Polizeiliche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im digitalen Zeitalter. Jan Schabacker

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begegnet, in dem die rechtliche Definition dieser Begriffe oder daraus resultierende Einschränkungen des Presserechts zu Problemen geführt haben. Ist das im Einzelnen der Fall, so muss in der entsprechenden Fachliteratur nachgeforscht werden.

      In Nordrhein-Westfalen gibt § 4 Landespressegesetz die abschließende Aufzählung der Fälle wieder, in denen die Presse keinen Anspruch auf Information gegenüber staatlichen Institutionen innehat. Aus Absatz 1 ergibt sich noch einmal expressis verbis das Informationsrecht der Presse.

       § 4 Landespressegesetz NRW: Informationsrecht der Presse

      (1) Die Behörden sind verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen.

      (2) Ein Anspruch auf Auskunft besteht nicht, soweit

      1. durch sie die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte oder

      2. Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstehen oder

      3. ein überwiegendes öffentliches oder ein schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde oder

      4. deren Umfang das zumutbare Maß überschreitet.

      (3) Allgemeine Anordnungen, die einer Behörde Auskünfte an die Presse überhaupt, an diejenige einer bestimmten Richtung oder an ein bestimmtes periodisches Druckwerk verbieten, sind unzulässig.

      (4) Der Verleger einer Zeitung oder Zeitschrift kann von den Behörden verlangen, dass ihm deren amtliche Bekanntmachungen nicht später als seinen Mitbewerbern zur Verwendung zugeleitet werden

      In Absatz 1 manifestiert sich die Verpflichtung, Presseanfragen zu beantworten. Wichtig dabei: Es ergibt sich keine Verpflichtung zur aktiven Pressearbeit aus den rechtlichen Vorschriften der Pressegesetze. Immer wieder fordern Journalisten über nahezu jeden polizeilichen Sachverhalt informiert zu werden und führen dazu das Presserecht im Schilde. Das ist aber allerhöchstens dann legitim, wenn die Behörde die Veröffentlichung eines Sachverhaltes mit dem Ziel unterlässt, die Bevölkerung über einen allgemein bedeutsamen Sachverhalt im Dunkeln zu lassen. Das gilt sicherlich nicht für jeden Einbruchdiebstahl oder Verkehrsunfall. Aber: Aktive Medienarbeit ist heute aus den Polizeipressestellen nicht mehr wegzudenken. Auf der einen Seite benötigen Journalisten die Informationen der Polizei, um eine umfassende Berichterstattung über die Geschehnisse in einem regionalen Bereich überhaupt gewährleisten zu können. Auf der anderen Seite profitiert die Polizei als Lieferant der wirklich interessanten Geschichten aus dem Zuständigkeitsbereich einer Behörde natürlich auch von diesem Status. Denn die Journalisten könnten ohne die Informationen, die sie tagtäglich von den Pressestellen der Polizeibehörden erhalten, wohl keine aktuelle regionale Berichterstattung von Interesse für die Bürgerinnen und Bürger gewährleisten. Insofern können wir auch in dem Bewusstsein handeln, insbesondere für die Lokalpresse vor Ort ein überaus wichtiger Dienstleister und Informationsgeber zu sein. Aktive Pressearbeit, also das aus eigenem Antrieb ohne konkrete Nachfrage der Presse Veröffentlichen von Presseberichten über polizeiliche Sachverhalte, ist heute Alltagsgeschäft jeder Polizeipressestelle in Deutschland.

      Regelmäßig bewegt die Pressestellen die Frage der aktiven Veröffentlichung, wenn beispielsweise Belange des Opferschutzes tangiert sind. Das ist zum Beispiel immer wieder bei Sexualdelikten der Fall. Auf der einen Seite steht das in vielen Fällen stark traumatisierte Opfer, dessen seelischer Schaden durch die Tat bereits immens ist und der durch eine aktive Berichterstattung, von Medien gegebenenfalls noch reißerisch präsentiert, zusätzlich verstärkt werden kann. Auf der anderen Seite handelt es sich um eine schwere Straftat, die in der Bevölkerung regelmäßig auch zum Anspruch auf umfassende Informationen führt. Schon jetzt ist klar, dass es sich um eine schwierige Rechtsgüterabwägung handelt. Dazu bewegt die Frage: Ist der Täter bekannt oder unbekannt? Können gegebenenfalls über eine aktive Berichterstattung Hinweise aus der Bevölkerung auf ihn erlangt werden, die zum polizeilichen Erfolg, nämlich zu einer Festnahme, führen? Und noch schwieriger wird es, wenn es Hinweise darauf gibt, dass der Täter einen Migrationshintergrund hat. Spätestens dann bewegen wir uns in einem hochpolitischen Minenfeld, wenn die Tat zunächst verdeckt gehalten wird, auch wenn das aus Gründen des Opferschutzes geschieht. Wenn sich bei Medien nur der Hauch des vermeintlichen Eindrucks einstellt, dass Informationen vielleicht auch zurückgehalten werden, um bestimmte politische Einschätzungen und Wertungen nicht zu befeuern, wird es für die handelnde Behörde extrem schwierig. Sie muss sich in einem solchen Fall auf entsprechende öffentliche Kritik einstellen, und häufig findet sich dann auch bei den politischen Entscheidungsträgern keine Rückendeckung mehr. Beispiele dafür gibt es aus der täglichen Pressearbeit zur Genüge. Wie geht man mit einem solchen Sachverhalt um?

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       Bild: Vergewaltigung auf Friedhof, „Minister kritisiert Pressearbeit“

      Vor weiteren Ausführungen zu den Einschränkungen des Presserechts ist der Fall rein rechtlich betrachtet, noch relativ eindeutig einzuordnen. Aktive Pressearbeit ist nicht verpflichtend, die Behörde muss den Sachverhalt aus presserechtlichen Erwägungen also nicht veröffentlichen. Medientaktisch sollten aber weitere Überlegungen eine Rolle spielen: Welche Vorwürfe tauchen in der Berichterstattung auf, wenn die Geschichte erst später in die Öffentlichkeit kommt (Verschleierungstaktik der Behörde, politische Einflussnahme, um Ausländer nicht in ein schlechtes Licht zu rücken …)? Wie wahrscheinlich ist es, dass die Geschichte auf anderem Weg als durch aktive Pressearbeit der Polizei in die Medien gelangt (Tatort, Tatzeit, Wahrnehmung in der Bevölkerung, wie viele Personen wissen von der Tat)? Wie stark ist das Recht des Opfers auf Schutz vor öffentlicher Berichterstattung im konkreten Fall zu werten (Alter, Herkunft, individuelle Persönlichkeit)? Außerdem muss bereits hier ein weiterer wichtiger Hinweis in der rechtlichen Bewertung platziert werden, auf den ich aber auch später noch einmal eingehe: die Frage der Zuständigkeit. Herrin des Strafverfahrens ist die Staatsanwaltschaft. Ihr obliegt in solchen Fällen (je nach Absprache mit der örtlich zuständigen Staatsanwaltschaft) auch die Hoheit über Presseauskünfte. Es gibt sehr unterschiedliche Regelungen zwischen den Strafverfolgungsbehörden zur Pressearbeit. Während in vielen Behörden die Polizei autorisiert ist, bis hin zum Tötungsdelikt zunächst eigenständig Pressearbeit zu betreiben, gibt es auch Regelungen, bei denen die Staatsanwaltschaft sich bereits bei einem Raub die Pressearbeit in eigener Zuständigkeit vorbehält. Wichtig ist: Die örtlich bestehenden Regelungen müssen zwingend beachtet werden. Aber natürlich hat die Pressestelle der Polizei in einem Fall wie dem oben skizzierten auch eine Beratungspflicht der zuständigen Stelle gegenüber. Unterm Strich wird es regelmäßig zu einer gemeinsamen Veröffentlichung kommen, in der Polizei und Staatsanwaltschaft als gemeinsam ermittelnde Partnerbehörden auftreten. In der Regel erfolgen enge Absprachen zwischen den beteiligten Institutionen, bei denen die benannten Fragen auch eine Rolle spielen. Institutionen, bei denen die benannten Fragen auch eine Rolle spielen. Im Falle eines schweren Sexualdelikts mit einem tatverdächtigen Migranten sollte in die Beantwortung der aufgeworfenen Fragestellungen unabhängig von grundsätzlichen Absprachen die StA immer eingebunden werden, da hier die für die Ermittlungen verantwortliche Behörde immer mit im Boot sitzt, wenn die Medienberichterstattung Fahrt aufnimmt.

      In der praktischen Anwendung dürften die einschlägigen Vorschriften aus den Landespressegesetzen zur Einschränkung der Pressefreiheit die mit Abstand größte Bedeutung der Rechtsvorschriften für die tägliche Arbeit haben. Sie manifestieren sich in Nordrhein-Westfalen in § 4 (2) Landespressegesetz NRW. Im Kern finden sich in allen Landespressegesetzen ähnliche Vorschriften, die aber von Bundesland zu Bundesland durchaus in Nuancen variieren können. Sieht die Behörde ein Problem in der Beantwortung einer Anfrage, wird sie zunächst vorrangig prüfen, ob eine rechtliche Verpflichtung zur Beantwortung der Anfrage

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