Magic Tales - Verhext um Mitternacht. Stefanie Hasse
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Magic Tales - Verhext um Mitternacht - Stefanie Hasse страница 5
Doch gegenüber den beiden Personen, die mich nun voller widersprüchlicher Emotionen im Gesicht musterten, musste ich auch nicht darüber sprechen. Sie kannten die Prophezeiung genauso gut wie ich.
Um meine Aufregung und Nervosität zu verbergen, hatte ich meine Hände auf dem Schoß liegen, meine Fingernägel bohrten sich in meine Jeans. Die Zeit drängte. Und das wussten auch meine Eltern, ganz egal, was sie dabei empfanden.
Während sie schwiegen, starrte ich auf die bunten Flecken auf dem weitläufigen Marmorboden. Ich liebte diesen Moment des Tages, wenn die Sonnenstrahlen den kahlen großen Raum aus Weiß und Beige in ein Meer aus Farbtupfen verwandelten, sobald sie sich zu den Buntglasfenstern vorangetastet hatten. Von draußen drangen leise die Geräusche des erwachenden Roms an mein Ohr: Hupende Autos, weil es alle eilig zur Arbeit hatten, das Dröhnen der Kehrmaschinen, die all die Reste der nächtlichen Partys verschwinden ließen, ehe die Touristenbusse von Neuem anrollten. Die Müllautos waren glücklicherweise schon durch: Ihren Geruch konnte ich selbst durch die geschlossenen Fenster nicht ertragen und es hätte meinen gesamten Auftritt vor meinen Eltern versaut, wenn ich mich übergeben hätte. Dafür hatte ich zu lange auf eine solche Gelegenheit hingearbeitet. Nun konnte ich meine Eltern vor vollendete Tatsachen stellen.
»Calliope hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht«, sagte ich und rieb dabei über die Stelle an meinem Arm, an der das magische Dekret eingedrungen war. »Ich habe ihr und Sato meine Idee bereits letzte Woche präsentiert. Aber nach dem Anschlag letzte Nacht …«
Mehr musste ich nicht sagen. Mamma und Papà waren eben erst aus Deutschland zurückgekommen, kreidebleich und ausgezehrt von der Reise mittels Magie, der Sigillenfährte. Die beiden hatten dabei geholfen, den panischen Menschen, die mitten in der Nacht erst den Beweis für die Existenz von Magie gesehen hatten, die Erinnerung mithilfe des mächtigsten Zaubers der Jägergilde zu löschen. So etwas durfte nicht mehr passieren. Wir mussten die Dunkelmagier aufhalten und das wussten auch meine Eltern. Mein Vorschlag war die einzige Chance, diejenigen zu enttarnen, die das Walpurgisritual sabotieren wollten. Wenn wir sie nicht aufhielten, wäre es sinnlos, nach meinem Ritualpartner zu suchen, und wir könnten uns gleich für einen Krieg wappnen. Ein widerlicher Geschmack legte sich auf meine Zunge. Mammas Hand in meiner wurde eiskalt.
»Calliope hat mich direkt abgewiesen, obwohl Sebastien und ich sämtliche Möglichkeiten durchgegangen sind. Wir sind …«
»Dein Cousin hat dich dazu angestiftet?«, unterbrach mich Mamma und zog ihre Hand zurück.
Ich schüttelte den Kopf. »Das hat er nicht. Seit die Pr …, seit der Ban verhängt wurde, denke ich über eine Lösung nach. Meine Forschungen sind nicht weit genug, die Blutmagie zu entkräften. Die einzige Möglichkeit besteht darin, jemanden einzuschleusen.«
Papà verlor die Beherrschung. »Wie konnte Sato uns einfach übergehen?« Funken stoben von seinem Unterarm auf wie immer, wenn er seine Gefühle nicht unter Kontrolle hatte. Sato und Papà waren oft unterschiedlicher Meinung, jedoch nie zuvor hatte man meine Eltern aus einer Entscheidung ausgeschlossen. »Der Rat hat genug andere Spione!«
Ich schluckte und sah meinem Vater direkt in die Augen. »Ihr wisst genau, dass wir keine andere Möglichkeit haben.« Mit einem tiefen Atemzug wappnete ich mich davor, ihnen geradeheraus das vorzuwerfen, was ich die letzten Jahre nur Gloria und Sebastien gegenüber ausgesprochen hatte. Ich wusste, es würde sie verletzen. »Ihr habt mich aus Sorge die letzten Jahre über versteckt, mit dem Ban wurde ich sogar aus sämtlichen offiziellen Registern gelöscht. Das ist jetzt unser Vorteil. Niemand weiß, wie ich aussehe, niemand kennt meinen Namen. Es gibt niemanden, der mich erkennen und enttarnen kann, sobald ich den Hämatit angelegt habe. Und ich bin ebenso gut ausgebildet wie Gloria.«
Als hätte ich sie gerufen, tauchte meine Schwester in dem Moment auf, als in Mammas Gesicht ihr schlechtes Gewissen aufflackerte. Es roch für mich leicht säuerlich wie die meisten negativen Gefühle. Aber ich konzentrierte mich auf die frische Note, die Gloria mitbrachte. Sie setzte sich neben mich, nun stand es zwei gegen zwei. Ich war mir ganz sicher, dass sie gelauscht hatte, denn kaum, dass sie sich gesetzt hatte, polterten ihr die Worte aus dem Mund.
»Ela hat recht und das wisst ihr genau. Ihr lasst sie seit Jahren nicht mehr zum Unterricht oder zu den Zirkeltreffen.« Sie zählte die Punkte an ihren Fingern ab. »Sie darf ohne Garde nicht einmal mehr die Villa verlassen. Auf Elas Forschungsergebnissen steht mein Name und alle denken, dass ich das Genie und die Begabte in der Familie bin, die Auserwählte.« Sie spuckte das Wort beinahe aus. »Und seit dem letzten Jahr habt ihr sie auch noch aus den offiziellen Akten gelöscht. Niemand kennt sie oder weiß auch nur von ihrer Existenz.«
Mamma war nicht in der Lage, mir oder meiner Schwester in die Augen zu sehen. Daher übernahm Papà das Reden, meine Schwester fest im Blick: »Gloria, wir sind dir dankbar, dass du Adela in der Öffentlichkeit vertrittst. Aber das hier …«, er hatte gewartet, bis ich ihn direkt ansah. »Es ist einfach zu gefährlich.«
»Nicht gefährlicher als das, was mir bevorsteht, wenn ich es nicht schon durch diesen Einsatz verhindern kann.«
Dieses Mal gewann ich das Blickduell gegen Papà. Mamma verzog den Mund. Auch wenn ich ihr ansehen konnte, wie sehr sie sich dagegen sträubte, mich gehen zu lassen, nannte Mamma mir ihre Bedingung: »Du kannst gehen, aber du wirst niemandem sagen, wer du wirklich bist.«
Damit hatte ich mich bereits abgefunden und gemeinsam mit Sebastien eine Tarnidentität entwickelt. Mamma nickte zu guter Letzt, versuchte sich sogar an einem Lächeln. Vielleicht lag da sogar ein Hauch von Stolz unter der tiefen Sorge in ihren Augen? Ich sprang auf, warf mich um ihren Hals und vergaß in dem Gefühlsrausch, die Luft anzuhalten. Den Geruch ihres schweren Rosenwassers würde ich für die nächsten Stunden nicht mehr aus der Nase bekommen. Doch selbst das war mir heute egal.
Gloria begleitete mich in mein Zimmer und ich bedankte mich für die Unterstützung, die durchaus überraschend kam. Ich war davon ausgegangen, dass sie mich zurückhalten wollte, mich beschützen. Doch ich war alt genug für eigene Entscheidungen, vielleicht hatte selbst Gloria das inzwischen eingesehen.
Gemeinsam packten wir meinen Koffer. Gloria ließ immer wieder fallen, wie neidisch sie war, dass ich die beiden Söhne der Gastgeberfamilie des Walpurgisrituals noch vor ihr sehen konnte. Sie erreichte damit ihr offensichtliches Ziel und lenkte mich von dem ab, was gleich kommen würde.
Der Duft nach Karamell und Popcorn, eine Mischung aus kribbelnder Erwartung und Vorfreude, überlagerte den beißenden Gestank meiner Angst, als ich nach dem Kofferpacken in die Küche ging.
Das schwarze Armband war der einzige Gegenstand auf dem Tisch. Die einzelnen verflochtenen Stränge spiegelten sich in der glänzenden weißen Oberfläche.
»Das ist es, was du willst?«, fragte mich unsere Haushälterin Abelarda mit rauer Stimme.
»Es ist, was ich tun muss. Sonst würde mich jeder als Hexe erkennen.« Ich setzte mich auf den Stuhl ihr gegenüber und legte meinen linken Arm neben das Armband. Sämtliche Instinkte drängten, den Arm sofort zurückzuziehen, mir nicht das nehmen zu lassen, was mich ausmachte. Magie.
»Niemand zwingt dich, Ela.« Sie fasste nach meiner Hand. Im Gegensatz zu Mammas Fingern waren ihre warm, ihr Griff fest.
»Ich weiß. Aber ich bin die Einzige, die etwas über die Dunkelmagier herausfinden kann. Sebastien ist etliche Möglichkeiten durchgegangen.« Ich ließ unerwähnt, dass ich bei der Gelegenheit potenzielle Ritualpartner noch vor den offiziellen Ballnächten begutachten konnte. »Nichts