Magic Tales - Verhext um Mitternacht. Stefanie Hasse
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Magic Tales - Verhext um Mitternacht - Stefanie Hasse страница 11
Wann immer ich die Augen schloss, spielte sich dieselbe Szene in meinen Gedanken ab. Wie in einem kitschigen Liebesfilm trat Ela in Slow Motion ins Klassenzimmer und rümpfte ihre zierliche Nase, ehe sich ihr Gesicht erhellte und sie die Augen schloss. Dabei wandte sie sich mir zu, ihre langen, fast schwarzen Haare streichelten im Luftzug ihre Wangen, und als sie die Augen wieder öffnete, setzte mein Herzschlag aus. Sie waren beinahe so dunkel wie ihre Haare, doch anstatt mich zu erschrecken, erinnerten sie mich an sternenklare Nächte, die ich mit meinem Vater beim Campen am Bodensee verbracht hatte. Erinnerungen an eine glückliche Zeit, als ich noch nicht im Schatten meiner Stiefbrüder stand. Etwas derart … Magisches hatte ich noch nie gespürt. Und das bei meiner Familie. Mit einem Mal hatte es sich angefühlt, als rückte der Rest der Welt ein Stück zur Seite – bis Mara mich unter dem Tisch getreten hatte.
Mein erster Blick hatte Elas linkem Arm gegolten – auf der Suche nach einer Sigille. Schließlich gab es Hexen, die sich noch vor dem Walpurgisritual unter die Menschen mischten, aber ich hatte trotz ihrer hochgeschobenen Ärmel auf die Schnelle nichts entdecken können. Ich hatte sie ständig beobachtet, aber vergeblich auf den Moment gewartet, dass sie ihren Unterarm vielleicht noch einmal entblößte, damit ich mir ganz sicher sein konnte.
»Vielleicht erkennt sie aber auch gleich, dass Chris und Noah Idioten sind.« Mara kaute auf dem Ende ihres Bleistifts und rümpfte mehrmals die Nase, um ihre Brille wieder nach oben zu schieben, ehe sie mir das Handydisplay vor die Nase hielt. Kim hatte ihr geschrieben, dass die Neue Patricia hatte abblitzen lassen und sich lieber alles von Alex hatte zeigen lassen wollen.
Sofort sah ich an Mara vorbei zu einem der fünf tragenden Holzbalken des Pavillons. Wir verbrachten Freistunden und auch die Mittagspause oft hier und hatten trotzdem noch nie einen unserer Mitschüler angetroffen. Dennoch hatten Mitglieder des Chors und der Theater-AG auch hier mehrere Plakate für die Aufführung des Musicals Wicked aufgehängt und egal, in welche Richtung ich sah, lachte mir das grün bemalte Gesicht unserer Schülersprecherin Patricia Gass entgegen.
»Erde an Tristan!« Blinzelnd sah ich vom Plakat auf und zu Mara, die mich neugierig musterte. »Was ist heute nur los mit dir? Hat dir die Italienerin den Kopf verdreht?«, feixte sie dann und ignorierte meinen vorwurfsvollen Blick. »Das hat bisher keiner der vielen Austauschschüler geschafft, oder? Ich hätte nie gedacht, dass dich jemand so schnell verzaubern kann.«
»Haha.«
Mara rieb sich die Schläfe und schob ihre Brille nach oben. Wie gerne würde ich ihr sagen, dass sie recht hatte. Dass ich mehr als nur neugierig auf unsere neue Schülerin war. Aber ihr Timing hätte nicht schlechter sein können. Durch mein Blut – und meine Stiefbrüder – würde ich ein für alle Hexen und Hexer sichtbares Schild mit »Übt eure Zauber an mir« auf dem Rücken haben und es war schlimm genug, dass Mara zusammen mit mir darunter leiden musste. Ich mochte mir gar nicht vorstellen, was sie mit Ela anstellen würden, sobald sie mein Interesse an ihr bemerkten. Mir blieb nichts anderes übrig, als dieselbe Taktik zu fahren, mit der ich erfolgreich alle anderen an der Schule von mir fernhielt. Bisher hatte es immer gut funktioniert – außer bei Mara, was mich zum Lächeln brachte.
»Was grinst du so?«, fragte sie skeptisch.
»Ich freue mich einfach, mit dir hier zu sein«, sagte ich absolut ehrlich, was sie noch viel misstrauischer machte.
»Ja, klar.« Sie lachte. »Und du träumst kein bisschen von Ela Bianchi«, sagte sie unter theatralischem Augenklimpern. »Oder hast du deine Meinung geändert und du freust dich auf Sport?«
Bei der Erinnerung daran stöhnte ich laut auf. »Warum musst du mir immer die Laune verderben?«
Sie grinste mich nur an. »Weil ich die Beste bin und es dir guttut, nicht ständig nur mit Kindern Karate zu trainieren.«
»Jiu-Jitsu«, erwiderte ich automatisch. Sie war perfekt im Ablenken – und im Überreden. Ihrem Grinsen nach zu urteilen, war sie sich dessen mehr als bewusst.
»Schau nicht so finster, du verschreckst alle.« Sie legte ihre Handflächen mit den Handgelenken aneinander unter ihr Kinn. Der verträumte Blick, den sie vermutlich beabsichtigt hatte, misslang total. »Stell dir vor, Ela …«, sie seufzte., »… würde dich so sehen.« Dann trat sie in den Regen und zog sich die Kapuze über den Kopf. Ich folgte ihrem Beispiel und wir rannten durch die wild wuchernden Büsche bis zur überdachten Terrasse der Mensa. Kaum dass wir vor dem Regen geschützt waren, blieb Mara stehen und beugte sich zu mir.
»Wenn man vom Teufel spricht …« Sie nickte kurz mit dem Kopf zu Alexandra Foster und Ela, die gerade von einem der Tische aufstanden und sich dabei angeregt unterhielten. Mein Magen zog sich zusammen. Ein Widerstand in meinem Nacken machte es mir unmöglich, zur Seite – zu Mara – zu sehen, ganz gleich, wie sehr ich mich bemühte. Ich erklärte es mir damit, dass ich mich noch einmal vergewissern musste, dass sie wirklich keine Hexe war.
Aber das wäre gelogen. Sie faszinierte mich, weil ausgerechnet sie die positive Erinnerung an meinen Vater ausgelöst hatte. Und jetzt standen wir hier und beobachteten sie wie gestörte Stalker.
Mara kniff mich in den Unterarm. »Hör auf zu starren! Wenn du neugierig bist, geh rüber zu ihr und sprich sie an. Wenn sie dich beißt, besorg ich dir eine Tollwutspritze.«
Ich sah verdutzt zu Mara. »Du willst mir Tollwut spritzen?«, fragte ich herausfordernd und hatte Mühe, meine Mundwinkel unter Kontrolle zu haben.
»Haha, Mr Schlauberger. Nicht ich bin das Ziel, schon vergessen?« Sie stemmte theatralisch die Hände in die Hüften und wie immer, wenn sie mich herausforderte, musste ich grinsen. Ich hoffte, sie damit abzulenken, doch dem war nicht so. Sie kniff die Augen zusammen und deutete in Richtung Ela. »Was ist jetzt, Romeo? Los!«
Ich schüttelte den Kopf und schob Mara in Richtung Eingang. »Es ist besser für sie, wenn sie nichts mit mir zu tun hat und nicht zum Kollateralschaden der Attacken von Chris und Noah wird.«
Enttäuscht rümpfte Mara die Nase, woraufhin sie ihre Brille wieder hochschieben musste. »Das sind doch bloß Ausreden!«
Wenn ich ihr doch nur erzählen könnte, warum man sich von den beiden fernhalten sollte!
Ehe sie mich weiter drängen konnte, standen Ela und Alex auf und gingen zwischen den Tischen durch zum Gebäude. Mein Blick heftete sich an Elas glattes dunkles Haar, das selbst bei dem trüben Licht glänzte und ein Eigenleben zu entwickeln schien. Doch ich konzentrierte mich erneut auf ihren linken Arm, um eine Sigille zu entdecken. Als würde sie spüren, dass ich sie beobachtete, sah sie kurz über ihre Schulter, drehte sich dann aber wie ertappt wieder um.
Auf dem Weg zur Sporthalle fasste ich einen Entschluss. Ich würde Ela tatsächlich ansprechen – wenn das Ritual vollzogen war und sich die Lage hier wieder beruhigt hatte. Falls ihr Aufenthalt so lange dauern würde. Die unbekannte Sehnsucht, die mich erfasst hatte, wurde von einem Stechen abgelöst.
»Hey, so schlimm wird es nicht werden. Du schaffst das!«, motivierte mich Mara mit einem Schulterklopfen vor der Umkleidekabine der Jungs und ich ließ sie in dem Glauben, Sportunterricht wäre mein größtes Problem.
~7~