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zer­fetz­ten hier und dort her­ab­hän­gen­den herr­li­chen fland­ri­schen Sti­cke­rei­en Zeug­nis da­von ab­leg­ten, wo­mit sich Ma­da­me Fifi in ih­ren Mus­se­stun­den be­schäf­tig­te.

      An den Wän­den hin­gen vier Fa­mi­li­en­por­träts, von de­nen die drei ers­ten ei­sen­ge­pan­zer­ten Krie­ger, einen Kar­di­nal und einen ho­hen Staats­be­am­ten dar­stell­ten. Man hat­te je­dem der­sel­ben eine lan­ge Ton­pfei­fe in den Mund ge­steckt, wäh­rend man das stol­ze Ant­litz der vor­neh­men Dame mit der ho­hen Brust in ih­rem durch die Zeit ver­blass­ten Rah­men durch einen mäch­ti­gen Schnurr­bart mit­tels Koh­le ver­un­ziert hat­te.

      Das Früh­stück der Of­fi­zie­re ver­lief in die­sem ver­wüs­te­ten von den Hän­den der Sie­ger ent­stell­ten Räu­me, des­sen ei­che­nes Par­ket jetzt dem Bo­den ei­ner Knei­pe glich, bei dem strö­men­den Platz­re­gen ziem­lich ein­sil­big.

      Als nach dem Es­sen die Pfei­fe in Brand ge­setzt wa­ren und das ei­gent­li­che Trin­ken be­gann, un­ter­hiel­ten sie sich, wie alle Tage, über ihre ent­setz­li­che Lan­ge­wei­le. Die Ko­gnak- und Li­queur­fla­schen wan­der­ten von Hand zu Hand. Be­quem in ihre Ses­sel zu­rück­ge­lehnt nah­men die Her­ren im­mer wie­der einen Schluck, wäh­rend aus ei­nem Mund­win­kel das ge­bo­ge­ne Pfei­fen­rohr hing mit dem Por­zel­lan­kopf dar­an, des­sen Be­ma­lung ei­nem Hot­ten­tot­ten Freu­de ge­macht hät­te.

      Mit läs­si­ger Hand­be­we­gung füll­ten sie die kaum ge­leer­ten Glä­ser stets aufs Neue. Nur Mam­sell Fifi zer­brach alle Au­gen­bli­cke das ih­ri­ge, wor­auf ein Sol­dat so­fort ein fri­sches brach­te.

      Von ei­ner beis­sen­den Ta­baks­wol­ke ver­hüllt schie­nen sie sich je­ner schläf­ri­gen trau­ri­gen Trun­ken­heit je­ner stumpf­sin­ni­gen Be­sof­fen­heit hin­zu­ge­ben, wel­che Leu­te an sich ha­ben, die nicht wis­sen, was sie an­fan­gen sol­len. Plötz­lich sprang der Baron Hel­fen­stein auf; ein in­ne­rer Wi­der­wil­le schi­en ihn zu er­schüt­tern. »Teu­fel auch!« fluch­te er »so kann’s nicht wei­ter ge­hen. Wir müs­sen end­lich was aus­fin­den.«

      »Aber was, Herr Haupt­mann?« rie­fen die Lieu­ten­ants Fritz und Otto, zwei Deut­sche, de­nen man ihre Ab­stam­mung an den schwer­fäl­li­gen plum­pen Mie­nen auf hun­dert Schritt an­sah, wie aus ei­nem Mun­de.

      »Was!« ent­geg­ne­te der Baron, nach kur­z­em Nach­den­ken. »Sehr ein­fach: Wir müs­sen ein Fest ar­ran­gie­ren, wenn es der Herr Ma­jor ge­stat­tet.«

      »Was für ein Fest?« frag­te der Ma­jor, die Pfei­fe aus dem Mun­de neh­mend.

      »Ich neh­me al­les auf mich, Herr Ma­jor,« sag­te der Haupt­mann sich ihm nä­hernd. »Ich wer­de den Quar­tier­meis­ter nach Rou­en schi­cken, um uns von dort Da­men zu ho­len, ich weiß schon, wo sie zu fin­den sind. In­zwi­schen tref­fen wir hier die Vor­be­rei­tun­gen zu ei­nem so­len­nen Sou­per. Im Üb­ri­gen ha­ben wir an nichts Man­gel und wer­den we­nigs­tens einen fi­de­len Abend ver­le­ben.«

      »Aber Herr Haupt­mann«; sag­te der Graf Farls­berg ach­sel­zu­ckend »das geht doch et­was zu weit.«

      In­des­sen wa­ren alle Of­fi­zie­re auf­ge­sprun­gen. »Las­sen Sie den Herrn Haupt­mann nur ma­chen, Herr Ma­jor«; ba­ten sie »es ist zu lang­wei­lig hier.«

      Sch­liess­lich gab der Ma­jor nach. »Also mei­net­we­gen denn!« sag­te er, und so­gleich wur­de der Quar­tier­meis­ter ge­ru­fen. Es war dies ein al­ter Un­ter­of­fi­zier, den man nie­mals hat­te la­chen se­hen. Er war ge­wohnt, alle Be­feh­le sei­ner Vor­ge­setz­ten ohne Zö­gern zu er­fül­len, moch­ten sie lau­ten, wie sie woll­ten.

      In stram­mer Hal­tung, ohne eine Mie­ne zu ver­zie­hen, emp­fing er die An­wei­sun­gen des Barons. We­ni­ge Mi­nu­ten spä­ter fuhr ein Re­qui­si­ti­ons-Wa­gen, mit ei­ner Mül­ler-Pla­ne über­spannt und von vier mun­tren Pfer­den ge­zo­gen im Ga­lopp durch den strö­men­den Re­gen nach Rou­en.

      Es war, als ob der Plan des Haupt­man­nes die Geis­ter neu be­lebt hät­te. Man rich­te­te sich aus der nach­läs­si­gen Hal­tung auf, die Ge­sich­ter er­hell­ten sich und ein lus­ti­ges Ge­plau­der be­gann.

      Ob­schon der Re­gen nach wie vor in Strö­men fiel, woll­te der Ma­jor be­mer­ken, dass es we­ni­ger düs­ter sei; und der Lieu­ten­ant Otto ver­si­cher­te so­fort im Tone der Über­zeu­gung, dass der Him­mel sich auf­klä­re. Auch Mam­sell Fifi dul­de­te es nicht län­ger auf ih­rem Plat­ze. Bald sprang sie auf, bald setz­te sie sich wie­der hin. Ihr hel­ler kla­rer Blick such­te nach ei­nem ge­eig­ne­ten Ge­gen­stand für ihre Zer­stö­rungs­lust. Plötz­lich zog der jun­ge Of­fi­zier, das Auge auf die Dame mit dem Schnurr­bart hef­tend, sei­nen Re­vol­ver. »Du sollst das heu­te Abend nicht mehr se­hen,« mur­mel­te er für sich hin, und ziel­te, ohne sei­nen Platz zu ver­las­sen. Zwei Ku­geln durch­lö­cher­ten hin­ter­ein­an­der die bei­den Au­gen des Bil­des.

      »Le­gen wir eine Mine« rief er dann. Und plötz­lich brach jede Un­ter­hal­tung ab, als ob ein neu­es ge­wal­ti­ges In­ter­es­se sich der gan­zen Ge­sell­schaft be­mäch­tigt hät­te.

      Die »Mine« war sei­ne Er­fin­dung, sei­ne Art zu zer­stö­ren, sei­ne be­son­de­re Lieb­ha­be­rei.

      Graf Fer­di­nand d’A­moys d’Uville hat­te beim Ver­las­sen des Schlos­ses nicht Zeit ge­fun­den, aus­ser­dem in ei­nem Mau­er­loch ver­senk­ten Sil­ber­zeug, ir­gen­det­was zu ber­gen oder mit­zu­neh­men. So bot bei sei­nem großen Reich­tum und sei­ner Sam­mel­lust, der weit­läu­fi­ge Saal in Uville, wel­cher an den Spei­se­saal an­s­tiess, auch nach sei­ner has­ti­gen Flucht den An­blick ei­nes klei­nen Kunst­mu­se­ums. An den Wän­den hin­gen wert­vol­le Öl­ge­mäl­de, Zeich­nun­gen und Aqua­rel­le, wäh­rend auf den Mö­beln auf Eta­ge­ren und in ge­schmack­vol­len Glas­schrän­ken sich tau­sen­der­lei Nipp­sa­chen, Va­sen, Sta­tu­et­ten, Meiss­ner Fi­gür­chen, chi­ne­si­sche Tel­ler, al­tes El­fen­bein und Ve­ne­tia­ni­sches Glas sich ver­ein­ten, um dem wei­ten Rau­me ein eben­so kost­ba­res wie selt­sa­mes Ge­prä­ge zu ver­lei­hen.

      Jetzt war so gut wie nichts mehr da­von üb­rig. Nicht als ob man et­was ge­stoh­len hät­te; das wür­de der Ma­jor Graf Farls­berg nicht ge­dul­det ha­ben. Aber Mam­sell Fifi leg­te dort hin und wie­der eine »Mine« und alle Of­fi­zie­re fan­den dann je­des Mal für ei­ni­ge Zeit ihr Ver­gnü­gen da­bei.

      Der klei­ne Lieu­ten­ant be­gab sich in den Sa­lon, um zu su­chen, was er brauch­te. Bald kam er mit ei­ner zier­li­chen chi­ne­si­schen Tee­kan­ne wie­der, die er mit Schiess­pul­ver an­füll­te. Durch den Schna­bel steck­te er vor­sich­tig ein lan­ges Stück Pfei­fen­schwamm, zün­de­te es an, und leg­te die­ses höl­li­sche Zer­stö­rungs­in­stru­ment schleu­nigst im Sa­lon wie­der nie­der.

      Dann kehr­te er zu­rück und schloss die Tür. Die Deut­schen stan­den mit lä­cheln­der Mie­ne und war­te­ten auf den Er­folg die­ser kin­di­schen Spie­le­rei. So­bald die Ex­plo­si­on im Schlos­se wie­der­hall­te,

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