Magic Tales - Verhext um Mitternacht. Stefanie Hasse
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Was, wenn mich meine Eltern nach Hause holen würden, damit jemand anderes Tristan Atwood auf Dunkelmagie prüfte? Sie könnten darauf bestehen, dass ich mein Ziel erreicht hatte, denn ohne meinen besonderen Einsatz wäre uns diese Tatsache, dass Liam Atwood einen Sohn hatte, der vor dem Rat verheimlicht worden war, nach wie vor nicht bekannt.
Ohne Alex hätte ich Tristan niemals mit der Hexengemeinschaft in Verbindung gebracht. Ich hatte den Auftrag, Christoph und Noah Brand auszuspionieren, Bekanntschaft mit ihnen zu schließen und zu erkunden, mit wem sie Umgang pflegten. Es gab keinen Grund, nach weiteren Hexen oder Hexern zu suchen, ehe die ersten fürs Tribunal anreisten. Außerdem bestand offenbar keine Blutsverbindung und Tristans Erscheinungsbild war das krasse Gegenteil von Christoph und Noah.
»Sie sind Stiefgeschwister, nicht richtig verwandt«, erklärte Alex flüsternd und meine Anspannung ließ meine Nervenenden kribbeln. Konnte es tatsächlich sein, dass Liam Atwood einen Sohn hatte und vor dem Rat und den Auguren verbergen konnte? Ich lugte noch einmal zur Seite, wo Tristan und Mara am anderen Ende der Reihe saßen, und traf erneut direkt Tristans Blick. Seine Augen waren nur noch schmale Schlitze, das Blau kaum mehr zu sehen. Ich drehte mich schnell wieder weg. Ich war verwirrt, hätte am liebsten sofort mit meinen Eltern gesprochen. Doch das musste bis nach der Schule warten.
Weshalb dieses Misstrauen mir gegenüber? Konnte er wissen, wer ich war? War er talentiert genug, um die Überreste meiner Magie zu spüren? Oder den Hämatit? Wenn er tatsächlich Liam Atwoods Sohn war …
Meine Eltern selbst hatten mich geprüft und keinen Hauch Magie feststellen können. Dennoch zog ich die Ärmel meines Shirts bis zu meinem Handrücken hinab.
»Warum … sieht er uns so grimmig an?«, flüsterte ich so leise, dass er es hoffentlich nicht hören konnte. Es musste eine Erklärung dafür geben. Für ihn war ich nur eine Austauschschülerin, keine Hexe.
»Keine Ahnung«, erwiderte Alex mit einem Schulterzucken. »Er schaut in der Schule immer so. Irgendwie … desinteressiert. Er kommt nicht wirklich gut mit Gleichaltrigen klar, glaube ich. Er hängt ständig nur mit Mara ab.« Kurz zogen sich ihre Brauen zusammen und ihr Blick fokussierte irgendetwas hinter der Wand des Physiksaals, als suchte sie dort nach verblichenen Erinnerungen. »Wie auch immer sie es geschafft hat, durch den Panzer zu dringen, der ihn seit dem Tod seines Vaters vor acht Jahren umgibt.«
Mit einem Mal sah ich nur noch ihre Lippenbewegungen, konnte ihren Worten kaum mehr folgen. Das konnte kein Zufall mehr sein. Liam Atwood war vor acht Jahren vors Tribunal gestellt worden.
Alex flüsterte unablässig weiter und ich konzentrierte mich, damit ich nichts verpasste. Mein linkes Handgelenk kribbelte.
»Seit dem tragischen Unfall seines Vaters ist auch das Verhältnis zu seinen Brüdern nicht das beste. Ich kann mich noch daran erinnern, wie die Familie früher oft Partys veranstaltete, zu denen sie die halbe Stadt eingeladen haben. Doch seitdem hat kein Fremder mehr das Anwesen der Familie betreten.« Ihre Stimme klang wie aus einem Gruselfilm und ließ mich erschaudern.
Das Kribbeln ebbte ab. Noch immer konnte ich es kaum erwarten, meinen Eltern davon zu erzählen. Aber der Gedanke an Tristans Verlust schob den Wunsch in den Hintergrund. Den Schmerz, den der Tod eines Elternteils mit sich brachte, konnte ich mir nicht einmal ausmalen. Trotz seines abweisenden Verhaltens empfand ich Mitleid für Tristan, das sich mit einem kurzen Seitenblick jedoch schnell wieder in Luft auflöste. Er sah noch immer zu Alex und mir, seine Lippen waren nun zusätzlich zusammengekniffen. Ich bemühte mich um ein Lächeln, doch erneut prallte es an seiner Fassade ab.
»Tristan Atwood«, wiederholte ich mehrmals lautlos und formte jede Silbe übertrieben. Seinem Namen fehlte etwas, er klang für mich falsch, abgehackt unvollständig.
»Mach dir keine allzu großen Hoffnungen«, wechselte Alex urplötzlich das Thema.
»Über was?«, fragte ich abgelenkt und fuhr die einzelnen Stränge des Armbandes nach. Sofort fühlte ich mich entspannter.
»Keine Ahnung? Du hast ihn angesehen, als würdest du gleich anfangen zu sabbern.«
»Igitt!«, erwiderte ich ehrlich angewidert.
»Er sieht gut aus, rein objektiv, versteht sich. Mittlerweile gleicht er ein wenig einer jungen Version von diesem Typen aus der Motorradserie, findest du nicht? Heißt er Jax? Irgendwie Typ Rocker oder Motorradfahrer und mit seinen halblangen Haaren das krasse Gegenteil seiner aalglatten Brüder. Aber hübsch ist er.« Wenig später fügte sie noch ein lang gezogenes »Oder?« hinzu.
»Vermutlich hast du recht.« Seine Gesichtszüge waren ebenso klassisch wie die seiner Stiefbrüder, aber die blonden Haare verliehen ihm etwas weniger Düsteres – was er mit seinem ablehnenden Ausdruck jedoch wieder wettmachte. Als würde er es darauf anlegen, Leute auf Abstand zu halten. Aus irgendeinem Grund stellte ich mir vor, wie sich sein Gesicht verändern würde, wenn er lächelte.
Der Rest der Doppelstunde verging wie im Zeitraffer. Meine Gedanken hingen unentwegt an Tristan fest, dem Atwood-Sohn, von dem niemand wusste. War er die Quelle der Dunkelheit aus den Visionen der Auguren? Konnten sie ihn nicht sehen, weil er offiziell nicht existierte? Ich musste mehr über ihn herausfinden. Das jedoch würde vermutlich komplizierter werden als bei seinen Stiefgeschwistern – denn jedes Mal, wenn ich an Alex vorbei zum Ende der Reihe sah, traf mich Tristans eiskalter Blick.
Das Klingeln zum Ende der Stunde hallte durch den Raum, der sich sofort leerte.
»Los, los!«, scheuchte mich Alex auf. »Sonst ist die Schlange in der Mensa unendlich lang!«
Wir waren nicht schnell genug. Die Mensa war bereits überfüllt. Es war laut, roch nach Essen in den verschiedensten Variationen, aber irgendwie … künstlich.
Alex schnappte sich zwei Äpfel, während ich mich nicht entscheiden konnte und daher einen Teller wurmartiger Nudeln mit Käse und gerösteten Zwiebeln darauf und irgendeine Cremesuppe auf mein Tablett stapelte.
»Du magst Äpfel«, stellte ich fest und Alex sah mich irritiert an, während wir Schritt für Schritt dem Ende des Tresens näher kamen – und den Süßspeisen, aus deren Richtung ein intensiver Duft nach Schokolade zu uns drang.
»Wie kommst du darauf?« Ich wusste nicht, ob sie es sarkastisch meinte oder wirklich eine Erklärung erwartete. Sie war fast so schwer zu durchschauen wie Calliope.
»Deine Haare riechen nach Apfel und … das Offensichtliche.« Ich deutete auf ihre beiden Hände. Sie senkte ihren Kopf, bis ihre Haare über die Schulter fielen, und schnupperte daran.
»Ah! Stimmt, die Spülung. Äpfel erinnern mich an meine Großmutter. Sie hatte mehrere kleine Apfelbäume im Garten, die im Herbst immer kurz vor dem Zusammenbrechen waren.« Ihre Augen trübten sich ein, und als wäre sie in Gedanken in eben diesem Garten, sog sie die Luft ein und senkte die Lider. Wie gern wäre ich jetzt ebenfalls an einem solchen Ort, einem Garten, in dem die Luft nach Obst oder Kräutern duftete wie in dem weitläufigen Garten zu Hause in Rom.
Alex sah mich an. Ich hatte geseufzt, was wohl nicht die passende Antwort auf ihre Aussage gewesen war, daher erklärte ich mich: »Ich liebe den Geruch der Natur. In meiner Familie ist der Geruchssinn sehr ausgeprägt, ich …«
»Dann