen, als Mara die Tür zur Mensa aufschob.
»Soweit ich weiß, hatte er noch nie eine Freundin«, sagte Alex beinahe verschwörerisch leise und über das Prasseln der Regentropfen über uns kaum hörbar. Ich sah kurz über die Schulter zu Tristan, als uns der Lärm – und die Gerüche! – der Cafeteria entgegenschlugen. Hätte ich kein Tablett in der Hand gehabt, hätte ich mir instinktiv die Nase zugehalten. Ich hielt den Atem an, bis ich das Tablett in die Ablage geschoben hatte, und atmete tief in den Kragen meiner Bluse. Durch meine Adern rauschte erneut diese Energie, die wie ein Adrenalinstoß wirkte und alles intensiver machte. Vielleicht hatte Alex ja recht damit, dass meine Nase zu empfindlich für die Öffentlichkeit war. Ich sollte mit meinen Eltern darüber sprechen