Erlebnis Bergjagd. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Erlebnis Bergjagd - Группа авторов страница 7

Erlebnis Bergjagd - Группа авторов

Скачать книгу

bei Windstille. Am Abend des letzten Septembertages waren der Wald und die Buckelwiesen am Rhonberg weiß, eine verzauberte Landschaft.

      Die Nacht zum 1. Oktober. Wir treten vor die Hütte. Es ist kalt, der Himmel hat aufgeklart – Hirschbrunftwetter! Hell scheint der Mond auf den schneeüberzuckerten Wald herab. Wenn wir „ihn“ heute nicht sehen, dann nie – wir müssen bald aufbrechen!

      Harald streikt. Er möchte noch ein paar Stunden schlafen und dann nach seinem „Hochgraben“ gehen. Mein Bruder und ich ziehen allein los.

      Schon gegen zwei Uhr früh sind wir unten auf der Hauptstraße, wo die drei „Parallel-Linien“ beginnen. Mit größter Vorsicht nähern wir uns dem kleinen Heustadel; wegen des Neuschnees und der Helle der Nacht muß man höllisch aufpassen, nicht eräugt zu werden. Es ist zwar weit hinauf über den Bahnkörper bis zur Rhonbergleite, doch man kann nie wissen in solch einer Nacht. Auch dem Wild ist der erste Schnee noch ungewohnt, und überall kann ein Paar wacher Lichter auf Posten stehen. Ein einziger Schrecklaut – welch ein Schreck für den Jäger – und aus ist der Traum!

      Der Heustadel ist leider verschlossen. Zum Schießen wäre es von hier ohnehin viel zu weit.

      Ich weiß heute nicht mehr, mit wieviel böser Absicht wir diesen nächtlichen Pirschgang begannen. Die Mondscheinjagd auf Schalenwild – mit Ausnahme auf Schwarzwild (!) – war, wenn ich mich recht entsinne, damals schon gesetzlich verboten. Das allein hätte aber das junge Blut wahrscheinlich nicht abgehalten. Ein Schuß auf den Aurachhirsch drei Stunden zu früh, das hätte man schon irgendwie hingekriegt. Ob das ungeschriebene Gesetz der Weidgerechtigkeit meinen Bruder zur Abstinenz vom Schuß in der Nacht veranlaßt hätte, wage ich nicht zu behaupten, ich will uns nicht besser machen, als wir waren. Ein großer Anstoß zur Enthaltsamkeit war sicher der Benzinger Jagdnachbar. Der noble, durch und durch korrekte und weidgerechte Jäger hätte für eine solche Nachtjagd auf den Brunfthirsch, ganz gleich wie weit von seiner Grenze entfernt, kein Verständnis aufgebracht und sie uns sicher schwer verübelt.

      Über die Mondscheinjagd an sich soll hier keine lange Betrachtung stattfinden. Das ungeschriebene Gesetz muß jeder in der eigenen Brust tragen und wissen, was er draußen zu tun und zu lassen hat, um vor sich selbst sauber dazustehen. Und insoweit mag jeder seine eigene, höchstpersönliche Jagdmoral haben, und man soll sich hüten, einen anderen voreilig zu verdammen. Ich selbst habe mein ganzes Leben lang, wenn Frau Luna allein das Büchsenlicht spendete, auf keinen Hirsch oder Rehbock geschossen. Ich finde, unser geplagtes Wild im „Kulturland“ sollte wenigstens während der Nacht seine Ruhe haben. Ein nächtlicher Schuß nur zur Befriedigung des Jagdvergnügens, ohne daß eine zwingende Notwendigkeit ihn rechtfertigt, bleibt bei mir immer im Lauf!

      Für den zünftigen Wildschützen vor hundert Jahren mag es vergnüglich und romantisch gewesen sein, zu mitternächtlicher Stunde das Fenster des Almkasers leise zu öffnen und, vielleicht gegen das Flehen der neben ihm ruhenden Sennerin, dem draußen im Mondlicht äsenden Hirsch über Kimme und Korn die Kugel anzutragen. So ähnlich steht es wenigstens im Ganghoferroman. Der „Herrenjäger“, der heute zur Hirschbrunftzeit dasselbe tut – die Sennerin ist im Oktober zum Glück längst abgezogen –, der schießt mit der modernsten Fernrohrbüchse im vollen Licht der Luna zum Kammerfenster auf den Hochgeweihten hinaus, und meint dann noch, so etwas sei schönes, edles Weidwerk. Nun, da scheiden sich, so will es mir scheinen, die Geister.

      Der Aurachhirsch stand mit seinem zehnköpfigen Rudel droben auf den weißen Buckelwiesen unterm Rhonbergwald und sandte Schrei um Schrei durch die helle Mondnacht zu uns herab. Das Rudel war in ständiger Bewegung, in dauernder Unruhe, die Brunft im vollen Gang. Zwei Beihirsche umkreisten es in respektvoller Entfernung. Und inmitten des Geschehens „er“, der Aurachhirsch! Zweimal kam er beim Treiben ziemlich weit herunter, so weit, daß es für die Kugel wohl gereicht hätte. Aber wir saßen nur still, mit den Rücken an die Bretterwand des Stadels gelehnt, schauten mit Glas und sogar Spektiv – so hell war die Nacht – hinauf, über den Bahnkörper und den „Durchlaß“ hinweg, und genossen den überwältigend schönen Anblick. Und zum ersten Male gelang es uns dabei, den Hirsch genau anzusprechen. Er trug ein unheimlich hohes, ziemlich enggestelltes, aber schön korbförmiges Geweih von nur sechs Enden auf dem Haupt, dessen Spitzen sich oben zu berühren schienen. Und diese Stangen mußten stark sein wie armdicke Prügel, sonst hätten sie sich im trügerischen Mondlicht bei Schnee nicht derart präventiert und abgehoben. Im Wildbret ein Koloß. Ein Haupthirsch also, wenn auch einer von nur sechs Enden!

      Wir nahmen die Kälte nicht wahr, die uns durch die Kleider kroch und die Finger an den Jagdgläsern klamm machte.

      Die Kugel blieb – mit oder ohne eigenes Verdienst – im Lauf.

      Und der Geisterhirsch bedankte sich dafür, indem er uns nicht länger in der Kälte sitzen ließ. Statt um halb vier, wie gewöhnlich, verließ er mit dem Rudel schon kurz nach drei die Walstatt an der Rhonbergleite. Der erste Schnee und der volle Mond trugen wohl Schuld daran. Knirschender Bahngleisschotter, gedämpftes Schalenklappern über die Straße, aber kein Laut, kein Platscher beim Übersetzen über die Aurach.

      „Ist das ein Hirsch!“ Viel mehr sagte keiner von uns auf dem langen Heimweg. Harald war schon in der Hütte, der Tee fertig. „Hast du was gesehen oder gehört im Hochgraben?“ – „Ja, einen Auerhahn, der hat fast eine Stunde lang achtzig Schritt unter mir auf einer Föhre genadelt, es war wunderbar!“

      Den Aurachhirsch hörten wir um sieben nach dem Frühstück von der Hütte aus drüben im Benzingrevier aus vollem Hals melden.

      Wie könnte man ihn nur überlisten? So wie bisher haben wir nicht die geringste Aussicht. Wir saßen bei der Morgenzigarre in der warmen Stube und hielten Kriegsrat. Und ein ganz neuer und, wie wir dachten, teuflisch schlauer Plan begann in unseren Jägerhirnen zu reifen.

      Schon vor Tagen hatten wir im Vorübergehen bemerkt, daß der Obstgarten des Fischerbauern voll von Fallobst lag. Fast unter jedem Baum war am Boden ein hellgrüner Kreis, so dicht lagen da die Äpfel und Birnen. Keiner hob sie auf. Und dem Kundigen blieb es nicht verborgen, daß sie zum Teil schon gut vom Wild angenommen waren. Wie wäre es eigentlich – so meinten wir jetzt am Frühstückstisch –, wenn wir mit Erlaubnis des Fischerbauern, mit dem wir gut Freund waren, einen großen Henkelkorb, oder deren zwei, mit den kleinen grünen Äpfeln füllten und hinaufschleppten bis zum Waldrand des Rhonberges, um sie dort weiträumig auf der Wiesenleite zu verstreuen? „Mit anderen Worten, ihr wollt versuchen, den Aurachhirsch mit eurem Fallobst anzukirren, was für eine verrückte Idee! Aber wenn schon, dann erspart euch wenigstens die langweilige Arbeit des Sammeins, wir fahren dann sowieso nach Schliersee und bei dieser Gelegenheit kaufen wir das, was ihr braucht, im Obstladen. Zum Beispiel eine Steige voll Boskop. Oder wie wäre es mit dem ‚Cox Orange‘, den frißt der Hirsch sicher lieber als eure sauren Holzäpfel vom Fischerbauern, sofern er in der Brunft überhaupt Interesse an Äpfeln zeigt!“ So Harald mit gutmütigem Spott, aber doch unüberhörbar mit leichter Geringschätzung.

      Mein Bruder und ich, davon keineswegs unbetroffen, lehnten einmütig und entrüstet ab: Tafeläpfel in der Steige vom Obstgeschäft kaufen, um sie dann am Rhonberg auszulegen, niemals, das hätten wir als abgrundtief „unweidmännisch“ empfunden. Uns im Obstgarten des Fischerbauern dreihundertmal zu bücken, um dann genau dasselbe zu tun, ja, das war etwas ganz anderes, das schien uns – beinahe – völlig in Ordnung zu sein. Wir Jäger haben manchmal schon etwas seltsame Moralbegriffe! Ja, und dann der ganze Plan überhaupt! Wenn jetzt einer hergeht und uns an den Kopf wirft: Hinsichtlich der Mondscheinjagd legt ihr edle, vor Weidgerechtigkeit triefende Enthaltsamkeit, ja Entrüstung an den Tag. Und zur gleichen Zeit verkriecht ihr euch nicht vor Scham beim Versuch, einen Brunfthirsch und sein Rudel mit Äpfeln anzulocken?

      Auf Anhieb müßte ich vielleicht eine gescheite Antwort schuldig bleiben. Bei näherer Betrachtung schaut die Sache – so hoffe ich wenigstens im Vertrauen zu St. Hubertus

Скачать книгу