Polizeiliche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im digitalen Zeitalter. Jan Schabacker

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Polizeiliche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im digitalen Zeitalter - Jan Schabacker страница 10

Автор:
Серия:
Издательство:
Polizeiliche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im digitalen Zeitalter - Jan Schabacker

Скачать книгу

3. Menschenansammlungen

      Die Teilnahme an Demonstrationen und öffentlichen Veranstaltungen lässt Aufnahmen ebenfalls unter der Voraussetzung zu, dass nicht einzelne Personen abgebildet werden, die im Vordergrund stehen. Das Gesamtereignis, die Versammlung oder die Veranstaltung muss den Eindruck des Bildes prägen. Veranstaltungen und Versammlungen müssen für diesen Fall öffentlich zugänglich sein. Veranstaltungen von Privatinitiatoren, wie beispielsweise Fußballspiele oder große Konzerte, verfügen häufig über besondere Regelungen zum Fotografieren und Filmen, die sich normalerweise aus den Geschäftsbedingungen der Veranstaltung ergeben.

       4.2.2Die Polizei im Fokus – auch Polizistinnen und Polizisten haben ein Recht am eigenen Bild

      Immer wieder wird im Kollegenkreis diskutiert, ob man sich in einem polizeilichen Einsatz das Fotografieren oder Filmen der eigenen Person gefallen lassen muss oder nicht. Die Erörterung der Frage, ob es sich bei einem Sachverhalt um ein Ereignis der Zeitgeschichte und damit um einen Vorgang von allgemeiner Bedeutung handelt, ist auch hier häufig der zentrale Dreh- und Angelpunkt, wenn es um das Recht am eigenen Bild von Polizistinnen und Polizisten geht (siehe Kapitel 4.2.1, relative Personen der Zeitgeschichte und abgestuftes Schutzkonzept des BGH). Kolleginnen und Kollegen im Einsatz werden dann zu Personen der Zeitgeschichte, wenn die Betrachtung des Einsatzanlasses zu der Auffassung führt, dass es sich bei dem Geschehen um einen Vorgang von allgemeiner Bedeutung und somit von Interesse für die Öffentlichkeit handelt. Das dürfte bei vielen Einsatzlagen im öffentlichen Raum der Fall sein. Nehmen Polizisten beispielsweise einen schweren Verkehrsunfall auf oder eine Person fest, sind sie in diesem Moment relative Personen der Zeitgeschichte, das Fertigen von Bildern und Videos ihrer Person auch mit dem Ziel der Verbreitung ist in diesem Zusammenhang also zulässig. Grundsätzlich muss für jeden Einzelfall die Frage des zeitgeschichtlichen Ereignisses geprüft werden.

      Unzulässig ist nach geltender Rechtsprechung die Aufnahme aus nächster Nähe oder Porträtbilder. Hier kann unterstellt werden, dass die Intention der Aufnahme die Darstellung der Person ist. Kommt man also in einem konkreten Sachverhalt zu dem Ergebnis, dass entweder kein zeitgeschichtlicher Vorgang vorliegt oder ein unzulässiges Bild aus nächster Nähe gefertigt wurde, dann können auch polizeiliche Maßnahmen ergriffen werden. Denn gemäß § 33 Kunsturhebergesetz stellt das Verbreiten oder öffentliche Zurschaustellen eines Bildnisses eine Straftat dar. Regelmäßig ist in diesen Konstellationen die Feststellung der Identität des Erstellers zulässig, um gegebenenfalls Straftaten zu verhindern oder bei nachfolgenden Verstößen entsprechende Rechtsansprüche geltend zu machen. Unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit und sorgfältiger Prüfung konkreter Anhaltspunkte für das Begehen einer Straftat kann auch eine Beschlagnahme der Kamera gerechtfertigt sein.

      § 33

      (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen den §§ 22, 23 ein Bildnis verbreitet oder öffentlich zur Schau stellt.

      (2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.

       4.2.3Problemfeld Versammlung für die polizeiliche PR

      Im Oktober 2018 erging ein Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen zu PR-Aufnahmen der Polizei bei einer Versammlung. Ein mobiles PR-Team der Polizei hatte uniformiert Bilder der Demonstration gefertigt und sie im Anschluss über Facebook und Twitter verbreitet. Dem Urteil nach ist das Anfertigen von Bild- oder Tonaufnahmen durch die Polizei bei Versammlungen – unabhängig davon, ob es sich nur um Übersichtsaufnahmen handelt – auch dann ein unzulässiger Eingriff in die Versammlungsfreiheit, wenn die Bilder lediglich zu Zwecken der Öffentlichkeitsarbeit verwendet werden sollen.

      Dieses Urteil überraschte die polizeiliche PR insofern, als der tangierte Rechtsbereich, nämlich die Versammlungsfreiheit, bislang nie im Fokus der rechtlichen Bewertung einer PR-Maßnahme stand. Dass durch Filmaufnahmen der Polizei das Versammlungsrecht eine Einschränkung erfahren kann, war im Zusammenhang mit Aufnahmen durch die Bereitschaftspolizei bereits richterlich als Eingriff bewertet worden. Die Kläger zielten in dem Gerichtsurteil zugrunde liegenden Fall darauf ab, dass, unabhängig von der Aufgabe der Polizeikräfte im Einsatz, das Filmen und Fotografieren durch die Polizei immer abschreckend auf Versammlungsteilnehmer wirken kann und so das Versammlungsrecht durch den vermeintlichen Eindruck der staatlichen Beobachtung in der Tat eine Beeinträchtigung erfährt. Das Versammlungsrecht erlaubt der Polizei Filmaufnahmen nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen, beispielsweise wenn Straftaten von erheblicher Bedeutung unmittelbar bevorstehen. Auf Grundlage dieses Urteils sollte also eine Berichterstattung über den polizeilichen Einsatz bei einer Versammlung nur mit Bildern erfolgen, die Versammlungsteilnehmer nicht erkennbar zeigen. Eine solche gerichtliche Entscheidung ist darüber hinaus Beleg dafür, wie wichtig es für die PR-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist, sich mit aktueller Rechtsprechung auseinanderzusetzen.

      image Merke:

       Grundsatz: Jeder Mensch kann selbst darüber entscheiden, ob er fotografiert werden will oder nicht.

       Ausnahmen:

      –absolute oder relative Personen der Zeitgeschichte

      –Personen als Beiwerk des Hauptmotivs

      –Menschenansammlungen

      Auch Polizisten haben ein Recht am eigenen Bild, es greifen auch hier nur die Ausnahmen aus dem Kunsturhebergesetz, insbesondere relative Personen der Zeitgeschichte im Einsatz.

       Verstöße sind strafbewehrt nach § 33 Kunsturhebergesetz.

      Sonderfall Versammlungsrecht: Keine Aufnahmen von Demo-Teilnehmern durch die Polizei zu Zwecken der PR.

       4.2.4Was darf die Presse filmen? Vom sensiblen Umgang mit Medienvertretern auf der Basis geltenden Rechts

      Wenn Pressevertreter am Einsatzort filmen, führt das nur allzu häufig zu Konflikten mit den eingesetzten Polizeikräften. Wegen ihres in Teilen forschen und fordernden Auftretens und der häufig kritischen Berichterstattung ist das Klima zwischen handelnden Polizistinnen und Polizisten und den Medienvertretern von vornherein von Spannungen geprägt. Gerade bei spektakulären Fällen, die viel Bildmaterial liefern, sind die Journalistinnen und Journalisten aber auf die Bilder für die Berichterstattung bedingungslos angewiesen. Getrieben von diesem Druck ist wenig bis kein Verständnis am Einsatzort für beschränkende Maßnahmen der Polizei vorhanden. Hier ist besondere Sensibilität gefragt, denn rechtlich gesehen stehen der Polizei nur sehr begrenzte Möglichkeiten zur Verfügung, das Filmen an einem Einsatzort zu untersagen. Zunächst einmal gilt: Das Aussprechen eines generellen Film- oder Fotografierverbots ist unzulässig. Medienvertreter müssen die Möglichkeit erhalten, das Einsatzgeschehen mit der Kamera zu dokumentieren. Die Polizei kann dieses Recht im Grunde nur einschränken, wenn die Kameraleute die Arbeit der Polizei oder anderer Hilfs- und Rettungskräfte behindern oder sich selbst an der Einsatzstelle in Gefahr begeben. Auch der letzte Punkt wird unter Umständen mit Journalistinnen und Journalisten kontrovers diskutiert werden, da manche für sich auch die Legitimation sehen, sich im Rahmen ihrer Aufgabe bewusst und gewollt in Lebensgefahr zu bringen. In der Tat geht es bei unserer Argumentation dann auch weniger um die Gesundheit des Journalisten, als vielmehr darum, dass ein

Скачать книгу