Front ohne Helden. Franz Taut

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Front ohne Helden - Franz Taut Zeitzeugen

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des Unbehagens schlich sich in Anton von Talverns Gelassenheit. Er kehrte in seinen Dienstraum zurück. In den kahlen Raum mit den mit Zeitungsstreifen beklebten, vereisten Fenstern. Mit dem helleren Fleck an der vom Ofenrauch gedunkelten Wand, wo einst Stalins Bild gehangen hatte. Ein Bild des »Führers« aufzuhängen, hatte man versäumt.

      Es war Zeit, die Abendmeldung vorzubereiten. Was war zu melden? Der Tod eines italienischen Offiziers. Sonst war alles unklar, alles in der Schwebe. Das Fernsprechnetz war zerstört und nicht wieder in Stand gesetzt. Man hing in der Luft. Auf die Funkgeräte war nur bedingt Verlass. Man sollte führen. Aber wer konnte befehlen, wenn er sich wie der Stab in Schepetowka in völliger Ungewissheit, in der Isolierung befand? Wer?

      Seit seiner Abfahrt von Lysselkowo am Abend des 15. Dezember hatte die 3. Batterie nichts mehr von Wachtmeister Fendt gehört. Auch von dem italienischen Bataillon, mit dem man noch in der Nacht Funkverbindung hatte, wusste man nichts. Den ganzen 16. Dezember und die folgende Nacht hindurch hatte der Funktrupp in Lysselkowo die Italiener immer wieder gerufen, aber deren Gerät hatte keine Antwort gegeben.

      Trüb brach der Morgen des 17. Dezember an. Die Fenster der kleinen, niedrigen Lehmkate, die Hauptmann Martin als Quartier und zugleich als Gefechtsstand diente, waren mit einer dicken Eisschicht überzogen. In dem kleinsten unheizbaren Raum schlief der Hauptmann auf einer von Trossleuten gezimmerten Pritsche.

      In der größeren Stube lagen Leutnant Holler, der B-Offizier, und die Männer vom Batterietrupp dicht aneinander gedrängt auf einer dünnen Schütte von mit Zeltbahnen bedecktem Stroh.

      Als Hauptmann Martin sich auf der Pritsche aufrichtete, war es ihm, als habe sich das Artilleriefeuer, das gestern noch im Norden rumpelte, nach Westen, möglicherweise auch nach Südwesten, verlagert. Auch im Osten, allerdings in größerer Entfernung, schien Geschützfeuer aufzuleben. Das musste an der Tschir-Front sein, die sich Ende November nach dem Durchbruch der Russen bei der 3. rumänischen Armee gebildet hatte.

      Hauptmann Martin hatte fest mit einem nächtlichen Alarm gerechnet. Doch die Nacht hatte nichts Ungewöhnliches gebracht – jedenfalls nicht für Lysselkowo.

      Martin warf den Übermantel und die Decken zurück und stand stöhnend auf. Morgens, beim Aufstehen, machte sich das Rheuma, das zeitweilig seine ganze linke Körperhälfte erfasste, am übelsten bemerkbar. Erst beim zweiten Versuch gelang es ihm, sich nach seinen Filzstiefeln zu bücken. Dieser zweite Winter, der für ihn in Russland angebrochen war, wartete wieder mit strengen Frösten auf. Wie alle anderen schlief auch Martin in voller Uniform. Und auch ihn plagten bereits wieder die Läuse, die nicht danach fragten, ob einer Schulterstücke mit zwei Sternen, Korporalslitzen, einen Gefreitenwinkel oder überhaupt keine Rangabzeichen besaß.

      Als Hauptmann Martin in den Nebenraum trat, kam der kleine Leutnant Holler soeben aus seinen Decken hoch.

      »Merken Sie was?«, sagte der Batteriechef. »Das hört sich doch so an, als ob der Russe durch wäre. Aber das ist doch nicht möglich. Wenn da etwas passiert wäre, hätte man uns doch verständigen müssen.«

      Leutnant Holler hob die Schultern.

      »An sich schon, Herr Hauptmann. Aber wir wissen ja: Die Makkaroni betreiben hier ihren eigenen Laden.«

      »Sie sollen nicht ›Makkaroni‹ sagen!«, warf der Hauptmann ein. »Die Italiener sitzen auf dem gleichen Ast wie wir. Es sind unsere Verbündeten, und ich wünsche nicht, dass man abfällig über sie spricht.«

      Heute hat es ihn wieder, dachte Holler. Wenn das Rheuma den Chef packte, war er sich selbst zuwider. Doch sonst kam man gut mit ihm aus. Im Übrigen war Hauptmann Martin nicht nur auf artilleristischem Gebiet ein ausgesprochener Könner.

      »Man sollte ›Blaumeise‹ anrufen«, schlug Holler vor. »Vielleicht weiß man dort etwas.«

      »Blaumeise« war der Deckname einer deutschen Sicherungskompanie, die zwanzig Kilometer nordostwärts in der Kosaken-Stanize Nikolskaja lag. Oder gelegen hatte.

      »Gut«, meinte Hauptmann Martin, »versuchen wir’s.«

      Der Leutnant nahm den Handapparat des Feldtelefons ab und drehte die Kurbel.

      »Holen Sie ›Blaumeise‹ ran«, sagte Leutnant Holler. »Und schicken Sie auch gleich den Nachrichtenstaffel-Führer zum Gefechtsstand.«

      Der Gefreite wiederholte den Befehl. Als er gleich darauf wieder sprach, klang seine Stimme erregt.

      »›Blaumeise‹ antwortet nicht, Herr Leutnant«, sagte er. »Die können doch nicht klammheimlich abgebaut haben?«

      »Unsinn«, versetzte Holler. »Wird ’ne Störung sein. Versuchen Sie’s später noch mal!«

      Er legte auf und läutete ab. Im gleichen Augenblick trat der Nachrichtenstaffelführer ein.

      »Unteroffizier Kolb zur Stelle.«

      »Störungssucher immer noch nicht zurück?«, fragte Hauptmann Martin. Gestern Mittag waren zwei Mann losgezogen, um die gestörte Fernsprechleitung zum Abteilungsgefechtsstand zu flicken.

      Der Unteroffizier nahm erneut Haltung an.

      »Nein, Herr Hauptmann. Ich kann mir gar nicht vorstellen, was da los ist. Lenk und Pohlmann sind doch zwei alte Hasen. Wenn etwas Besonderes wäre, hätten die beiden unter allen Umständen den Draht angezapft, um Meldung zu machen. Es ist beinahe so, als ob ringsherum alles weg wäre, und wir wären allein übrig geblieben.«

      »Wie kommen Sie darauf, Kolb?«, fragte der Batteriechef.

      »Alle Leitungen nach außerhalb sind tot, Herr Hauptmann«, antwortete der Unteroffizier. »Und mit dem Funkverkehr sieht es praktisch nicht anders aus. Was zu hören ist – sogar zum Teil auf unseren Frequenzen –, sind verschlüsselte russische Sprüche. Und das Arifeuer im Westen. Die Italiener werden doch nicht getürmt sein?«

      Hauptmann Martin schüttelte den Kopf, obgleich er im Stillen die Befürchtung des Unteroffiziers teilte. Zweifellos war seit gestern Schwerwiegendes an der Front geschehen.

      Martin griff zum Handapparat des Fernsprechers und befahl, ihn mit dem Gefechtsstand der Pioniere zu verbinden. Gestern früh war die Pionierkompanie unter Oberleutnant Mareiner auf Weisung der Division als Verstärkung in Lysselkowo eingerückt. Mit den Pionieren hatte es eine besondere Bewandtnis: Sie waren am 21. November in die Katastrophe im Donbogen geraten und waren im Gegensatz zu den meisten anderen Einheiten nicht nach Osten in Richtung Stalingrad, sondern nach Westen abgedrängt worden. Zwei Wochen lang hatten sie als Bestandteil einer Alarmeinheit am Tschir gekämpft, dann waren sie auf höheren Befehl dem Pionierbataillon der Division zur besonderen Verwendung unterstellt worden. Martin fand es beruhigend, dass jetzt außer seiner Batterie noch etwas im Dorf war. Eine Artilleriestellung, vor der möglicherweise nichts Eigenes mehr war, ließ sich mit den Geschützen und den Trossleuten allein nicht verteidigen. Die Pionierkompanie jedoch war eine erprobte Kampfeinheit. Vor allem war sie reichlich mit Minen aller Art ausgestattet.

      Am anderen Ende der Leitung meldete sich Oberleutnant Mareiner, ein Tiroler aus der Gegend von Kufstein, die auch Martin gut bekannt war.

      »Können Sie mal ’rüberkommen, Herr Mareiner?«, fragte der Hauptmann.

      »Schon im Bild«, gab Mareiner zurück. »Bin in fünf Minuten bei Ihnen, Herr Hauptmann.«

      Martin wandte sich dem Nachrichtenstaffelführer zu.

      »Ist

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